Grüße aus Riad: Das Snooker-Genie und sein WM-Geheimnis Von Patrick Reichardt, dpa

Im Januar zerstört Ronnie O'Sullivan voller Wut ein Queue. Danach
sagt er für sämtliche Turniere ab. In kaum einem anderen Sport ist
das Thema mentale Gesundheit so präsent wie im Snooker.

Sheffield (dpa) - Ronnie O'Sullivan lässt sich nicht drängen. Während

im altehrwürdigen Crucible Theatre von Sheffield die versammelte
Snooker-Welt auf ein Signal zu seiner WM-Teilnahme wartet, schickt
die alles überragende Legende der Billard-Variante ein paar
verwackelte Bilder aus Saudi-Arabien. Hier ein bisschen Training,
dort Grüße in die Kamera: O'Sullivan geht in Riad mal wieder seinen
eigenen Weg - den unkonventionellen.

Der 49 Jahre alte Engländer pendelt seit mehreren Dekaden zwischen
Genie und Wahnsinn. Im Kalenderjahr 2025 war von der sportlichen
Genialität bislang nicht viel zu sehen - von der anderen Seite
hingegen umso mehr.

Weltverband nennt «medizinische Gründe»

Im Januar hat O'Sullivan mit Wucht ein Queue zerstört und danach erst
seinen Champions-League-Start abgebrochen und im Anschluss die
Teilnahme beim wichtigen Masters abgesagt. Es war ein kurzer
Wutausbruch, wie er in dem feinen Sport voller Gentlemen absolut
unüblich ist.

Vor der am Samstag beginnenden WM stellt sich die Frage: Kehrt der
siebenmalige Weltmeister spontan und ohne Matchpraxis zurück? Oder
kommt nach mehr als drei Monaten Pause auch das wichtigste Turnier
der Welt zu früh für «The Rocket», wie O'Sullivan genannt wird? Der

Engländer ist nicht im herkömmlichen Sinne verletzt, auch wenn der
Weltverband im Januar «medizinische Gründe» für seine Absage
anführte.

Aushängeschilder sprechen über Depressionen

O'Sullivan plagen psychische Probleme. Der Sport-Star macht kein
Geheimnis aus der Diagnose Depression, die ihn seit Jahrzehnten durch
die Karriere begleitet. Als er sich zum Jahresstart schnell von der
großen Bühne verabschiedete, sagte er: «Es ist einfach zu viel
geworden.» 

Der Engländer machte sich danach rar. O'Sullivan entschuldigte sich
bei seinen Fans, die umsonst Tickets gekauft hatten, und reiste nach
Saudi-Arabien, wo er in der Hauptstadt eine eigene Akademie gegründet
hat.

Das Thema Depressionen ist im Snooker präsent wie in kaum einer
anderen Sportart. Es sind nicht nur die schillernden Aushängeschilder
des Sports betroffen - sie sprechen auch darüber. Wie der Engländer
Mark Selby, der vier WM-Titel erobert hat und über den Zeitraum von
zehneinhalb Jahren immer wieder die Nummer eins der Welt war.

Selbys größter Erfolg war kein WM-Titel

Bei Selby war der Tod des eigenen Vaters Auslöser für eine schwere
mentale Krise. «Mir ging es so schlecht, dass ich sogar daran gedacht
habe, mir das Leben zu nehmen. Es war hart», schilderte Selby. Als
seinen größten Erfolg bezeichnet der 41-Jährige keinen seiner
WM-Titel im Crucible Theatre, sondern seinen Mut, das noch immer
stigmatisierte Thema Depression öffentlich thematisiert zu haben.

Die bewegende Geschichte von O'Sullivan hat dabei sicher geholfen.
Der Engländer hat eindrücklich von seinen Dämonen berichtet und
geschildert, wie wenig er leisten kann, wenn diese ihn begleiten.
Auch in der derzeitigen Phase der Krise spricht «The Rocket»
vereinzelt in Interviews über seine Verfassung.

O'Sullivan: «Habe vergessen, was ich gemacht habe»

«Es wird keine einfache und schnelle Lösung geben», sagte O'Sullivan

jüngst der englischen Boulevardzeitung «The Sun». Aktuell sei es so,

dass er mal einen Schritt nach vorne komme und dann zwei zurück - an
anderen Tagen komme er zwei Schritte voran und falle wieder einen
zurück. Von einem wirklichen Fortschritt konnte er nicht berichten.

Der Familienvater versucht seit Jahren, seinen Beruf Profisportler zu
relativieren und Snooker als Spiel zu sehen. Aber auch ein Spiel kann
in der Depression extrem kompliziert werden. «Ich habe buchstäblich
vergessen, was ich früher gemacht habe», gestand O'Sullivan.

Snooker-Fans weltweit hoffen, dass sich das Genie schnell daran
erinnert - und schon bei der WM ein spektakuläres Comeback feiert.
Während O'Sullivan selbst sagt, schon ein einziges gewonnenes Match
wäre ein riesiger Erfolg, sehen ihn die Buchmacher im erweiterten
Favoritenkreis um den Titel.

Experte Rolf Kalb sagt bei Eurosport, ein triumphales Comeback «wäre
die größte Snooker-Story aller Zeiten». Eine WM ohne O'Sullivan gab
es letztmals im April 1992.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite