Letzte Runde im Scholz-Kabinett ohne Tränen und Geschenke

Nächster Schritt weg von der Macht: Olaf Scholz und sein Kabinett
kommen zu einer letzten Sitzung zusammen. Nächste Woche will
Friedrich Merz als Nachfolger im Kanzleramt übernehmen.

Berlin (dpa) - Das Bundeskabinett des geschäftsführenden Kanzlers
Olaf Scholz hat sich in Berlin zu seiner voraussichtlich letzten
Sitzung getroffen. Es war nach dreieinhalb Jahren das 131. Treffen -
nach dem Ampel-Aus saßen zuletzt nur noch SPD- und Grünen-Minister am
Kabinettstisch. Am kommenden Dienstag ist im Bundestag die Wahl von
CDU-Chef Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler geplant. Einen Tag
vorher soll Scholz mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr
verabschiedet werden.

Kabinettssitzungen finden in der Regel immer mittwochs im
Bundeskanzleramt statt. Kanzler, Ministerinnen und Minister bringen
dort gemeinsame Gesetzesvorlagen oder Verordnungen auf den Weg, über
die im Anschluss in Bundestag und Bundesrat debattiert und abgestimmt
wird.

Diesmal war die Tagesordnung übersichtlich. Die rot-grüne
Minderheitsregierung beschloss noch die bereits angekündigte
Rentenerhöhung zum 1. Juli um 3,74 Prozent. 

Händeschütteln, Umarmungsszenen, «hanseatisch nüchtern»

Ein dpa-Reporter berichtete von Händeschütteln und einigen
Umarmungsszenen im Kabinettsaal, eine emotionale Abschiedsstimmung
sei zum Auftakt der Sitzung aber nicht zu spüren gewesen. Reporter
sind vor Kabinettssitzungen für Auftaktbilder für wenige Minuten
zugelassen. 

Scholz habe eher einen fröhlichen und gelösten Eindruck gemacht. «Das

ging so hanseatisch-nüchtern zu, wie das zu diesem Bundeskanzler auch
passt», erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit später auf
Nachfrage vor Journalisten. Er verwies auch auf ein bereits erfolgtes
Abschiedsessen des Kabinetts am 25. März - dem Tag, an dem der neu
gewählte Bundestag erstmals zusammentrat. Die Regierung war seitdem
nur noch geschäftsführend im Amt.

Keine Geschenke, keine Tränen

Die letzte Kabinettssitzung dauerte demnach nur rund 15 bis 20
Minuten. Scholz habe ein paar wertschätzende Worte für die Minister
und die Beschäftigten des Kanzleramtes gefunden. Abschiedsgeschenke
oder Tränen gab es dem Regierungssprecher zufolge nicht.

Anders war das bei Vorgängerin Angela Merkel, die im November 2021
von ihrem Regierungsteam mit einem Blumenstrauß und einem «Carpe
diem»-Bäumchen in den politischen Ruhestand entlassen worden war.

Habeck nicht dabei

Krankheitsbedingt nicht dabei war der bisherige Vizekanzler Robert
Habeck (Grüne), wie eine Sprecherin der Grünen-Fraktion auf Nachfrage
mitteilte. Hebestreit sprach von einer fiebrigen Erkältung.

Scholz zu Abschiedsessen mit Macron in Paris

Für den scheidenden Kanzler war am Abend ein weiterer Abschiedstermin
geplant: Mit seiner Frau Britta Ernst sollte es nach Paris zu einem
Essen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dessen
Frau gehen.

Scholz wird weiter dem Bundestag angehören und hat angekündigt, dass
er sein in Potsdam gewonnenes Direktmandat nicht vorzeitig abgeben
werde. Seine bisherigen Ministerinnen und Minister gehen verschiedene
Wege:

Mindestens ein SPD-Minister bleibt im Kabinett

- Von den SPD-Ministern wird einer mit Sicherheit auch der neuen
Regierung angehören: Verteidigungsminister Boris Pistorius, der seit
vielen Monaten als beliebtester Politiker Deutschlands gilt.

- Finanzminister Jörg Kukies wird von SPD-Chef Lars Klingbeil
abgelöst. Bei einem Besuch in Washington führte Kukies neulich schon
Dutzende Gespräche, die darauf hindeuten könnten, dass es den
früheren Investmentbanker zurück in die Wirtschaft zieht.

- Weil Pistorius und Klingbeil aus Niedersachsen sind, dürfte wegen
des Regionalproporzes für einen dritten Niedersachsen kein Platz mehr
im Kabinett sein. Arbeitsminister Hubertus Heil scheidet deswegen
wohl aus, wird aber als Fraktionschef gehandelt.

- Der 62-jährige Karl Lauterbach hätte sehr gern als
Gesundheitsminister verlängert, doch das Ressort geht an die CDU. Ihm
bleibt sein Direktmandat im Bundestag, das er seit 20 Jahren hat.

- Bauministerin Klara Geywitz, Innenministerin Nancy Faeser und
Entwicklungsministerin Svenja Schulze haben noch Chancen, im Kabinett
zu bleiben. Die besten hat Schulze, die schlechtesten Geywitz.

- Gar keine Chance auf einen Verbleib im Kabinett hat Kanzleramtschef
Wolfgang Schmidt. Er hat es auch nicht mehr in den Bundestag
geschafft. Politische Zukunft: offen. 

Alle Grünen müssen sich etwas Neues suchen

- Schluss im Kabinett ist für alle Ministerinnen und Minister der
Grünen. Bei Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck ist
unklar, ob er im Bundestag bleiben will. Zu Medienberichten über
einen geplanten Ausstieg vor der Sommerpause sagte
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann kürzlich, das sei nicht
abgesprochen.

- Außenministerin Annalena Baerbock geht zunächst nach New York und
wird dort Präsidentin der UN-Generalversammlung. Der Schritt ist
umstritten, weil ihr eine Top-Diplomatin weichen musste.

- Agrar- und Übergangsbildungsminister Cem Özdemir sitzt auf
gepackten Koffern. Der Grünen-Politiker geht zurück nach
Baden-Württemberg und bewirbt sich dort für das Amt des
Ministerpräsidenten. Die Landtagswahl ist im nächsten Jahr.

- Familienministerin Lisa Paus wird sich künftig nach Angaben ihres
Büros als Bundestagsabgeordnete auf die Themen Arbeit und Soziales
sowie Haushalt konzentrieren.

- Auch Umweltministerin Steffi Lemke bleibt im Bundestag und will
sich weiter um Umweltthemen kümmern: «Es gibt keine Veranlassung für

mich, das Thema an den Nagel zu hängen», sagte sie der «taz».

Parteiloser Wissing wird wohl wieder Rechtsanwalt

- Bundesverkehrsminister Volker Wissing scheidet erstmal ganz aus der
Politik aus. Erwartet wird, dass er wieder als Rechtsanwalt arbeitet.
Wissing war nach dem Bruch der Ampel-Koalition aus der FDP
ausgetreten, blieb aber Minister und übernahm auch noch das
Justizressort.

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