Wie könnte das neue Kabinett aussehen? Von Michael Fischer, Jörg Blank und Christoph Trost, dpa

Öffentlich wird noch nicht darüber gesprochen, hinter den Kulissen
aber schon lange heftig spekuliert: Wer wird was in der neuen
Regierung? Und wie viele Posten sind überhaupt zu vergeben?

Berlin (dpa) - Es ist eine eiserne Regel bei jeder Regierungsbildung:
Die Posten werden zum Schluss vergeben. Daran werden sich auch Union
und SPD in der entscheidenden Phase ihrer Koalitionsverhandlungen
halten, die am Freitag beginnt. Hinter den Kulissen wird aber längst
ausgiebig darüber diskutiert, wer in einem vom voraussichtlichen
Kanzler Friedrich Merz (CDU) geleiteten Kabinett was werden könnte.
Hier ein Überblick über die Spekulationen.

Wie viele Posten sind überhaupt zu vergeben?

Derzeit gibt es 15 Bundesministerien, deren Chefs und Chefinnen dem
Kabinett unter Leitung des Bundeskanzlers angehören. Daneben hat der
Kanzleramtschef den Rang eines Bundesministers. Macht zusammen 17
Mitglieder im ursprünglichen Ampel-Kabinett. Nach dem Ausstieg der
FDP aus der Koalition sind allerdings nur 15 übrig geblieben.

Bleibt es bei dieser Zahl?

Fast jede neue Regierungskoalition hat den Zuschnitt der Ministerien
an einer oder an mehreren Stellen verändert. Da sich Schwarz-Rot wie
schon die Ampel den Bürokratieabbau auf die Fahnen schreiben wird,
dürften es auf keinen Fall mehr Ministerien werden. Merz will aber
unbedingt ein Digitalministerium. Dafür müsste dann an ein anderes
eingespart oder wegfusioniert werden.

Welche Ministerien kommen dafür in Frage?

Die Union fordert in den Verhandlungen die Eingemeindung des
Entwicklungsressorts ins Auswärtige Amt. Die SPD, die mit Svenja
Schulze derzeit die Entwicklungsministerin stellt, stemmt sich
dagegen. Auch ein eigenständiges Ministerium für Bauen und Wohnen -
ebenfalls eine SPD-Domäne - gilt einigen in der Union als
verzichtbar. Es könnte zum Beispiel in einem Infrastrukturministerium
zusammen mit Verkehr aufgehen.

Welche Partei bekommt wie viele Posten?

Kanzler und Kanzleramtschef werden sicher von der stärksten der drei
Regierungsparteien CDU gestellt. Bei 15 Ministerien gilt die Formel
6-6-3 als die wahrscheinlichste: jeweils sechs Ministerien für CDU
und SPD und drei für die CSU - auch wenn einige in der CDU unter
Verweis auf die Kräfteverhältnisse bei der Wahl gerne mehr
Ministerien als die SPD hätten.

Ressortzuschnitt und Vergabe der Ministerien an die Parteien werden
in der Regel schon im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Auswahl
der Personen ist danach Sache der Parteien.

Wer wird Vizekanzler?

Die zentrale Frage bei der SPD ist: Was macht Parteichef Lars
Klingbeil? Er könnte weiter als Partei- und Fraktionschef den
Regierungskurs mitbestimmen. Als wahrscheinlicher gilt aber, dass er
Vizekanzler im Kabinett wird und von diesem Posten aus auf eine
Kanzlerkandidatur 2029 zusteuert.

Klingbeils Leidenschaft ist zwar die Außenpolitik. Statt ins
Auswärtige Amt dürfte es ihn aber eher ins deutlich mächtigere
Finanzministerium ziehen. Dafür gibt es noch einen weiteren Grund -
und der heißt Boris Pistorius. Der nach allen Umfragen beliebteste
Politiker Deutschlands will weiter Verteidigungsminister bleiben.
Dass die SPD sowohl das Außen- als auch das Verteidigungsministerium
bekommt, gilt aber als ausgeschlossen.

Wer würde denn dann aus der Union Außenminister?

Bleibt Pistorius Verteidigungsminister, könnten Kanzleramt und
Auswärtiges Amt erstmals seit fast 60 Jahren von derselben Partei
besetzt werden, der CDU. In der Union kursieren mehrere Namen.

Ex-NRW-Ministerpräsident Armin Laschet gilt als Vize-Präsident der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates und früherer
Europaparlamentarier als bestens vernetzt, mit guten Kontakten zu
Frankreich. Auch dem für Außen und Verteidigung zuständigen
Fraktionsvize Johann Wadephul, dem früheren Chef des Auswärtigen
Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, oder dem
Europaparlamentarier David McAllister werden Chancen auf das
Ministeramt eingeräumt.

Wer ist aus der CDU sonst noch fürs Kabinett im Rennen?

Als so gut wie gesetzt gilt Generalsekretär Carsten Linnemann für das
Wirtschaftsministerium. Der Parlamentarische Geschäftsführer der
Unionsfraktion, Thorsten Frei, wird gleich für drei mögliche Posten
gehandelt: Innenminister, Kanzleramts- oder Fraktionschef. Er gilt
als loyal und Vertrauter von Merz. Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn
gilt in der Union ebenso als ministrabel wie der stellvertretende
CDU-Chef Andreas Jung, der Klima- und Energieexperte der Fraktion. 

Und was ist mit den CDU-Frauen? 

Für das Bildungsressort wird die aktuelle schleswig-holsteinische
Bildungsministerin Karin Prien genannt. Die Niedersächsin und
stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher können sich etliche
als Familienministerin oder - sollte die CSU verzichten - als
Agrarministerin vorstellen.

Wer wird der Top-Vertreter der CSU im Kabinett?

Der mit Abstand stärkste CSU-Politiker auf dem Berliner Parkett ist
Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Entsprechend groß sind die
Erwartungen auch in der eigenen Partei, dass er ins Kabinett
wechselt. Ob Dobrindt, nach seiner Zeit als Verkehrsminister von 2013
bis 2017, nun tatsächlich wieder Minister werden will, wird er am
Ende aber frei entscheiden dürfen. Das gilt als wahrscheinlich, wenn
er ein gewichtiges Haus bekäme, etwa Innen oder Wirtschaft.

Wer ist aus der CSU sonst gesetzt?

Beste Chancen werden der früheren Digital-Staatsministerin im
Kanzleramt, Dorothee Bär, zugeschrieben. Für sie wird als denkbares
Ressort etwa das Forschungsministerium genannt.

Skurril ist: Der Einzige, der auf CSU-Ticket eigentlich gesetzt war,
ist raus: Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner, den CSU-Chef
Markus Söder gerne zum Agrarminister gemacht hätte, hat nach einer
Protestaktion von Tierschützern direkt auf seinem Hof seinen Rückzug
erklärt. Söder will weiterhin das Agrarressort besetzen -
möglicherweise mit der bayerischen Ressortchefin Michaela Kaniber?
Offen.

Wer aus der SPD schafft es neben «Klingorius» ins Kabinett?

Die SPD hat ein Problem: Sie hat zu viele ambitionierte Männer aus
Niedersachsen - allen voran Klingbeil und Pistorius. Sollte Hubertus
Heil Arbeitsminister bleiben, wären es schon drei. Er kann nur darauf
hoffen, dass Erfahrung und Beliebtheit das regionale Proporzdenken
schlagen.

Den bisherigen SPD-Ministern Wolfgang Schmidt (Kanzleramt) und Jörg
Kukies (Finanzen) werden kaum Chancen auf einen Verbleib im Kabinett
eingeräumt und auch Karl Lauterbach (Gesundheit) hat eher schlechte
Karten.

Wie viele Frauen schickt die SPD ins Kabinett?

Da die SPD ihre Posten paritätisch besetzen wird, dürfte es auf
höchstens drei Männer und drei Frauen hinauslaufen. Nancy Faeser wird
wohl nicht Innenministerin bleiben, weil ihr Ministerium
wahrscheinlich an die Union geht. Sie könnte aber zu Justiz wechseln.

Svenja Schulze würde gerne Entwicklungsministerin bleiben. Auch
Parteichefin Saskia Esken werden Ambitionen auf einen Kabinettsposten
nachgesagt, sie ist aber nicht erst seit der Wahlniederlage massiv
unter Druck.

Zu den ministrablen Frauen wird zudem die bisherige
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas gezählt, die allerdings auch als
mögliche Nachfolgerin von Lars Klingbeil an der Fraktionsspitze
gehandelt wird.

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