Tod einer Patientin - Narkosearzt schweigt vor Gericht
Eine Patientin erlitt während einer Narkose einen Atem- und
Herzstillstand. Der Anästhesist soll es wegen mangelnder Überwachung
nicht sofort bemerkt haben. Hat er sich strafbar gemacht?
Berlin (dpa) - Rund fünf Jahre nach dem Tod einer 59 Jahre alten
Patientin steht ein Anästhesist vor dem Berliner Landgericht. Der
inzwischen 78-Jährige soll bei einer Narkose gravierende Fehler
gemacht haben. So soll er laut Anklage einen Atem- und Herzstillstand
wegen mangelnder Überwachung nicht sofort bemerkt haben. Minutenlang
sei die Patientin ohne Sauerstoffversorgung geblieben. Die
Verteidiger erklärten zu Prozessbeginn, ihr Mandant mache zunächst
keine Angaben.
Die Anklage lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Die
zuständige Strafkammer wies darauf hin, dass zudem eine Verurteilung
wegen versuchten Verdeckungsmordes durch Unterlassen in Betracht
komme. Es bestehe der Verdacht, der Anästhesist habe eine Notärztin
und Krankenhausärzte nicht ordnungsgemäß über den bisherigen
Behandlungsverlauf informiert, um seine vorherige unzureichende
Überwachung zu vertuschen.
Schmerzstillende Spritze unter Narkose
Die Patientin war am 27. Januar 2020 bei einem Orthopäden in
Berlin-Kreuzberg wegen eines Rückenleidens. Sie sollte eine
schmerzstillende Spritze in den Lendenwirbelbereich bekommen. Der
Orthopäde habe den Anästhesisten hinzugezogen, um die Frau in
Vollnarkose zu versetzen.
Der Angeklagte mit deutscher und bulgarischer Staatsangehörigkeit
soll mutmaßlich für mehrere Versäumnisse verantwortlich sein. Er habe
die Patientin nicht über die Risiken einer Vollnarkose und mögliche
Alternativen aufgeklärt, hieß es in der Anklage. Ihr
Einwilligungsbogen sei schließlich erst kurz vor dem Eingriff von der
Tochter der türkischen Patientin unterschrieben worden. Eine wirksame
Einwilligung habe damit nicht vorgelegen.
«Sieben bis acht Minuten ohne Sauerstoffversorgung»
Entgegen den Regeln der ärztlichen Kunst habe es der Facharzt für
Anästhesie unterlassen, während der Narkose die Vitalfunktionen der
Patientin zu kontrollieren, so die Staatsanwältin. Die Frau habe
einen Atem- und Herzstillstand erlitten, der dem Arzt nicht sofort
aufgefallen sei - «sie blieb sieben bis acht Minuten ohne
Sauerstoffversorgung», hieß es in der Anklage.
Die Patientin erlitt laut Ermittlungen einen schweren Hirnschaden und
fiel in ein Wachkoma. Eine in der Arztpraxis versuchte Reanimation
sei erfolglos geblieben. Der Anästhesist habe schließlich einen
Notruf abgesetzt, die Notärztin jedoch nicht umfassend und
wahrheitsgemäß über den bisherigen Verlauf der Behandlung informiert.
Die 59 Jahre alte Mutter erwachte bis zu ihrem Tod aufgrund einer
Lungenentzündung Ende April 2020 nicht mehr.
Eine Klinikärztin habe Anzeige erstattet, weil ein
Reanimationsgeschehen im Krankenhaus zunächst nicht bekannt gewesen
sei, sagte ein Kriminalbeamter als Zeuge. Als Dokumente zu dem Fall
beschlagnahmt worden seien, habe der Anästhesist erklärt, er habe
keine. «Er sagte, er führe üblicherweise ein kurzes
Informationsgespräch vor der Sedierung.» Der Prozess wird am 13. Mai
fortgesetzt.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.