Digitalministerium «nicht nur auf dem Klingelschild»
Ein eigenes Ministerium für Digitales gab es auf Bundesebene bisher
nicht. Die künftige Bundesregierung will eines aufbauen. Aber was
soll die neue Behörde eigentlich machen?
Berlin (dpa) - Der Digitalverband Bitkom hat Union und SPD
eindringlich dazu aufgefordert, das geplante neue
Bundesdigitalministerium zu einem Ministerium mit weitreichenden
Kompetenzen zu machen. «Die Erfahrung der letzten Legislaturperioden
zeigen, dass wir ein Digitalministerium brauchen, das seinem Namen
auch gerecht wird. Digitalisierung darf nicht nur auf dem
Klingelschild stehen», sagte Präsident Ralf Wintergerst der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin.
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, ein neues
von der CDU geführtes Ministerium für «Digitalisierung und
Staatsmodernisierung» zu schaffen. Die genauen Aufgaben,
Zuständigkeiten, die Größe und der Standort des Ministeriums sind
weiterhin nicht bekannt. Darüber wird nach dpa-Informationen noch
verhandelt.
In rund zweieinhalb Wochen müsste Klarheit hergestellt sein: Am 6.
Mai möchte sich CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag zum
Bundeskanzler wählen lassen. Danach werden die Ministerinnen und
Minister ernannt.
Schwer aufzulösender Digital-Wirrwarr
Nach Ansicht von Bitkom sollten in dem neuen Ministerium wichtige
Themen wie Digitalpolitik, digitale Infrastruktur, die
Digitalisierung der Verwaltung und die Regulierung und Förderung von
Künstlicher Intelligenz und Plattformen gebündelt werden. Bisher sind
verschiedene Digitalthemen bei mehreren Ministerien und Unterbehörden
angesiedelt und es gibt Überschneidungen:
* Das Bundesinnenministerium kümmert sich um die Digitalisierung
der Bundesverwaltung und der Verwaltung für Bürger und Unternehmen
(digitale Behördengänge und Anträge, Online-Funktion des
Personalausweises zur Identifikation im Netz, Verwaltungsportale von
Bund, Ländern und Kommunen verknüpfen)
* Mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
ist das Innenministerium auch für Cybersicherheit zuständig.
* Das Thema Netzausbau und Netzinfrastruktur - also schnelle
Datennetze - ist im Verkehrsministerium angesiedelt, genauso wie das
Thema Datenpolitik, bei dem es um die Nutzung, den Umgang und den
Schutz von Daten geht. Datenschutz ist zudem Sache der Bundes- und
Landesdatenschutzbehörden.
* Auch die Bundesnetzagentur im Geschäftsbereich des
Bundeswirtschaftsministeriums beschäftigt sich mit
Netzinfrastrukturen. Die Agentur überwacht außerdem die
Zuverlässigkeit von Anbietern digitaler Signaturen und ob sich
Online-Dienste an europäische Vorgaben zu Hass- und Falschmeldungen
halten.
* Künstliche Intelligenz ist ein wichtiger Bereich unter anderem im
Bundesforschungsministerium, aber auch im Wirtschaftsministerium, das
Innovationen und Start-ups im KI-Bereich fördert.
* Daneben gibt es in allen Ministerien auch noch spezielle
Fach-Digitalthemen, etwa im Bundesgesundheitsministerium die
Digitalisierung im Gesundheitswesen (Stichwort elektronische
Patientenakte), im Bildungsministerium die Digitalisierung in der
Bildung (Stichwort Digitalpakt Schule) oder im
Bundesarbeitsministerium das Thema Auswirkungen der Digitalisierung
auf die Arbeitswelt.
* Vieles liegt zudem in der Hand von Ländern und Kommunen, die für
etliche Verwaltungsleistungen selbst zuständig sind.
Es ist nur eine Auswahl von Überschneidungen und verstreuten
Zuständigkeiten. Das vielzitierte «Bündeln» der Digitalpolitik, wie
es auch im Unionswahlprogramm mit der Bildung eines
Digitalministeriums angekündigt wurde, dürfte jedenfalls eine
Herausforderung werden.
Bitkom-Präsident Wintergerst ist dennoch überzeugt: «Ein gut
gemachtes Digitalministerium würde sich unmittelbar auf den Alltag
der Menschen und die Unternehmen auswirken.» Aus anderen Ländern
wisse man, dass die Digitalisierung von Staat und Verwaltung dann gut
funktioniere, wenn sie zentral aus einer Hand geregelt werde.
Deutschland hinkt Digitalisierungszielen hinterher
Deutschland hinkt seinen Zielen deutlich hinterher. Ursprünglich war
geplant, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch online
angeboten werden, also der Gang zum Amt entfällt. Das ist bis heute
nicht erreicht.
«Mit der Schaffung eines eigenständigen Digitalministeriums werden
wir eine starke Stimme für digitale Interessen am künftigen
Kabinettstisch haben», sagte Johannes Schätzl, stellvertretender
digitalpolitischer Sprecher SPD-Bundestagsfraktion der dpa. «Ich
plädiere insbesondere für die Bündelung der Themen digitale
Infrastruktur und digitale Verwaltung als zentrale Elemente der
digitalen Daseinsvorsorge und für die Stärkung unserer
Wettbewerbsfähigkeit im Digitalressort», fügte er hinzu.
Bayern und Hessen Vorreiter auf Länderebene
Auf Länderebene haben bisher Bayern und Hessen Digitalministerien.
Einer Übersicht des Bundesinnenministeriums zufolge sind beide im
Bereich digitale Verwaltung im Ländervergleich weiter vorangekommen
als die meisten anderen.
Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) sagte Anfang
März in einem Plädoyer für ein Bundesdigitalministerium, es brauche
eine zentrale Institution, die Deutschlands Aufbruch in das digitale
Zeitalter kraftvoll antreibe und klug gestalte. «Digitalisierung ist
zu wichtig, um weiterhin vom Verkehrsminister in seiner Mittagspause
verantwortet zu werden.»
Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU), über die einige
Medien zuletzt als mögliche Bundesdigitalministerin spekuliert
hatten, schrieb in einem Beitrag auf der Plattform Linkedin:
«Digitalministerium im Bund? Unverzichtbar. Denn wir müssen das Thema
Digitalisierung in einer anderen Geschwindigkeit und Dynamik nach
vorne entwickeln.»
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