Einstiger Merz-Widersacher Spahn soll Fraktionschef werden Von Ulrich Steinkohl, dpa
Er war als Wirtschaftsminister im Gespräch. Doch das Amt, das Jens
Spahn jetzt übernehmen soll, ist wesentlich mächtiger: Der einstige
Konkurrent von Friedrich Merz strebt den Fraktionsvorsitz an.
Berlin (dpa) - Unter Kanzlerin Angela Merkel war er
Gesundheitsminister - nun soll er für Friedrich Merz die
Unionsfraktion im Bundestag auf Linie halten: Jens Spahn. Der 44
Jahre alte Westfale sitzt seit mehr als 20 Jahren im Parlament. In
der Oppositionszeit der Union nach der verlorenen Bundestagswahl 2021
war er einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er
engagierte sich vor allem in der Wirtschaftspolitik.
Als Gesundheitsminister in der Corona-Krise und zuvor als
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium sammelte
Spahn einiges an Regierungserfahrung. Beim Aushandeln des
Koalitionsvertrages mit der SPD saß er in der Arbeitsgruppe
Wirtschaft. Das löste Spekulationen aus, er könne neuer
Bundeswirtschaftsminister werden.
Kandidatur gegen Merz für Amt des Parteichefs
Seinen Wahlkreis «Steinfurt I - Borken I» gewann der CDU-Mann seit
2002 stets direkt, bei der jüngsten Bundestagswahl mit fast 42
Prozent der Erststimmen. Innerparteilich fliegen dem gelernten
Bankkaufmann und studierten Politikwissenschaftler aber nicht gerade
die Herzen zu. So fuhr er im Dezember 2018 im Dreikampf um die
Merkel-Nachfolge an der CDU-Spitze mit 157 Stimmen das schlechteste
Ergebnis ein - hinter Merz (392) und Annegret Kramp-Karrenbauer (450
Stimmen), die am Ende die Stichwahl gegen Merz gewann.
Als die CDU nur gut zwei Jahre später im Januar 2021 eine
Nachfolgerin für die glücklose Kramp-Karrenbauer suchte, kandidierte
Spahn zwar nicht selbst. Er unterstützte aber NRW-Ministerpräsident
Armin Laschet, der dafür sorgte, dass Merz erneut das Nachsehen
hatte. Bei der anschließenden Wahl der stellvertretenden
CDU-Vorsitzenden erzielte Spahn wiederum das schlechteste Ergebnis.
Können künftige Fraktionschefs von Union und SPD miteinander?
Als CDU/CSU-Fraktionschef wird Spahn maßgeblich mitverantwortlich für
das Verhältnis zum Koalitionspartner SPD sein. In der deutschen
Parlamentsgeschichte gibt es geradezu legendäre Gespanne wie Volker
Kauder (CDU) und Peter Struck (SPD), die unter Kanzlerin Merkel den
Koalitionsladen zusammenhielten und darüber sogar Freunde wurden.
Spahns Gegenüber könnte die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel
Bas (SPD) werden. Sie und Spahn würden sich «schon lange kennen»,
sagte Bas gerade dem «Tagesspiegel». Und: «Wir haben schon
gestritten, und wir haben schon gemeinsam Projekte erfolgreich
durchgekämpft.»
Seine Zeit als Bundesgesundheitsminister während der Corona-Jahre
2020 und 2021 bezeichnete Spahn einmal als «bisher größte Aufgabe
meines Lebens». In Erinnerung geblieben aus dieser Zeit ist sein Satz
«Wir werden einander viel verzeihen müssen.» Vor einem Jahr plädier
te
der CDU-Mann für eine Aufarbeitung der Corona-Politik durch eine
Enquete-Kommission des Bundestags. Dazu ist es bis heute nicht
gekommen. Als Fraktionschef hätte Spahn die Möglichkeit, diese
Aufarbeitung jetzt anzustoßen.
Unangenehme Fragen zum Maskenstreit drohen
Allerdings dürften ihm dabei selbst unangenehme Fragen gestellt
werden. Ihm wird vorgeworfen, als Bundesgesundheitsminister viel zu
viele Masken zu viel zu hohen Preisen bestellt zu haben. «Wir mussten
in der Not entscheiden», sagte Spahn rechtfertigend im Juni
vergangenen Jahres in einer Bundestagsdebatte zum Maskenstreit.
Dieser könnte ihn noch einholen, denn es sind noch Verfahren mit
einem Milliarden-Streitwert anhängig. Erst im Juli vergangenen Jahres
verurteilte das Oberlandesgericht Köln den Bund zur Zahlung von rund
86 Millionen Euro plus Zinsen an eine Handelsfirma. Der Fall liegt
nun beim Bundesgerichtshof.
Jüngster Vorstoß zur AfD stieß auf Kritik
Zuletzt hatte Spahn eine heftige Kontroverse mit dem Vorstoß
ausgelöst, mit der AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag so
umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien. In der «Bild»-Zeitung
plädierte er dafür, die AfD bei Abläufen im Parlament, Verfahren in
der Geschäftsordnung, in den Ausschüssen und der Berücksichtigung von
Minderheits- und Mehrheitsrechten zu behandeln wie jede andere
Oppositionspartei. Dies war noch vor Bekanntgabe des
Verfassungsschutzes, dass die AfD als gesichert rechtsextremistisch
einzustufen sei.
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