Deutsche Kinder in Spanien aus «Horrorhaus» befreit Von Emilio Rappold und Jan-Uwe Ronneburger, dpa
So etwas hat die Polizei im nordspanischen Oviedo noch nie gesehen:
Drei Kinder durften jahrelang ein völlig vermülltes Haus nicht
verlassen. Die Einzelheiten erschüttern selbst erfahrene Ermittler.
Oviedo (dpa) - Ein deutsches Elternpaar soll seine drei Kinder in
Spanien jahrelang in einem Haus voller Müll eingesperrt haben. Die
Betroffenheit stand Einsatzleiter Javier Lozano ins Gesicht
geschrieben, als er in Oviedo im Norden des Landes über die Aktion
zur Befreiung der acht- bis zehnjährigen Kinder berichtete. «Die
Beamten waren fassungslos, eine solche Situation hatten wir hier in
Oviedo noch nie», erzählte er vor Journalisten.
Die Eltern, ein 53 Jahre alter Deutscher und eine 48-jährige
Deutschamerikanerin, wurden den Angaben zufolge beim rund
dreistündigen Einsatz im Einfamilienhaus in Fitoria am Stadtrand von
Oviedo festgenommen. Die Kinder wurden in einem Heim untergebracht.
«Ihr Wohlergehen steht an erster Stelle», betonte Lozano.
U-Haft für Eltern angeordnet
Die Festgenommenen wurden am Nachmittag einer Ermittlungsrichterin
vorgeführt. Nach der Befragung ordnete sie auf Antrag der
Staatsanwaltschaft für beide Untersuchungshaft ohne Recht auf
Freilassung auf Kaution an. Zudem beschloss sie die Aussetzung des
Sorgerechts, das der Regierung der Region Asturien übertragen wird,
wie das Oberste Gericht Asturiens (TSJA) mitteilte.
Man habe ein Verfahren wegen häuslicher Gewalt mit regelmäßigem
psychologischem Missbrauch und Kindesvernachlässigung eingeleitet,
hieß es in der von der Nachrichtenagentur Europa Press
veröffentlichten Mitteilung. Möglicherweise liege auch die Straftat
der Freiheitsberaubung vor. Die Festgenommenen würden unverzüglich in
das Strafvollzugszentrum von Asturien überführt. Die Justiz
bestätigte auf Anfrage diese Informationen.
Eine Nachbarin alarmierte die Polizei
Es werde vermutet, dass die Kinder seit der Anmietung des Hauses im
Oktober 2021 dort festgehalten wurden, sagte Lozano. Man wisse unter
anderem, dass sie in Oviedo nie zur Schule oder zum Arzt gegangen
seien. Lozano betonte, er wolle der Justiz zwar nicht vorgreifen, es
gebe aber «deutliche Indizien eines Verbrechens».
Der Einsatzleiter erzählte, dass eine Nachbarin Mitte April die
Polizei alarmiert habe. Man habe das Haus seitdem beobachtet. Die
Kinder hätten es seitdem nie verlassen. Die Eltern hätten in diesen
circa zwei Wochen die Tür auch nur zum Empfang von Onlinebestellungen
geöffnet.
Gravierende Gefährdung
Am Montag sei schließlich die Befreiungsaktion gestartet worden.
Dabei seien die Einsatzkräfte vom massiven Stromausfall in ganz
Spanien überrascht worden, erzählte Lozano. «Wir stellten aber
schnell eine gravierende Gefährdung des Wohls und der Gesundheit der
Kinder fest.»
Lozano wurde unter anderem vom staatlichen Fernsehsender RTVE und der
Regionalzeitung «La Nueva España» mit den Worten zitiert, es habe
sich um ein wahres «Horrorhaus» gehandelt. Die vorgefundene Situation
ließ selbst erfahrene Ermittler erschaudern. Medien veröffentlichten
unter Berufung auf die Behörden erschütternde Details, die ein
Sprecher der Polizei in Oviedo auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur bestätigte.
Müll und eine kranke Katze inmitten von Exkrementen
«Die Kinder waren schmutzig, in Schlafanzügen und schwer
vernachlässigt», hieß es. Sie seien auch «deutlich unterernährt
». Das
Haus sei «überall mit Müll übersät» gewesen, «selbst unter de
n
Betten». Man habe dort inmitten von Exkrementen auch eine schwer
kranke Katze gefunden.
Die Kinder, achtjährige Zwillinge und ein zehnjähriger Junge, hätten
in zum Teil zu kleinen Gitterbetten schlafen müssen. Sie seien von
ihren Eltern gezwungen worden, Windeln und Mundnasenmasken zu tragen
und völlig von der Außenwelt abgeschottet gewesen. Nicht einmal in
den Garten des Hauses hätten sie gedurft. «Wir haben drei
Minderjährigen das Leben zurückgegeben. Ich hätte nie gedacht, dass
so etwas in diesem Land passieren könnte», sagte Lozano.
Kinder atmeten tief durch und wunderten sich über Gras
Die Behörden machten zunächst keine Angaben, warum die Eltern ihre
Kinder von der Außenwelt isoliert hatten. Als die Kleinen von Beamten
erstmals aus dem Haus geführt wurden, habe eines von ihnen erstaunt
mit den Händen das Gras des Rasens berührt. «Sobald wir sie
herausgeholt hatten, begannen alle drei tief durchzuatmen, als wären
sie noch nie an der frischen Luft gewesen», sagte ein Ermittler der
Zeitung «La Nueva España».
Woher in Deutschland die Familie stammt und seit wann sie sich in
Spanien aufhielt, war zunächst unklar.
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