Der große Frust - warum Online-Dating krank machen kann Von Thomas Strünkelnberg, dpa
Im Internet ohne Stress den perfekten Partner, die perfekte Partnerin
finden - das dürften sich viele Menschen wünschen. Besonders
romantisch ist das allerdings nicht. Und es gibt einen Haken.
Hannover (dpa) - Augenkontakt, ein ermutigendes Zwinkern, dann ein
Lächeln, schließlich ein romantisches Treffen: Doch so einfach ist
die Suche nach der großen Liebe meist nicht. Wer noch weiß, wie
schwer die ersten Flirtversuche sind, bevorzugt vermutlich eine
unkompliziertere Variante: Online-Dating.
Aber auch daran scheiden sich die Geister - negative Gefühle wie
Frust, Stress und Wut scheinen einfach dazuzugehören, wie eine
Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse ergab.
Und es kann noch schlimmer ausgehen, die Kasse warnt vor dem
sogenannten Online-Dating-Burnout.
Zwar dürfte auch schüchternen Menschen das Flirten in den gängigen
Apps leichter fallen - das Swipen, Liken und Matchen gilt als bequem
und unverbindlich. Aber: Bei 59 Prozent der Befragten zwischen 18 und
60 Jahren habe die Partnersuche per Internet «emotionale Erschöpfung
und Frustration ausgelöst», teilte die Krankenversicherung mit.
Depressive Verstimmung, Stress, Wut und Scham
37 Prozent hatten mit Traurigkeit oder depressiver Verstimmung zu
kämpfen, 30 Prozent fühlten sich etwa wegen der großen Auswahl an
potenziellen Partnerinnen und Partnern gestresst. Bei immerhin 28
Prozent löste die Partnersuche im Internet Ärger oder Wut aus, knapp
jeder fünfte Nutzer oder jede fünfte Nutzerin empfand demnach beim
Online-Dating Scham.
Für die repräsentative Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut
Forsa vom 31. Januar bis 14. Februar online bundesweit 1.010 Singles
im Alter von 18 bis 60 Jahren, die offen für eine Partnerschaft
waren. Die Krankenversicherung zählt mit rund 1,5 Millionen
Versicherten zu den größten bundesweiten Kassen.
Vor allem Männer empfänglich für Online-Dating
Insgesamt schauten sich der Umfrage zufolge 59 Prozent der befragten
Singles schon einmal auf Online-Kontaktbörsen, Dating-Portalen oder
-Apps oder auch Social-Media-Plattformen nach potenziellen Partnern
um - 41 Prozent verzichteten darauf.
Vor allem Männer sind offensichtlich empfänglich dafür, das Glück z
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zweit im Netz zu suchen: Unter ihnen waren es 62 Prozent, bei den
Frauen 55 Prozent. Und gefragt ist Online-Dating vor allem bei 30-
bis 49-Jährigen, von denen 68 Prozent schon einmal online nach einem
«Match» gesucht haben.
Doch warum kommt es zu negativen Gefühlen bei der Partnersuche via
Internet? Laut Umfrage bekamen 54 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer
keine Antwort auf ihre Nachricht oder sie wurden geghostet - der
Kontakt wurde also abgebrochen.
Oberflächlichkeit oder nur sexuelles Interesse empfanden 46 Prozent
der Befragten - das betraf vor allem Frauen (61 Prozent). Unter den
Männern waren es 35 Prozent.
44 Prozent der Nutzer hatten den Eindruck, Profile seien unehrlich
oder geschönt, 32 Prozent fühlten sich eher wie eine Ware. Und jeder
dritte Befragte (34 Prozent) fand beim Online-Dating schlicht
niemanden, der - oder die - geeignet war.
Warnung vor zu hohen Erwartungen
Auch ein Problem: Die teils hohen eigenen Erwartungen, die Richtige
oder den Richtigen zu finden. Fest steht: «Wer hier trotz hohem
Invest an Freizeit, teils an Emotionen und auch Geld negative
Erfahrungen macht, die mitunter am Selbstwert kratzen, kann einen
Online-Dating-Burnout entwickeln», sagte Psychologin Isabelle Wenck.
Dies sei mit einem krankhaften Burnout etwa wegen hoher
Arbeitsbelastung nicht zu vergleichen - «auch wenn Symptome wie
Antriebslosigkeit oder emotionale Erschöpfung daran erinnern». Es
handele sich um ein psychosomatisches Syndrom, das durch Frust und
Stress beim Knüpfen digitaler Kontakte entstehen könne. Genaue Zahlen
dazu lagen nicht vor.
Der erste Schritt sei, sich rechtzeitig zu fragen, ob die
Partnersuche im Netz seelisch zu sehr belastet, riet Wenck. «Für den
Fall ist es ratsam, Online-Zeiten und Kontakte zu reduzieren oder
sogar erst einmal zu pausieren.» Wer es dann erneut mit dem
Online-Dating versuchen wolle, solle seine Erwartungen und Ziele
nicht zu hoch schrauben. Sie mahnte «reale Interaktionen in der
Freizeit» an: «Damit lassen sich Enttäuschungen beim Online-Dating
besser abfedern.»
Lieber im echten Leben jemanden kennenlernen
Doch auch wenn Online-Dating weit verbreitet ist, wünschen sich viele
Menschen im Grunde doch eine etwas romantischere erste Begegnung:
Nach einer früheren Umfrage des Branchenverbands Bitkom würden mehr
als drei Viertel der Nutzerinnen und Nutzer von
Online-Dating-Plattformen lieber im realen Leben jemanden
kennenlernen.
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