Corona ist passé. Homeoffice bald auch? Von Michael Bauer, dpa
Pandemie und Lockdown - das war einmal. Gilt das bald auch wieder
fürs Arbeiten im Homeoffice, das viele Beschäftigte liebgewonnen
haben?
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Der Ausbruch der Corona-Pandemie vor fünf
Jahren hat die Gesellschaft und damit auch die Arbeitswelt gründlich
durcheinandergewirbelt. Zahlreichen Unternehmen gelang es damals,
ihren Betrieb einigermaßen aufrechtzuerhalten, weil die Beschäftigten
ihre Arbeit mit nach Hause nahmen. Das mobile Arbeiten wurde zum
Massenphänomen.
Auch wenn inzwischen einige Firmen ihr Personal wieder zurück ins
Büro geholt haben, lässt sich die Zeit nicht wieder auf den Zustand
vor Corona zurückdrehen, finden Vertreter von Wissenschaft,
Gewerkschaft und Arbeitgebern. Und das sei auch gut so.
Wenig Hinweise auf völliges Verschwinden
«Es deutet derzeit wenig darauf hin, dass Homeoffice und mobiles
Arbeiten in naher Zukunft flächendeckend wieder verschwinden werden»,
erklärt der hessische Landesverband im Deutschen Gewerkschaftsbund
(DGB). Vielmehr passten viele Unternehmen ihre Raumplanung
mittelfristig an und flexibilisierten ihre Arbeitsraumkonzepte.
Nach Ansicht der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU)
hat die Pandemie gezeigt, dass mobiles Arbeiten ein wichtiges
Instrument betrieblicher Flexibilität sei. Unternehmen und
Beschäftigte hätten gemeinsam Wege gefunden, digitale Arbeitsformen
sinnvoll einzusetzen.
Nicht alle Tätigkeiten geeignet
«Gleichzeitig wurde deutlich, dass nicht alle Tätigkeiten für mobiles
Arbeiten geeignet sind und dass Produktivität, Unternehmenskultur und
Teamdynamik darunter leiden können, wenn persönliche Zusammenarbeit
zu stark reduziert wird», erklärt VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk
Pollert. «Pauschale Regelungen greifen zu kurz.»
Studien zu Zufriedenheit und Wohlbefinden von Mitarbeitenden
«Für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und ihr Wohlbefinden
belegen die meisten Studien klare Vorteile von Homeoffice», erklärt
der Frankfurter Sozialpsychologe Rolf van Dick. Was die Produktivität
des mobilen Arbeitens angehe, gebe es Studien, die positive Effekte
zeigten. Es lägen aber auch Studien vor, die gar keine oder sogar
negative Auswirkungen belegten.
Das hänge unter anderem davon ab, ob man selbst bestimmen könne, ob
man zu Hause arbeiten wolle und wie viel, erklärt der Leiter der
Abteilung Sozialpsychologie an der Goethe-Universität.
Unternehmen sollen Entscheidung eigenständig treffen
Eine allgemeingültige Zahl, wie viele Arbeitgeber ihre Beschäftigten
wieder aus dem Homeoffice zurück ins Büro beordert haben, liegt dem
Unternehmerverband nicht vor. «Klar ist aber: Während viele
Unternehmen mobiles Arbeiten beibehalten haben, setzen andere wieder
verstärkt auf Präsenzarbeit - besonders in Branchen, in denen
persönliche Zusammenarbeit essenziell ist», erklärt Pollert. Das sei
in der Produktion naheliegender als beispielsweise im
Dienstleistungssektor. «Wichtig ist, dass Unternehmen diese
Entscheidung eigenständig treffen können.»
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Nach Einschätzung des DGB haben viele Beschäftigte den Wunsch, im
Homeoffice oder mobil arbeiten zu können. «Wer diese Möglichkeit hat,
ist zufriedener mit seiner Arbeit und kann insbesondere Familie und
Beruf besser vereinbaren», erklärt Lisa Merz vom DGB-Landesverband
Hessen-Thüringen. «Homeoffice ist deshalb zum festen Bestandteil der
Arbeitswelt in Deutschland geworden.»
Kein Recht auf Homeoffice
Ein Recht auf Homeoffice oder mobiles Arbeiten besteht dem DGB
zufolge grundsätzlich zwar nicht. Dennoch könnten Betriebsräte mit
den Arbeitgebern Betriebsvereinbarungen abschließen, in denen
Homeoffice-Regelungen verbindlich geregelt werden, erklärt Merz.
Beschäftigte könnten sich dann darauf verlassen, dass diese
Regelungen auch verbindlich gelten.
Missbrauch die Ausnahme
Der in der Diskussion ums Homeoffice immer wieder gehörte Vorwurf,
dass Beschäftigte mobiles Arbeiten missbrauchten, um während der
Arbeitszeit private Dinge zu erledigen, trifft nach Beobachtung des
Unternehmensverbands in der wirklichen Arbeitswelt kaum zu. Es
handele sich um Einzelfälle, die nicht verallgemeinert werden
dürften, sagt Pollert.
Das Vertrauen in die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter bleibt nach Ansicht des Unternehmerverbands eine zentrale
Voraussetzung für das mobile Arbeiten. Es müssten klare Erwartungen
an Arbeitsleistung und Erreichbarkeit definiert werden, erklärt
Pollert weiter. Viele Unternehmen hätten deshalb Leitlinien für
mobiles Arbeiten entwickelt, die Verlässlichkeit und Effizienz
sicherstellen.
Faktor im Kampf um qualifizierte Beschäftigte
Wenn einzelne Firmen damit Schlagzeilen machten, dass sie Homeoffice
und mobiles Arbeiten wieder vollständig abschaffen wollen, sind das
nach Einschätzung des Gewerkschaftsbundes eher Einzelfälle. «Gerade
in Branchen, in denen Unternehmen um qualifizierte Beschäftigte
konkurrieren, dürfte sich das als Wettbewerbsnachteil herausstellen»,
findet Merz.
Der DGB ist mit dieser Einschätzung gar nicht weit von der
Arbeitgeberseite entfernt. «Gerade für gut ausgebildete Fachkräfte
ist mobiles Arbeiten ein wichtiger Faktor bei der Arbeitgeberwahl.
Unternehmen haben darauf reagiert und flexible Modelle etabliert, die
mobiles Arbeiten mit Präsenzzeiten kombinieren», sagt
VhU-Hauptgeschäftsführer Pollert.
Hybride Modelle
Entscheidend sei, dass mobiles Arbeiten betrieblich sinnvoll bleibe.
«Führung, Teambuilding und Innovation erfordern persönlichen
Austausch», sagt Pollert. Deshalb setzten viele Unternehmen auf
hybride Modelle, bei denen mobiles Arbeiten gezielt für Aufgaben
genutzt werde, die keine direkte Zusammenarbeit erfordern.
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