CDU-Kabinettsliste: Erfahrung und eine Prise Überraschung

Acht Tage vor der geplanten Kanzlerwahl präsentiert Parteichef Merz
sein Tableau der CDU-Ministerinnen und -Minister. Die SPD will ihre
Mannschaft erst nach dem Mitgliederentscheid bekanntgeben.

Berlin (dpa) - Eine politisch erfahrene Expertin aus der
Energiewirtschaft, bekannte Bundespolitiker, Fachkompetenz aus den
Ländern: Gut eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum
Kanzler ist klar, wer bei der Union was werden soll. Der
CDU-Vorsitzende und CSU-Chef Markus Söder haben ihren jeweiligen
Parteiführungen das Tableau der von ihnen ausgewählten Ministerinnen
und -Minister eines künftigen schwarz-roten Kabinetts vorgestellt.
Neben etlichen bekannten Gesichtern gibt es auch einige wenige
Überraschungen.

Mit diesem Team will Merz Deutschland nach der gescheiterten
Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP wieder auf Kurs bringen: 

KANZLERAMT

Thorsten Frei: Engster Merz-Vertrauter wird Kanzleramtschef 

In den Ampel-Jahren ist der 52-Jährige als Manager der Unionsfraktion
einer der wichtigsten Vertrauten von Merz geworden. Er gilt als
akribischer Arbeiter und in so gut wie allen wichtigen politischen
Themen sattelfest. Seit 2013 sitzt der eloquente Jurist im Bundestag,
er ist gefragter Gast in Talkshows. 

Im Kanzleramt soll Frei künftig für seinen Chef Fallstricke aus dem
Weg räumen, einen reibungslosen Regierungsablauf sichern und Kontakt
zu den Ländern halten. Kritiker bemängeln, dem verheirateten Vater
dreier Kinder fehle Regierungserfahrung. Das politische Handwerk hat
Frei in seinem Heimatland gelernt: Von 2002 bis 2004 war er
Regierungsrat im Staatsministerium Baden-Württemberg, von 2004 bis
2013 Oberbürgermeister von Donaueschingen.

 

AUSSEN

Johann Wadephul: Norddeutscher mit Faible fürs Internationale 

Es wirkte schon länger so, als würde sich der 62-Jährige für die
Nachfolge von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warmlaufen.
Zuletzt besuchte er die Außenminister Frankreichs, Polens und deren
Kollegen aus Italien und Großbritannien. Mit dem gebürtigen Husumer
und verheirateten Vater dreier Kinder stellt die CDU erstmals seit
fast 60 Jahren wieder den Außenminister. 

Seit 2009 sitzt der Jurist und Ex-Zeitsoldat im Bundestag, er gilt
als Vertrauter von Merz. Dieser dürfte hoffen, im Gleichklang mit
Wadephul Außenpolitik machen zu können - anders als bei der Ampel, wo
sich Baerbock gerne mit einem eigenständigen Kurs von Kanzler Olaf
Scholz (SPD) absetzte. Privat bezeichnet sich der
Schleswig-Holsteiner als Familienmensch - er hat seine Schulfreundin
geheiratet.

 

INNEN

Alexander Dobrindt: Scharfmacher und Brückenbauer

Der langjährige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gilt als
geschickter Wahlkampfmanager und Unterhändler. Der Öffentlichkeit ist
der 54-Jährige dagegen eher als konservativer Scharfmacher und
Ex-Verkehrsminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU) bekannt. In
den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gelang es ihm nach
Angaben von Teilnehmern vor allem in der kritischen Schlussphase,
Brücken zu bauen und Kompromisse zu finden.

Das Amt des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur
(2013 bis 2017) brachte ihm unter anderem wegen der umstrittenen
Pkw-Maut reichlich Kritik ein. Nun muss er als Innenminister zeigen,
dass er den harten Unionskurs in der Asylpolitik auch umsetzen kann -
keine einfache Aufgabe. 

 

DIGITALISIERUNG/STAATSMODERNISIERUNG

Karsten Wildberger: MediaMarktSaturn-Chef als erster Digitalminister

Mit Karsten Wildberger übernimmt ein Top-Manager das neue
Digitalministerium. Als Vorstandschef des Ceconomy Konzerns
(Düsseldorf) und Vorsitzender der Geschäftsführung der
Media-Saturn-Holding mit rund 1.000 Märkten in vielen Ländern bringt
der 56-Jährige einschlägige Praxiserfahrung mit. In den vergangenen
Jahren gehörte die digitale Transformation in Wirtschaft und
Unternehmenswelt zum Kern seiner Tätigkeiten. 

Internationale Führungspositionen bekleidete Wildberger auch bei
T-Mobile, Vodafone und beim australischen
Telekommunikationsunternehmen Telstar. Von 2016 bis Sommer 2021 war
er dann beim Energiekonzern E.ON als Vorstandsmitglied für den
digitalen Wandel zuständig. Unter seiner Führung hat Ceconomy als
Elektronikmärkte-Betreiber das Online-Geschäft ausgebaut. Wildberg
stammt aus Gießen, hat Physik in München und Aachen studiert und auch
promoviert. Als Unternehmensberater der Boston Consulting Group hatte
er zunächst Unternehmen in verschiedenen Branchen zu Fragen der
Strategie und Digitalisierung beraten. 

 

WIRTSCHAFT

Katherina Reiche: Steile Karriere in Politik und Wirtschaft

Die Nominierung der 51-jährigen Katherina Reiche als
Wirtschaftsministerin ist eine Überraschung. 1998 war sie mit 25
Jahren in den Bundestag eingezogen, dem sie bis 2015 angehörte.
Sieben Jahre davon war sie Parlamentarische Staatssekretärin, saß
auch im CDU-Bundesvorstand. Die geborene Brandenburgerin gilt als
selbstbewusst und ehrgeizig - und ist bestens vernetzt. 

Von 2005 bis 2009 war Reiche stellvertretende Chefin der
Unionsfraktion. Sie warb für neue Atomkraftwerke und warnte,
Deutschland dürfe nicht sehenden Auges in eine Energiekrise
hineinlaufen. Die Diplom-Chemikerin wechselte 2015 zum Verband
kommunaler Unternehmen, der viele Stadtwerke vertritt. Fünf Jahre
später übernahm sie den Vorsitz des Energieversorgers Westenergie.

 

VERKEHR

Patrick Schnieder: Erfahrener Parlamentarier 

Der designierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder ist seit
2009 Mitglied des Bundestags. Der 56-Jährige hat den Wahlkreis
Bitburg direkt gewonnen. In der vergangenen Legislaturperiode war der
Jurist Parlamentarischer Geschäftsführer der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion - und damit Mitglied des Führungskreises
um Fraktionschef Merz. Schnieder war daneben unter anderem auch
stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss. In seiner künftigen
Position dürfte er eine Schlüsselrolle haben bei der Umsetzung des
riesigen Sondervermögens für Infrastruktur. Ein großer Teil des 500
Milliarden Euro schweren Sondertopfs dürfte in den Verkehr fließen,
um marode Brücken und das Schienennetz zu sanieren.

 

FORSCHUNG

Dorothee Bär: Digital-Expertin wird Forschungsministerin

Dass Dorothee Bär diesmal Bundesministerin werden würde, hatte sich
in den Koalitionsverhandlungen bereits abgezeichnet, als CSU-Chef
Markus Söder sie in sein engstes Verhandlungsteam holte. Nun wird die
47-Jährige im schwarz-roten Kabinett neue Ministerin für Forschung,
Technologie und Raumfahrt.

Dabei scheiden sich an der Unterfränkin, die mit ihrem
Social-Media-Auftritt und mit ihrem mitunter auffälligen
Kleidungsstil eine der bekanntesten CSU-Politikerinnen ist,
parteiintern die Geister: Auf Parteitagen wurde sie zwar wiederholt
zu einer der stellvertretenden CSU-Vorsitzenden gewählt, aber meist
mit einem schlechten Ergebnis. Andererseits halten sie viele für ein
Talent, das sie einst auch als Digital-Staatsministerin unter Angela
Merkel schon unter Beweis gestellt hat. Im Bundestag sitzt sie schon
seit 2002. Bei der vergangenen Bundestagswahl wurde Bär bundesweite
Erststimmenkönigin.

 

GESUNDHEIT

Nina Warken: Innenpolitikerin auf neuem Feld

Gesundheitsministerin soll überraschend die CDU-Bundestagsabgeordnete
Nina Warken werden. An den Koalitionsverhandlungen war sie noch in
der Arbeitsgruppe Inneres, Recht und Migration beteiligt. Im
Bundestag saß die Parlamentarische Geschäftsführerin der
Unionsfraktion auch im Ältestenrat.

Jahrzehntelange Erfahrungen im Gesundheitswesen wie der scheidende
Minister Karl Lauterbach (SPD) hat die Juristin nicht gesammelt. Die
45-Jährige ist CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg - und
Hobby-Tennisspielerin.

 

AGRAR

Alois Rainer: Unerwarteter Karrieresprung zum Minister

Er ist seitens der CSU der Unbekannte im neuen Kabinett: Alois
Rainer, seit 2013 im Bundestag, steigt nun direkt in ein Ministeramt
auf: Der 60-Jährige wird neuer Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Heimat.

Einer breiten Öffentlichkeit ist Rainer bisher nicht bekannt - auch
wenn er bei der Bundestagswahl diesmal auf CSU-Listenplatz fünf
kandidierte und der Name des Niederbayern damit auf allen
Stimmzetteln im Freistaat zu lesen war.

Rainer ist aber nur Söders zweite Wahl für den Ministerposten -
bereits im Wahlkampf hatte er immer Bayerns Bauernpräsident Günther
Felßner als seinen Wunschkandidaten benannt. Dieser hatte aber im
März nach Protesten von Umwelt- und Tierschützern gegen seine Person
aufgegeben.

Im politischen Berlin indes ist der Name Alois Rainer manchen
durchaus ein Begriff - als ein Teil eines der seltenen
Geschwisterpaare in der Spitzenpolitik: Seine Schwester Gerda
Hasselfeldt war einst Bau- und dann Gesundheitsministerin und
schließlich viele Jahre lang Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im
Bundestag. Nun macht auch der Bruder Karriere 

 

BILDUNG/FAMILIE

Karin Prien: Meinungsstarke Juristin aus dem Norden

CDU-Bundesvize Karin Prien gilt als eine der profiliertesten
Bildungspolitikerinnen in der Union. Seit 2017 ist sie
Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Sie ist stellvertretende
CDU-Landeschefin, seit 2022 zudem stellvertretende Bundesvorsitzende
der CDU. Prien ist meinungsstark und scheut keine Debatte. 

Vor ihrer Zeit im nördlichsten Bundesland war die Rechtsanwältin
sechs Jahre lang Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Prien lebt in
Hamburg und hat drei Kinder. Die ehrgeizige Juristin ist
leidenschaftliche Köchin. Ihre Familie war vor den Nazis in die
Niederlande geflohen. Die 59-Jährige und ihr jüngerer Bruder wurden
in Amsterdam geboren.

 

STAATSMINISTER und STAATSSEKRETÄRE

Die Staatsminister für die CDU: Weimer Kultur, Güler Auswärtiges

Neben den Bundesministerinnen und - ministern hat die CDU fünf
Staatsminister benannt, die im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt
tätig sein werden. Der wichtigste Posten ist der des Staatsministers
für Kultur und Medien, der an den Verleger und Publizisten Wolfram
Weimer geht. Die türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Serap Güler
und der Parlamentarier Gunther Krichbaum bekommen Posten im
Auswärtigen Amt. 

Die kultur- und medienpolitische Sprecherin der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christiane Schenderlein, wird im
Kanzleramt für Sport und Ehrenamt zuständig sein. Sie war in den
vergangenen Wochen auch als Kulturstaatsministerin im Gespräch.

Für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern holt sich Kanzler
Friedrich Merz einen der erfahrensten Parlamentarier in Kanzleramt.
Michael Meister gehört dem Bundestag seit mehr als 30 Jahren an und
war schon Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium (2013
bis 2018) und im Bildungsministerium (2018 und 2021). 

Die CDU-Staatssekretäre

Die stellvertretende Parteivorsitzende Silvia Breher, die lange als
Bundesministerin im Gespräch war, wird nur Parlamentarische
Staatssekretärin im Agrarministerium. Weitere Parlamentarische
Staatssekretäre der CDU: 
Christoph de Vries (Innen), Gitta Connemann und Stefan Rouenhoff
(beide Wirtschaft), Philipp Amthor und Thomas Jarzombek (beide
Digitalisierung), Georg Kippels und Tino Sorge (beide Gesundheit),
Mareike Wulf und
Michael Brand (beide Bildung/Familie), Christian Hirte (Verkehr),
Matthias Hauer (Forschung). 

Florian Hahn: Erster CSU-Politiker im Außenministerium

Als erster CSU-Politiker soll der Abgeordnete Florian Hahn, einer der
Außen- und Verteidigungsexperten der Partei, Staatsminister im
CDU-geführten Auswärtigen Amt werden. Die Personalie war insbesondere
in der CSU sehr wohlwollend aufgenommen worden, «damit werde die
Partei auch außerhalb des Landes noch sichtbarer und
einflussreicher», hieß es aus dem Vorstand. Hahn ist 51 Jahre alt und
seit 2009 Mitglied des Bundestags. Von 2019 bis 2022 war Hahn auch
Vize-Generalsekretär der CSU. Anschließend wurde er zum ersten
internationalen Sekretär der CSU berufen - ein repräsentatives Amt.

Die CSU-Staatssekretäre

Des Weiteren stellt die CSU vier Staatssekretäre.
Innenstaatssekretärin wird die Rosenheimer CSU-Abgeordnete Daniela
Ludwig, im Forschungsministeriums wird Silke Launert einen neuen
Posten erhalten, CSU-Agrarstaatssekretärin soll Martina
Englhardt-Kopf werden und der CSU-Abgeordnete Ulrich Lange wechselt
ins CDU-geführte Verkehrsministerium.

UNIONSFRAKTIONSCHEF

Jens Spahn - Ex-Gesundheitsminister soll Unionsfraktion führen

Unter Angela Merkel war er Gesundheitsminister - nun soll er für
Friedrich Merz die Unionsfraktion im Bundestag auf Linie halten: Jens
Spahn. Der 44 Jahre alte Spahn ist seit mehr als 20 Jahren im
Parlament. Zuletzt war er in der Oppositionszeit der Union nach der
verlorenen Wahl 2021 einer der stellvertretenden
Fraktionsvorsitzenden. Er engagierte sich vor allem in der
Wirtschaftspolitik.

Als Gesundheitsminister in der Corona-Krise und zuvor als
Parlamentarischer Finanz-Staatssekretär hat der Münsterländer einige

Regierungserfahrungen. Minister wird er jetzt aber nicht. Zuletzt
hatte Spahn mit umstrittenen Aussagen zum Umgang mit der AfD im
Bundestag für viel öffentliche Kritik gesorgt.

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