E-Patientenakte soll Ende April starten Von Irena Güttel und Sascha Meyer, dpa

In drei Modellregionen werden sie schon getestet. Nun soll die ePA
schrittweise in die Fläche kommen. Was Patientinnen und Patienten
dazu wissen sollten.

Nürnberg/Berlin (dpa/lby) - In einigen Regionen ist die elektronische
Patientenakte (ePA) bereits Alltag in den Arztpraxen. Nun soll sie
überall in Deutschland kommen. Ende April soll es damit losgehen, wie
aus einem in Berlin bekanntgewordenen Brief des scheidenden
Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) an die Gesellschafter der
bundeseigenen Digitalagentur Gematik hervorgeht. 

Was kommt auf Patientinnen und Patienten zu? Und welche Erfahrungen
hat ein Hausarzt in Nürnberg damit gesammelt? 

Wie läuft die bundesweite Ausdehnung?

Seit 15. Januar haben 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich
Versicherten in ganz Deutschland eine ePA von ihrer Krankenkasse
angelegt bekommen. Das Zusammenspiel mit Praxen und Kliniken wurde
aber zunächst nur in drei Regionen getestet. Ab 29. April soll die
ePA in ganz Deutschland genutzt werden können. Ab 1. Oktober ist sie
in Arztpraxen und Kliniken verpflichtend, wie Lauterbach schreibt. 

Wie es in seinem Ministerium hieß, seien höchste Sicherheitsstandards
bei der ePA gültig. Als wählbares Angebot, um das man sich aktiv
kümmern musste, waren E-Akten bereits 2021 eingeführt worden. Sie
wurden aber kaum verwendet. Daher kehrte die Ampel-Koalition das
Prinzip mit einem Gesetz um: Jetzt bekommen alle eine E-Akte, außer
man widerspricht aktiv.

Welche Informationen werden in der ePA gespeichert?

Die elektronische Patientenakte soll Versicherte ein Leben lang
begleiten. In dem digitalen Speicher sollen etwa Arztbriefe, Befunde,
Laborwerte und verordnete Medikamente gesammelt werden. Zugriff
bekommen Praxen, Kliniken und Apotheken, wenn die Versicherten ihre
Krankenkassenkarte in deren Lesegerät stecken. Dieser ist regulär auf
90 Tage beschränkt. 

Über die Smartphone-App ihrer Krankenkasse können die Versicherten
Zugriffsrechte widerrufen oder selbst festlegen, welche Mediziner wie
lange Einsicht bekommen sollen. Auf diese Weise können sie auch
selbst Dokumente in die E-Akte hochladen, zum Beispiel selbst
geführte Blutdruck-Tagebücher oder wichtige Diagnosen aus der
Vergangenheit. 

Wie funktioniert die ePA in der Praxis?

300 Praxen, Apotheken und Kliniken in den drei Modellregionen Hamburg
und Umland, Franken und Teilen Nordrhein-Westfalens testen die ePA
bereits im Alltag. Darunter ist auch die Praxis des Nürnberger
Hausarztes Nicolas Kahl. «Es funktioniert noch nicht alles, aber es
läuft stabil», sagt er. 

Die Akte ist anfangs leer und wird bei der Behandlung mit Dokumenten
befüllt. Aktuell können Kahl und sein Praxis-Team PDF-Dateien etwa
von EKG oder Lungenfunktionstests in die ePA hochladen. Außerdem
werden alle E-Rezepte, die er ausstellt, automatisch dort
gespeichert. 

Seit dem Start der Pilotphase sind die Zugriffe auf die E-Akten nach
Angaben der mehrheitlich bundeseigenen Digitalagentur Gematik Schritt
für Schritt kräftig gestiegen - auf fast 304.000 in der vergangenen
Woche. Medikationslisten wurden fast 70.000 Mal aufgerufen. 

Welche Kritik gibt es?

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in den Modellregionen halten
es noch für zu früh für einen bundesweiten Start. «Ein Großteil d
er
Praxen verfügt zwar über das entsprechende ePA-Modul, allerdings
melden die Praxisteams weiterhin technische Probleme und
Herausforderungen bei der Integration in die Praxisabläufe zurück»,
heißt es von der KV Westfalen-Lippe. 

Zum Teil könne nicht auf E-Akten zugegriffen werden, oder es gebe
lange Ladezeiten. Auch die KV in Bayern sieht keine Fortschritte bei
der Problemlösung. Die Akzeptanz von Ärzten und Versicherten könnte
leiden, sollte die ePA zu früh starten.

Welche Vorteile bietet die ePA?

Fachleute sind überzeugt, dass die elektronische Patientenakte die
Behandlung verbessern kann. Dadurch könne er die Befunde von anderen
Ärzten sehen und müsse diesen nicht mehr hinterherrennen, sagt
Hausarzt Nicolas Kahl. Das spare Zeit und verhindere
Doppel-Behandlungen. «Es hilft uns, wenn wir einen Patienten nicht
gut kennen und dieser keine Auskunft über seine Medikamente geben
kann.» Das könne zum Beispiel helfen, gefährliche Wechselwirkungen
zwischen Medikamenten zu verhindern. 

«Es wird sich perspektivisch lohnen», ist sich Kahl sicher.
Allerdings werde das Monate, wenn nicht Jahre, dauern. Denn es kommen
nur Befunde und Medikamente in die E-Akten, die nach deren Start
gestellt beziehungsweise verschrieben wurden. Wenn Patienten ältere
Diagnosen oder Verordnungen hinterlegen wollen, müssen sie diese
selbst hochladen. Maximal zehn Dokumente seien jährlich möglich, sagt
Kahl. 

Wie ist die Akzeptanz?

Bei der AOK haben nach Angaben des Bundesverbands rund vier Prozent
der 27,49 Millionen Versicherten der ePA widersprochen. Bei der
Techniker Krankenkasse sind es sieben Prozent der 11,9 Millionen
Versicherten. Auch in der Praxis von Nicolas Kahl haben bisher nur
wenige Patienten und Patientinnen Vorbehalte geäußert. «Im
einstelligen Prozentbereich», sagt der 37-Jährige.

Seine Erfahrung: Wer die E-Akte ablehne, habe oft Angst, dass die
Daten in die falschen Hände geraten könnten. «Manche wollen auch
nicht, dass ich sehe, dass sie bei einem anderen Mediziner waren.»
Für die meisten Patienten aber sei die ePA überhaupt kein Thema, hat
er festgestellt. «Die haben gar nicht auf dem Schirm, dass sie eine
haben.»

Wie sicher sind die Gesundheitsdaten in der ePA?

Computerspezialisten und verschiedene Organisationen aus dem
Gesundheitswesen warnten vor dem Start in den Modellregionen vor
Sicherheitslücken, wodurch Unbefugte Zugriff auf alle E-Akten
bekommen könnten. Lauterbach betonte, es sei gelungen,
Sicherheitsprobleme für den Massenzugriff zu lösen, die der Chaos
Computer Club herausgearbeitet hatte. 

Die Expertin Bianca Kastl und Martin Tschirsich vom Chaos Computer
Club hatten sie aufgedeckt. Diese bestehen aus Kastls Sicht trotz
Updates weiter. «Bei den versprochenen Updates handelt es sich
lediglich um den Versuch der Schadensbegrenzung bei einem der vielen
von uns demonstrierten Angriffe», sagte sie. «Elektronische
Patientenakten lassen sich weiterhin mit geringem Aufwand angreifen.»

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