Union drängt auf Änderungen beim Cannabisgesetz Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa
Im Wahlkampf war CDU-Chef Merz gefragt worden, ob «Bubatz» legal
bleibe. Er konnte mit dem Slang-Begriff für Cannabis wenig anfangen
und fragte amüsiert zurück: «Was ist Bubatz?». Jetzt wird es ernst.
Berlin (dpa) - Die von der Ampel-Koalition beschlossene
Teillegalisierung von Cannabis zu Genusszwecken sollte aus Sicht von
Unionspolitikern reformiert oder sogar komplett rückabgewickelt
werden. «Als Union werden wir alles daransetzen, die negativen
Auswirkungen der Cannabislegalisierung zu stoppen, Drogenkriminalität
zu bekämpfen und den Jugendschutz zu stärken», sagt der
CDU-Rechtspolitiker Günter Krings der Deutschen Presse-Agentur.
Das Cannabisgesetz der Ampel sei «ein gefährlicher Irrweg» und müss
e
«rückgängig gemacht werden», betont der gesundheitspolitische
Sprecher der Fraktion, Tino Sorge. «Wie genau eine Lösung am Ende
aussieht, wird letztendlich von der künftigen Regierungskonstellation
abhängen», sagt der CDU-Politiker mit Blick auf die
Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD. Neue Studienergebnisse
aus Kanada zeigten einen besorgniserregenden Anstieg von Psychosen
nach der dort erfolgten Legalisierung von Cannabis. Diese Ergebnisse
dürften nicht ignoriert werden. Gleichzeitig betonte er, eine gute
Versorgung von Patienten mit Medizinalcannabis müsse auch weiterhin
sichergestellt werden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) will auf jeden Fall nicht zurück
zur alten Rechtslage. Sie spricht sich allerdings für mehrere
konkrete Änderungen aus.
Ampel argumentierte mit Entlastung der Polizei
Seit April vergangenen Jahres ist in Deutschland der nicht
medizinische Cannabiskonsum für Volljährige mit zahlreichen
Beschränkungen legal. Erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen
in Privatwohnungen. Aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis.
Zudem ist es nicht-kommerziellen «Anbauvereinigungen» mit Lizenz
erlaubt, gemeinschaftlich Cannabis für den eigenen Konsum anzubauen.
Die einstige Koalition von SPD, Grünen und FDP hat mit der Reform
vier wesentliche Ziele verfolgt:
* Die kontrollierte Abgabe von Cannabis mit einem bekannten
Wirkungsgrad und ohne giftige Beimengungen soll die Gesundheit der
Konsumenten schützen.
* Strenge Altersgrenzen und THC-Beschränkungen sollen Minderjährige
und junge Erwachsene vor den psychischen, physischen und sozialen
Auswirkungen des Cannabiskonsums bewahren.
* Durch eine Enttabuisierung soll Prävention erleichtert werden.
* Außerdem erhoffte man sich eine Eindämmung des Schwarzmarkts
durch legale Alternativen.
Für Unionspolitiker Krings ist jetzt schon klar, dass diese Ziele
verfehlt wurden. Er sagt: «Durch die Legalisierung wurde lediglich
der Schwarzmarkt ausgeweitet und die Justiz und Polizei stark
belastet.»
Auch die GdP sieht trotz der Entkriminalisierung des Kiffens in Bezug
auf Erwachsene in der Summe keinen Entlastungseffekt für die Polizei.
Sie verweist auf den Kontrollaufwand durch die Überwachungen von
Konsum-Verbotszonen, wie sie in einigen Kommunen dauerhaft oder
temporär - etwa bei Volksfesten - eingerichtet werden sowie auf
verstärkte Kontrollen im Straßenverkehr.
Höhere Nachfrage und größere Mengen
Auch von einer erfolgreichen Eindämmung des Schwarzmarkts mag
Alexander Poitz, Kriminalbeamter und stellvertretender
GdP-Bundesvorsitzender, nicht sprechen. Er sagt: «Gestiegene
Nachfrage, neue Zielgruppen, größere Mengen, Preise, Verfügbarkeit
und Konsumtouristen stärken eher kriminelle Strukturen als sie zu
schwächen.». Auch eine Unterwanderung der Anbauvereine sei zu
befürchten.
Denn der Verkauf von Cannabis bleibt strafbar. «Unsere Kolleginnen
und Kollegen haben vermehrt Sachverhalte im Zusammenhang mit Cannabis
im öffentlichen als auch privaten Raum sowie im Straßenverkehr
festgestellt», berichtet Poitz. Aktuelle Daten lägen zwar bislang
nicht vor, es sei aber zu vermuten, dass auch die Menge an
beschlagnahmten Cannabis für das Jahr 2024 zugenommen hat.
Die Reform komplett zu beerdigen, wäre aus seiner Sicht aber der
falsche Weg, sagt der GdP-Vize. Denkbar wäre etwa, anstelle von
Eigenanbau und Anbauvereinen den Verkauf in ausgewählten
Abgabestellen zu ermöglichen. «Dadurch wären zumindest eine gewisse
Verantwortung sowie die Kontrolle staatlicher Institutionen als auch
steuerrechtliche Vorteile abzuleiten», sagt er.
Verkauf in Modellregionen
Möglich ist dies schon jetzt über die sogenannte
Modellregionen-Regelung. Hier ist Hannover vorn, wo das Vorhaben von
der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der
Medizinischen Hochschule Hannover medizinisch und wissenschaftlich
begleitet wird.
Überlegungen beziehungsweise Vorbereitungen gibt es auch in Münster,
Köln, Düsseldorf und Frankfurt am Main. In Frankfurt sollen
registrierte Probanden in eigens errichteten Fachgeschäften fünf
Jahre lang legal Cannabisblüten und andere THC-haltige Produkte
kaufen können.
«Das Gesetz ist noch nicht ausgereift», findet Stefanie Grün. Die
Polizeihauptkommissarin aus Rheinland-Pfalz ist Mitglied im
GdP-Fachausschuss Schutzpolizei und hat langjährige Erfahrung mit
Drogenkontrollen im Verkehr. Wenn sie und ihre Kollegen jemanden
anhalten, der durch sein Fahrverhalten auffällt und dann auch noch
undeutlich spricht oder erweiterte Pupillen hat, bieten sie einen
Drogenschnelltest an.
Speicheltest oder Urintest
Praktisch sei das aber nicht mit so einem Urintest, sagt Grün. Den
Männern mache es meist nichts aus, hinter einem Busch in einen Becher
zu urinieren, angenehm sei das aber für alle Beteiligten nicht. Mit
Frauen müsse man ohnehin zu einer Toilette fahren, etwa an der
nächstgelegenen Tankstelle.
Fällt der Test positiv aus, ist ohnehin eine Fahrt zur
Polizeidienststelle nötig - für einen Bluttest. Denn erlaubt sind am
Steuer maximal 3,5 Nanogramm THC. Auf das Ergebnis des Tests warte
man dann sechs Wochen, der Verwaltungsaufwand sei hoch, beklagt die
Polizistin. Sie würde sich deshalb für die Kontrollen am Straßenrand
Speicheltests wünschen, wie sie nach Auskunft von Kollegen in zwei
Bundesländern bereits im Gebrauch seien.
Innenministerium verweist auf fehlende Erfahrungswerte
Aus Sicht des Bundesinnenministeriums ist es noch zu früh, die Folgen
der Reform zu bilanzieren. Eine Sprecherin teilt auf Nachfrage mit,
noch ließen sich keine grundsätzlichen Feststellungen zu Auswirkungen
der geänderten Rechtslage auf die Arbeit des Bundeskriminalamts und
die Organisierte Kriminalität treffen. Ergebnisse einer geplanten
Evaluierung sollten in der zweiten Jahreshälfte vorliegen.
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