Pillen gegen Stress und Trübsal? EuGH schränkt Werbung ein Von Jan Christoph Freybott, dpa

Viele Nahrungsergänzungsmittel machen mit gesundheitlichen
Versprechen auf sich aufmerksam - auch wegen eines rechtlichen
Graubereichs. Einem Teil davon schiebt der EuGH jetzt den Riegel vor.

Luxemburg (dpa) - Ein Melonensaftextrakt gegen Erschöpfung, Ginkgo
gegen Demenz, Johanniskraut für die Stimmung: Im wachsenden Markt für
Nahrungsergänzungsmittel gelten künftig klarere Regeln dafür, welche

Werbeaussagen erlaubt sind und welche nicht. Ungeprüfte
gesundheitsbezogene Angaben zu sogenannten Botanicals, also
pflanzlichen Inhaltsstoffen, seien bis auf weiteres verboten,
urteilte der Europäische Gerichtshof. Was das für Unternehmen und
Verbraucher bedeutet.

«Botanicals» im rechtlichen Graubereich

Eigentlich regelt eine Liste der EU, welche gesundheitsbezogenen
Angaben zulässig sind. Für Vitamine und Mineralstoffe ist der Prozess
klar: Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) prüft die
Aussage und legt Grenzwerte fest. Sie schreibt zum Beispiel vor, ab
welchem Wert die Aussage rechtens ist, dass das Vitamin Biotin zu
einer normalen Funktion des Nervensystems beiträgt. Hersteller und
Verbraucher können sich dann danach richten.

Allerdings lehnte die Efsa Anträge mit Werbeaussagen zu sogenannten
Botanicals in großer Zahl ab - auch weil es an Studien fehlt. In der
Folge setzte die Kommission die Prüfung von Aussagen zu «Botanicals»

bereits im Jahr 2010 auf Eis. Daraus habe sich eine Art Graubereich
entwickelt, beklagen Verbraucherschützer, in dem mit teils kreativen
Versprechungen geworben werde.

Hamburger Firma warb mit Safran- und Melonenextrakt

Konkret geht es um ein Verfahren gegen die Hamburger Firma Novel
Nutriology. Sie bewarb ein Nahrungsergänzungsmittel damit, dass es
ein stimmungsaufhellendes Safranextrakt enthalte sowie ein
Melonensaftextrakt gegen Stressgefühle und Erschöpfung. Der Verband
Sozialer Wettbewerb sah darin eine unzulässige gesundheitsbezogene
Angabe und klagte.

«Selbst wenn einige Inhaltsstoffe grundsätzlich wirksam sind, sind
die Dosen im Nahrungsergänzungsmittel oft viel zu gering», sagt Heike
Silber von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie beklagt,
gerade durch Nahrungsergänzungsmittel mit anerkannten Arzneipflanzen
würden nicht erfüllbare Erwartungen geweckt.

Gesunde Menschen, die sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren,
brauchen nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR)
in Berlin in der Regel gar keine Nahrungsergänzungsmittel. Eine
repräsentative BfR-Studie aus dem vergangenen Herbst zeigt aber, dass
77 Prozent der etwa 1.000 Befragten in den letzten zwölf Monaten
Nahrungsergänzungsmittel genommen hätten, 63 Prozent davon sogar
wöchentlich.

Firma beklagt Rückschlag für Forschung

Vor allem für den wachsenden Markt mit Nahrungsergänzungsmitteln
dürfte das Urteil spürbare Folgen haben. «Wir respektieren das
Urteil, halten es aber für hochproblematisch - nicht nur für uns,
sondern für die gesamte Branche», teilte Novel Nutriology mit. Für
Rohstoffhersteller lohne sich die Forschung unter diesen
Rahmenbedingungen nicht mehr. Das Urteil stelle ein echtes
Innovationshemmnis dar.

Das Verbot gelte so lange, bis die EU-Kommission die werblichen
Aussagen geprüft und in die dafür vorgesehen Liste aufgenommen habe,
urteilte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Ausnahmen seien
nur möglich, sofern eine gesonderte Regelung bestehe. Das sei im
vorliegenden Rechtsstreit, der vom Bundesgerichtshof an den EuGH
verweisen wurde, allerdings nicht der Fall.

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