Das ist Merz' neues Kabinett
Die neue Bundesregierung steht: 8 Ministerinnen und 9 Minister plus
Kanzler Friedrich Merz. Nur ein Minister bleibt im Amt.
Berlin (dpa) - Es ist eine Mischung aus erfahrenen Politikern,
Senkrechtstarterinnen und Quereinsteigern: Mit diesen Ministerinnen
und Ministern will Kanzler Friedrich Merz (CDU) in den kommenden vier
Jahren regieren:
FINANZEN/VIZEKANZLER
Lars Klingbeil:
Lars Klingbeil hat sich in kurzer Zeit bei der SPD in eine absolute
Machtposition gebracht. Als Generalsekretär verhalf er 2021 Olaf
Scholz ins Kanzleramt, danach stieg der Niedersachse zum Parteichef
auf. Nach dem Debakel bei der Wahl 2025 griff er zusätzlich nach dem
Fraktionsvorsitz, jetzt wird Klingbeil als Vizekanzler der zweite
starke Mann in der Regierung Merz.
Eigentlich brennt der 47-Jährige für die Außenpolitik und geprägt
durch den familiären Hintergrund als Soldatensohn am Heeresstandort
Munster für Verteidigung. Jetzt muss er sich ins mächtige
Finanzressort einarbeiten. Für Klingbeil, der im konservativen
SPD-Flügel zuhause ist, könnte es das Sprungbrett für eine
Kanzlerkandidatur 2029 sein - auch wenn manchen in der Partei
aufstößt, mit welcher Skrupellosigkeit er sich zuletzt seine Macht
sicherte.
AUSSEN
Johann Wadephul: Norddeutscher mit Faible fürs Internationale
Es wirkte schon länger so, als würde sich der 62-Jährige für die
Nachfolge von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warmlaufen.
Zuletzt besuchte er die Außenminister Frankreichs, Polens und deren
Kollegen aus Italien und Großbritannien. Mit dem gebürtigen Husumer
und verheirateten Vater dreier Kinder stellt die CDU erstmals seit
fast 60 Jahren wieder den Außenminister.
Seit 2009 sitzt der Jurist und Ex-Zeitsoldat im Bundestag, er gilt
als Vertrauter von Merz. Dieser dürfte hoffen, im Gleichklang mit
Wadephul Außenpolitik machen zu können - anders als bei der Ampel, wo
sich Baerbock gerne mit einem eigenständigen Kurs von Kanzler Scholz
absetzte.
INNEN
Alexander Dobrindt: Scharfmacher und Brückenbauer
Der langjährige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gilt als
geschickter Wahlkampfmanager und Unterhändler. Der Öffentlichkeit ist
der 54-Jährige dagegen eher als konservativer Scharfmacher und
Ex-Verkehrsminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU) bekannt. In
den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gelang es ihm nach
Angaben von Teilnehmern vor allem in der kritischen Schlussphase,
Brücken zu bauen und Kompromisse zu finden.
Das Amt des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur
(2013 bis 2017) brachte ihm unter anderem wegen der umstrittenen
Pkw-Maut reichlich Kritik ein. Nun muss er als Innenminister zeigen,
dass er den harten Unionskurs in der Asylpolitik auch umsetzen kann -
keine einfache Aufgabe.
ARBEIT/SOZIALES
Bärbel Bas:
Bodenständig, geradlinig, klar: Als Bundestagspräsidentin hat sich
Bärbel Bas (SPD) in den vergangenen dreieinhalb Jahren einen guten
Ruf erworben. Zuvor war die Duisburgerin einer breiteren
Öffentlichkeit kaum bekannt. Sie sitzt seit 2009 im Bundestag und
kümmerte sich unter anderem um Gesundheitspolitik. Ihre
unkomplizierte Art mag mit der Herkunft zu tun haben: Die 57-Jährige
wuchs als zweitälteste von sechs Geschwistern in materiell einfachen
Verhältnissen auf. Spielen, so erzählte Bas später, musste sie als
Kind draußen, weil im Kinderzimmer zu wenig Platz war.
WIRTSCHAFT/ENERGIE
Katherina Reiche: Steile Karriere in Politik und Wirtschaft
Die Nominierung der 51-jährigen Katherina Reiche als
Wirtschaftsministerin ist eine Überraschung. 1998 war sie mit 25
Jahren in den Bundestag eingezogen, dem sie bis 2015 angehörte.
Sieben Jahre davon war sie Parlamentarische Staatssekretärin, saß
auch im CDU-Bundesvorstand. Die geborene Brandenburgerin gilt als
selbstbewusst, ehrgeizig und bestens vernetzt.
Von 2005 bis 2009 war Reiche stellvertretende Chefin der
Unionsfraktion. Die Diplom-Chemikerin wechselte 2015 zum Verband
kommunaler Unternehmen, der viele Stadtwerke vertritt. Fünf Jahre
später übernahm sie den Vorsitz des Energieversorgers Westenergie.
Wie bekanntwurde, sind sie und der frühere Verteidigungs- und
Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ein Paar.
VERTEIDIGUNG
Boris Pistorius:
Verteidigungsminister Boris Pistorius war für die SPD gesetzt -
schließlich ist er Deutschlands beliebtester Politiker. Als er im
November 2023 «Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime» für die
Bundeswehr ausrief, legte der 65-jährige Niedersachse die Latte hoch.
Seit der Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse
kann er sich über mangelnde Finanzierung nicht mehr beschweren. Der
Jurist Pistorius wurde in Osnabrück geboren, er arbeitete in mehreren
niedersächsischen Regierungsstellen und war von 2006 bis 2013
Oberbürgermeister seiner Heimatstadt («das schönste Amt der Welt»).
In den zehn folgenden Jahren war er Innenminister von Niedersachsen.
2023 übernahm er das Verteidigungsministerium von Christine Lambrecht
und gewann in kurzer Zeit die Anerkennung der Truppe und der
Verbündeten.
JUSTIZ
Stefanie Hubig
Stefanie Hubig (56) ist seit 2016 Bildungsministerin von
Rheinland-Pfalz. In der Kultusministerkonferenz ist sie seit 2024
zudem Koordinatorin der SPD-geführten Länder. Doch in Berlin kennt
man die SPD-Politikerin vor allem in einer anderen Rolle. Im
Bundesjustizministerium begann sie im Jahr 2000 und stieg zur
Referatsleiterin auf. 2008 ging sie nach Mainz: Erst in die
Staatskanzlei, 2009 übernahm sie die Leitung der Abteilung Strafrecht
im Justizministerium. Hubig wurde 2014 Staatssekretärin im
Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Justizminister
war damals ihr Parteikollege Heiko Maas. Beide gerieten mit dem
damaligen Generalbundesanwalt Harald Range aneinander: Dabei ging es
um später eingestellte Ermittlungen gegen zwei Blogger von
Netzpolitik.org wegen Landesverrats.
DIGITALISIERUNG/STAATSMODERNISIERUNG
Karsten Wildberger: MediaMarktSaturn-Chef als erster Digitalminister
Mit Karsten Wildberger (parteilos) übernimmt ein Top-Manager das neue
Digitalministerium. Als Vorstandschef des Ceconomy Konzerns und
Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding bringt der
55-Jährige Praxiserfahrung mit. In den vergangenen Jahren gehörte die
digitale Transformation zum Kern seiner Tätigkeiten.
Internationale Führungspositionen bekleidete Wildberger auch bei
T-Mobile, Vodafone und beim australischen
Telekommunikationsunternehmen Telstar. Von 2016 bis Sommer 2021 war
er dann beim Energiekonzern E.ON als Vorstandsmitglied für den
digitalen Wandel zuständig. Wildberg stammt aus Gießen, hat Physik
studiert und auch promoviert.
VERKEHR
Patrick Schnieder: Erfahrener Parlamentarier
Der designierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) ist
seit 2009 Mitglied des Bundestags. Der 57-Jährige hat den Wahlkreis
Bitburg direkt gewonnen. In der vergangenen Legislaturperiode war der
Jurist Parlamentarischer Geschäftsführer der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion - und damit Mitglied des Führungskreises
um Fraktionschef Merz. Schnieder war daneben unter anderem auch
stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss.
In seiner künftigen Position dürfte er eine Schlüsselrolle haben bei
der Umsetzung des riesigen Sondervermögens für Infrastruktur. Ein
großer Teil des 500 Milliarden Euro schweren Sondertopfs dürfte in
den Verkehr fließen, um marode Brücken und das Schienennetz zu
sanieren.
WOHNEN/STADTENTWICKLUNG/BAUWESEN
Verena Hubertz
Die neue Bauministerin Verena Hubertz ist eine politische
Senkrechtstarterin. Die 37-Jährige ist seit 2021
Bundestagsabgeordnete und wurde direkt stellvertretende
SPD-Fraktionsvorsitzende, zuständig unter anderem für Wirtschaft,
Klimaschutz und Energie, Bauen und Wohnen. Oft führte sie in der
Ampel-Koalition Verhandlungen mit Politikern von Grünen und FDP, wenn
es um strittige Fragen ging. Laute Töne sind nicht ihr Fall. Die
Triererin und Betriebswirtin hat eine für Politiker eher
ungewöhnliche Biografie. 2013 gründete sie mit einer Studienkollegin
das Küchen-Start-up Kitchen Stories. Die Idee: in Videos und Schritt
für Schritt zu zeigen, wie einfach Kochen sein kann.
BILDUNG/FAMILIE
Karin Prien: Meinungsstarke Juristin aus dem Norden
CDU-Bundesvize Karin Prien gilt als eine der profiliertesten
Bildungspolitikerinnen in der Union. Seit 2017 ist sie
Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Sie ist stellvertretende
CDU-Landeschefin, seit 2022 zudem stellvertretende Bundesvorsitzende
der CDU. Prien ist meinungsstark und scheut keine Debatte.
Vor ihrer Zeit im nördlichsten Bundesland war die Rechtsanwältin
sechs Jahre lang Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Prien lebt in
Hamburg und hat drei Kinder. Die ehrgeizige Juristin ist
leidenschaftliche Köchin. Ihre Familie war vor den Nazis in die
Niederlande geflohen. Die 59-Jährige und ihr jüngerer Bruder wurden
in Amsterdam geboren.
UMWELT/KLIMASCHUTZ
Carsten Schneider
Carsten Schneider war in der Ampel-Regierung von Olaf Scholz
Staatsminister und Beauftragter für Ostdeutschland. Damit war er eine
der profiliertesten Stimmen dieser Region und sollte vor allem für
gleichwertige Lebensverhältnisse in den ostdeutschen Bundesländern
sorgen. Schneider stammt aus Erfurt und sitzt bereits seit 1998 im
Bundestag. Dort war er unter anderem Haushaltspolitiker,
stellvertretender Fraktionsvorsitzender und erster Parlamentarischer
Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Der 49 Jahre alte Bankkaufmann gilt
als pragmatisch, erfahren und vielseitig einsetzbar. Er versteht sich
gut mit dem künftigen Vizekanzler Klingbeil - die beiden waren sogar
gemeinsam im Rennrad-Urlaub.
FORSCHUNG
Dorothee Bär: Digital-Expertin wird Forschungsministerin
Dass Dorothee Bär diesmal Bundesministerin werden würde, hatte sich
in den Koalitionsverhandlungen bereits abgezeichnet, als CSU-Chef
Markus Söder sie in sein engstes Verhandlungsteam holte. Nun wird die
47-Jährige, die seit 2002 im Bundestag sitzt, Ministerin für
Forschung, Technologie und Raumfahrt.
Dabei scheiden sich an der Unterfränkin, die mit ihrem
Social-Media-Auftritt und mit ihrem mitunter auffälligen
Kleidungsstil eine der bekanntesten CSU-Politikerinnen ist,
parteiintern die Geister: Auf Parteitagen wurde sie zwar wiederholt
zu einer der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden gewählt, aber meist
mit schlechtem Ergebnis. Andererseits halten sie viele für ein
Talent, das sie einst auch als Digital-Staatsministerin unter
Kanzlerin Angela Merkel schon unter Beweis gestellt hat. Bei der
vergangenen Bundestagswahl wurde sie bundesweite Erststimmenkönigin.
GESUNDHEIT
Nina Warken: Innenpolitikerin auf neuem Feld
Gesundheitsministerin soll die CDU-Bundestagsabgeordnete Nina Warken
werden. An den Koalitionsverhandlungen war sie noch in der
Arbeitsgruppe Inneres, Recht und Migration beteiligt. Im Bundestag
saß die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion auch im
Ältestenrat.
Jahrzehntelange Erfahrungen im Gesundheitswesen wie der scheidende
Minister Karl Lauterbach (SPD) hat die Juristin nicht gesammelt. Die
45-Jährige ist CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg - und
Hobby-Tennisspielerin.
AGRAR
Alois Rainer: Unerwarteter Karrieresprung zum Minister
Er ist seitens der CSU der Unbekannte im neuen Kabinett: Alois
Rainer, seit 2013 im Bundestag, wird Minister für Ernährung,
Landwirtschaft und Heimat. Einer breiten Öffentlichkeit ist der
60-Jährige bisher nicht bekannt - auch wenn er bei der Bundestagswahl
auf CSU-Listenplatz fünf kandidierte und sein Name damit auf allen
Stimmzetteln in Bayern zu lesen war.
Der Niederbayer ist nur Söders zweite Wahl für den Ministerposten -
bereits im Wahlkampf hatte der CSU-Chef immer Bayerns
Bauernpräsidenten Günther Felßner als seinen Wunschkandidaten
benannt. Dieser hatte aber im März nach Protesten von Umwelt- und
Tierschützern gegen seine Person aufgegeben.
KANZLERAMT
Thorsten Frei: Engster Merz-Vertrauter wird Kanzleramtschef
In den Ampel-Jahren ist der 51-Jährige als Manager der Unionsfraktion
einer der wichtigsten Vertrauten von Merz geworden. Er gilt als
akribischer Arbeiter und in so gut wie allen wichtigen politischen
Themen sattelfest. Seit 2013 sitzt der eloquente Jurist im Bundestag,
er ist gefragter Gast in Talkshows.
Im Kanzleramt soll Frei (CDU) künftig für seinen Chef Fallstricke aus
dem Weg räumen, einen reibungslosen Regierungsablauf sichern und
Kontakt zu den Ländern halten. Kritiker bemängeln, dem verheirateten
Vater dreier Kinder fehle Regierungserfahrung. Das politische
Handwerk hat Frei in seinem Heimatland gelernt: Von 2002 bis 2004 war
er Regierungsrat im Staatsministerium Baden-Württemberg, von 2004 bis
2013 Oberbürgermeister von Donaueschingen.
WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG
Reem Alabali-Radovan
Auch Reem Alabali-Radovan (SPD) hat eine steile politische Laufbahn
hingelegt. Zuletzt war die 35-Jährige Integrationsbeauftragte der
Ampel-Regierung. Nun folgt der nächste Schritt auf der Karriereleiter
der Schwerinerin. Geboren wurde Alabali-Radovan 1990 in Moskau. Im
Alter von sechs Jahren kam sie mit ihrer Familie, die vor den
politischen Verhältnissen im Irak floh, nach Mecklenburg-Vorpommern.
Als Integrationsbeauftragte setzte sie sich unter anderem gegen
Racial Profiling ein, also die verdachtsunabhängige polizeiliche
Kontrolle von Menschen allein wegen ihrer Hautfarbe und anderen
ethnischen oder religiösen Merkmalen. Alabali-Radovan ist verheiratet
mit dem Profiboxer Denis Radovan und bekam 2023 eine Tochter. Als
Integrationsbeauftragte machte sie damals keine lange Pause.
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