Meeresschaum laut Studie mit PFAS-Chemikalien belastet
Die Schaumberge, die sich oft an den Stränden von Nord- und Ostsee
türmen, laden manche Kinder zum Spielen ein. Kann der Kontakt
gefährlich sein? Eine Studie weist auf hohe Chemikalien-Gehalte hin.
Hamburg (dpa) - PFAS-Chemikalien, auch Ewigkeitschemikalien genannt,
finden sich einer Greenpeace-Studie zufolge in angespültem
Meeresschaum an Stränden der deutschen Nord- und Ostseeküste.
Experten der Umweltschutzorganisation nahmen im November und Januar
nach eigenen Angaben Schaumproben an Stränden auf der ostfriesischen
Insel Norderney, in Schleswig-Holstein auf der Insel Sylt und in
Sankt Peter-Ording sowie in Boltenhagen und Kühlungsborn in
Mecklenburg-Vorpommern. Alle Proben seien mit den Chemikalien
belastet, teilte Greenpeace mit.
PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) sind eine große Gruppe von
synthetischen Chemikalien, die weit verbreitet sind - unter anderem
in der Umwelt, im Trinkwasser und in der Nahrung. Sie werden seit
langem in vielen Industrien und in Haushaltsprodukten eingesetzt,
aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften sowie ihrer
Stabilität. Sie enthalten jedoch starke chemische Bindungen und sind
daher schwer abbaubar.
Menschen können PFAS vor allem über Nahrung und Trinken aufnehmen,
denn die Chemikalien gelangen in Böden, das Grundwasser,
Futtermittel, Verpackungen oder ins Meer. PFAS stehen im Verdacht,
krebserregend zu sein.
PFAS-Chemikalien in allen Schaumproben gefunden
Die PFAS-Konzentrationen, die nun an deutschen Stränden gefunden
wurden, sind laut Greenpeace vergleichbar mit Gehalten aus früheren
Studien in den Niederlanden, Dänemark und Belgien. Bislang gebe es
sonst keine Daten über die Belastung mit den Chemikalien im
Meeresschaum an deutschen Stränden.
Greenpeace ließ die genommenen Stichproben auf 31 PFAS-Chemikalien
untersuchen - 14 Substanzen davon wurden nachgewiesen. Die höchste
Konzentration wurde demnach in einer älteren Schaumprobe in
Kühlungsborn gefunden - dort lag der Wert bei rund 160.000 Nanogramm
pro Liter. Bei frischerem Schaum aus der Brandung, etwa auf Sylt,
wurde noch eine Konzentration von rund 96.000 Nanogramm pro Liter
gemessen.
Zum Vergleich: In Dänemark gibt es laut Greenpeace einen Grenzwert
für Badegewässer von 40 Nanogramm pro Liter. Die Proben aus
Deutschland liegen demnach alle zwischen 290- bis 3777-fach über
diesem Grenzwert. Die Umweltschützer bemängeln, dass deutsche
Behörden bislang keine entsprechenden Grenzwerte für Badegewässer
erlassen hätten. «Derzeit gibt es keine Umweltqualitätsnorm für PFA
S
in Meerwasser oder Meeresschaum.» Auch der ab kommendem Jahr geltende
deutsche Grenzwert für Trinkwasser von 100 Nanogramm pro Liter würde
demnach deutlich überschritten werden.
Landesgesundheitsamt warnt vor Verschlucken
Greenpeace kritisiert, dass in Deutschland nicht genug gegen die
Ewigkeitschemikalien unternommen wird. «In Dänemark und den
Niederlanden warnen die Behörden vor dem Kontakt mit Meeresschaum und
erklären, wie man sich nach einem Strandbesuch dekontaminiert», sagte
Julios Kontchou, Ökotoxikologe und Autor der Studie von Greenpeace in
einer Mitteilung. Deutsche Behörden testeten hingegen nicht mal
offiziell. Behörden sollten dazu auffordern, nach dem Kontakt mit dem
Meeresschaum die Haut gründlich mit klarem Wasser abzuwaschen, hieß
es.
In Niedersachsen empfehlen Experten für den vorsorglichen
Gesundheitsschutz - unabhängig von der PFAS-Belastung - grundsätzlich
nicht mit Meeresschaum zu spielen, den Schaum in den Mund zu nehmen
oder gar zu schlucken. Ein Infoblatt des Landesgesundheitsamts in
Niedersachsen aus dem vergangenen Jahr weist darauf hin, dass
Meeresschaum PFAS enthalten kann.
«Die Menge an PFAS im Meeresschaum variiert stark, je nach Standort
und Zeit, jedoch ist noch unklar, wodurch die PFAS-Konzentration im
Meeresschaum beeinflusst wird», heißt es in dem Schreiben. Wegen
einer «sehr geringen Konzentration an PFAS» stelle Schwimmen, Baden
und Spielen im Meerwasser aber kein gesundheitliches Risiko da.
Demnach können die Ewigkeitschemikalie vor allem durch das
Verschlucken durch den Mund in den Körper gelangen. Ein
Gesundheitsrisiko, dass PFAS über die Haut aufgenommen werden kann,
besteht demnach nicht.
Umweltminister: PFAS-Einsatz weiter reduzieren
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer zeigt sich alarmiert.
«Wir nehmen die Sorge wegen der PFAS-Konzentration ernst», sagte der
Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Für die nicht
abbaubaren Ewigkeitschemikalien gelte ein Minimierungsgebot. Aus
Sicht des Umweltministers sind demnach weitere gesetzliche
Beschränkungen und Verbote für weitere PFAS-Stoffgruppen nötig.
Die von Deutschland auf EU-Ebene geforderte Beschränkung und
Reduzierung des Einsatzes von PFAS werde daher ausdrücklich
unterstützt, sagte Meyer. Ebenso sollten nach den Empfehlungen der
Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) möglichst
europaweit einheitliche Grenzwerte festgelegt werden. So ließen sich
konkrete Risikobewertungen vornehmen.
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