Hausärzte: Neues System der Patientensteuerung machbar

Der Hausarzt soll nach dem Willen der Koalition künftig die erste
Anlaufstelle für Patienten sein. Die Reaktionen in der Ärzteschaft
sind zwiegespalten.

Berlin (dpa) - Die Pläne der Koalition für eine bessere
Patientensteuerung über ein Primärarztsystem stoßen bei Medizinern
auf ein geteiltes Echo. Der Hausärzteverband begrüßt das Vorhaben,
aus Sicht der Kassenärzte macht es jedoch nur für Patienten ab einem
mittleren Alter Sinn. 

Für eine gezieltere Steuerung und schnellere Vergabe von Terminen
soll nach dem Willen von CDU, CSU und SPD ein «verbindliches
Primärarztsystem» durch Haus- und Kinderärzte eingeführt werden, di
e
Patienten gegebenenfalls an Fachärzte überweisen - ausgenommen sein
sollen Augenärzte und die Gynäkologie. Für Patientinnen und Patienten

mit einer spezifischen schweren chronischen Erkrankung sollen andere
Lösungen gefunden werden. 

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken warb beim Deutschen Ärztetag
in Leipzig für die Pläne. Ziel sei die Hausarztpraxis als «erste
Ansprechstelle mit einer beschleunigten Terminvermittlung zur
fachärztlichen Weiterbehandlung», sagte die CDU-Politikerin.

Kassenärzte: Ab 50 Jahren viele mit «irgendwelchen Zipperlein»

Die Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas
Gassen, sagte der «Bild», das Modell mache «ungefähr ab 50» Sinn.
«Da
sind relativ viele schon mit irgendwelchen Zipperlein in ärztlicher
Behandlung.» Das System könne funktionieren, «wenn es sich um älter
e
multimorbide Patienten handelt, also Menschen, die verschiedene
Erkrankungen haben, aus unterschiedlichen Bereichen, wo zum einen
eine ordnende Hand im Sinne der hausärztlichen Praxis notwendig ist,
um alle Befunde zusammenzuführen und wo auch gezielt zu
fachärztlichen Kollegen überwiesen werden kann». 

Hausärzte: «Wir machen das»

Unterstützung bekommt die schwarz-rote Koalition vom Hausärztinnen-
und Hausärzteverband. Deren Vorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth
sagte der «Bild», die Einführung des Modells würde je Hausarztpraxi
s
zwei bis fünf zusätzliche Patienten am Tag bedeuten: «Und da sage ich

Ihnen als Hausärztin, das ist ein Versprechen: Das machen wir.»
Generell seien Patienten in einem Hausarztprogramm besser versorgt. 

Grünen-Experte: Hausärzte dürfen keine «Facharzttürsteher» sein


Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen unterstützt das
Steuerungskonzept, mahnt aber zugleich eine Entlastung der Hausärzte
an. «Ein verpflichtendes Primärarztsystem kann helfen - aber nur,
wenn es richtig gemacht wird», sagte Dahmen der dpa. Das
Gesundheitssystem leide unter zu vielen unnötigen Arztbesuchen,
langen Wartezeiten und unkoordinierten Abläufen. 

Konkret forderte Dahmen für die Hausärzte «mehr Zeit durch
Vorhaltepauschalen statt Quartalsabrechnung, mehr Unterstützung durch
eigenständig arbeitendes nichtärztliches Praxispersonal und ein
vernetztes, digitales Terminmanagement - ein System, das Ärztinnen
und Ärzte nicht zu Facharzttürstehern und Überweisungsautomaten
macht.» Dahmen verwies darauf, dass im ländlichen Raum viele
Hausärzte fehlen. Er warnte: «Wer dort eine Pflicht einführt, ohne
tragfähige Lösungen zu schaffen, riskiert reale Unterversorgung.»

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
verwies darauf, dass zwei Drittel der Menschen über 65
Jahre multimorbid seien, also mehrere chronische Krankheiten hätten.
Aus guten Gründen wolle die Regierung diese nicht in die
«Erst-Hausarzt-Pflicht» einschließen. Dennoch dürften Patienten die

Hausarztpraxen «fluten», befürchtet Brysch. Dem müsse die Regierung

entgegenwirken mit Maßnahmen in überversorgten Gebieten und einer
Förderung von Ärzten im ländlichen Raum.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite