Blick auf die Corona-Zeit: Kommission legt Empfehlungen vor
Die Corona-Pandemie hat den Menschen viel abverlangt. Schüler und
Eltern waren genauso getroffen wie Menschen in Kurzarbeit,
medizinisches Personal und einsame Sterbende. Experten schauen nach
vorn.
Magdeburg (dpa/sa) - Eine Kommission aus 16 Expertinnen und Experten
verschiedener gesellschaftlicher Bereiche hat die Corona-Zeit in
Sachsen-Anhalt aufgearbeitet. Dabei hat sie Fehler, aber auch ein
lernendes System ausgemacht. In ihrem Abschlussbericht legt die
Regierungskommission Pandemievorsorge 75 Handlungsempfehlungen vor,
die zeitnah umgesetzt werden sollen, um auf künftige Pandemien besser
vorbereitet zu sein.
2020 sei die Corona-Pandemie auf einen Staat und eine Gesellschaft
getroffen, die auf eine solche Ausnahmesituation nicht ausreichend
vorbereitet gewesen seien, so die Bilanz. «An vielen Stellen fehlte
es an Konzepten, Ausstattung, Wissen und Standards.»
Die erste Infektion mit dem Coronavirus in Sachsen-Anhalt wurde am
10. März 2020 festgestellt. Sachsen-Anhalt war das letzte Bundesland,
in dem erstmals ein Infektionsfall bestätigt wurde. Um die
Ausbreitung zu verlangsamen, besonders gefährdete Gruppen zu schützen
und das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, gab es
Kontaktbeschränkungen, Quarantäneanordnungen und Lockdowns. Kitas und
Schulen wurden zeitweise geschlossen.
Der Kommissionsvorsitzende Winfried Kluth sagte, Sachsen-Anhalt habe
sich bei den Maßnahmen im Mittelfeld der Bundesländer bewegt.
Kluth fasste zusammen, dass das System während der Pandemie gelernt
habe. Er hob ein sehr hohes Engagement und eine Lernkurve hervor.
Fehler und Fehleinschätzungen seien korrigiert und angepasst worden,
sowie sich die Erkenntnislage verändert habe. Die Kommunikation sei
im Wesentlichen gut gelaufen, aber es wurden auch Probleme
ausgemacht.
Unterschiede, die schwer nachvollziehbar waren
Bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung seien
Unterschiede gemacht worden, die schwer nachvollziehbar gewesen
seien: Gartenmärkte waren weiter offen, während viele andere
Einzelhandelsgeschäfte schließen mussten.
Kinder mussten am Vormittag in der Grundschule andere Regeln befolgen
als am Nachmittag im Hort. Finanzielle Hilfen von Bund und Ländern
hätten nicht immer zielgerichtet diejenigen erreicht, die die
Unterstützung am dringendsten gebraucht hätten.
«Insgesamt entstand bei vielen Menschen Misstrauen in die staatliche
Handlungsfähigkeit und das Gefühl, ungleich behandelt und nicht
hinreichend wertgeschätzt zu werden», heißt es in dem Bericht.
Das empfiehlt die Kommission für die Zukunft
Für die Zukunft sieht die Regierungskommission Transparenz und eine
ausreichende Wissensgrundlage für Gesetzgeber und Verwaltungen als
zentrale Punkte. Relevante Daten sollten über eine digitale Plattform
allgemein zugänglich sein, Gesetze und Verordnungen für alle
verständlich sein.
Alle Sitzungen, die zu Entscheidungen führen, müssten protokolliert
und öffentlich zugänglich gemacht werden, so die Forderung. Ein
Expertenrat unabhängiger Wissenschaftler sollte in einer Pandemie
oder Krise die Politik beraten. Um ausgewogen entscheiden zu können,
müssten aber auch Personen einbezogen werden, die direkt betroffen
sind, etwa Schülerinnen und Schüler.
Und auch einen zentralen Kritikpunkt benennt die Kommission in den
Empfehlungen für die Zukunft: «Es muss die stärkere Gewichtung der
Menschenwürde bei der Grundrechtsabwägung sichergestellt werden, um
zum Beispiel Sterbebegleitung durch Angehörige zu ermöglichen. Die
Rechte Sterbender und ihrer Angehörigen sind während der Pandemie zu
stark missachtet worden.» Notwendig seien auch unter
Pandemie-Bedingungen einfache und zugängliche Beschwerde- und
Überprüfungsmöglichkeiten.
Kommunikation soll verbessert werden
Der Kommunikation messen die Experten besondere Bedeutung bei: Es
müsse eine Strategie für die Kommunikation in Krisensituationen für
den Bereich Gesundheit entwickelt werden, die auch auf andere
Großschadensereignisse übertragbar ist.
Klassische Medien und digitale Medien sollen einbezogen werden mit
dem Ziel, uneinheitliche Botschaften zu vermeiden. Mit Unsicherheiten
sollte offen umgegangen werden, so die Empfehlung. In der
Corona-Pandemie sei den Menschen in Sachsen-Anhalt nicht immer
bekannt gewesen, welche Regelungen wann und wo galten und warum sie
notwendig waren.
Der Zugang zu Testmöglichkeiten für die Bevölkerung soll erweitert
werden, Personal für die Kontaktpersonen-Nachverfolgung fortgebildet
und bereitgehalten werden. Der Öffentliche Gesundheitsdienst mit den
Gesundheitsämtern müsse auch über 2026 hinaus langfristig gestärkt
werden. Zudem solle es im Land Produktionskapazitäten geben, um im
Pandemie-Fall schnell Schutzausrüstung wie Handschuhe, Kittel, Masken
oder Brillen herstellen zu können.
Als notwendig erachtet die Kommission außerdem, dass die
Corona-Pandemie und die ergriffenen Maßnahmen auch bundesweit
systematisch aufgearbeitet werden. Die meisten Maßnahmen wurden
bundesweit vorgegeben, die Länder hatten nur bedingt
Handlungsspielräume. Ein Ländervergleich könnte zeigen, was besonders
gut funktioniert habe.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, Empfehlungen der
Kommission sollten umgesetzt werden. Die Ressorts seien aufgefordert,
entsprechende Kabinettsvorlagen zu erarbeiten. Es werde auch
Simulationsübungen geben.
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