Mutterschutz greift künftig auch bei Fehlgeburten

Bislang mussten sich Frauen nach einer Fehlgeburt krankschreiben
lassen, um sich zu erholen. Aber das hat der Bundestag nun per Gesetz
geändert. Ein Überblick.

Berlin (dpa) - Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine
Fehlgeburt erleiden, haben künftig Anspruch auf Mutterschutz. Ein
entsprechendes Gesetz hat der Bundestag am späten Abend einstimmig
verabschiedet. Doch was bedeutet das konkret? Und wie viele Frauen
sind betroffen? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie ist der Mutterschutz bislang geregelt?

Das Mutterschutzgesetz schützt die Frau insbesondere in der Zeit
unmittelbar vor und nach der Entbindung eines Kindes. Die
Schutzfristen beginnen grundsätzlich sechs Wochen vor der Entbindung
und enden im Regelfall acht Wochen danach. In dieser Zeit lassen
Frauen ihre Berufstätigkeit in aller Regel ruhen. Während der
Schutzfristen haben Frauen Anspruch auf Mutterschaftsleistungen, die
den vollen Lohn vor der Schwangerschaft ersetzen.

Was gilt bislang bei Fehlgeburten?

Als Fehlgeburt gilt aus medizinischer Sicht das vorzeitige Ende einer
Schwangerschaft bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Sie ist für viele
Betroffene eine einschneidende Erfahrung. Frauen, die eine Fehlgeburt
erleiden, sind in der Regel darauf angewiesen, dass sie ihr Arzt oder
ihre Ärztin krankschreibt, wenn sie das Bedürfnis haben, sich von der
Erfahrung zu erholen. Denn bisher sind für den Fall einer Fehlgeburt
weder eine Mutterschutzfrist noch Leistungen nach dem
Mutterschutzgesetz vorgesehen. Diese greifen aktuell nur für den
Fall, dass eine Frau ihr Kind ab der 24. Schwangerschaftswoche
verliert. Das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern. Die
familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher,
spricht von einem «wichtigen frauenpolitischen Meilenstein». Eine
Frau, die ihr Kind still geboren hat, müsse sich künftig nicht mehr
um eine Krankschreibung bemühen. Sie bekomme «einen Schutzraum, um
diesen schweren Verlust verarbeiten zu können», erklärte Breher. 

Was gilt bei Fehlgeburten künftig?

Das neue Gesetz sieht eine Staffelung vor - das heißt: Je weiter die
Schwangerschaft fortgeschritten ist, desto länger ist die
Mutterschutzfrist im Falle einer Fehlgeburt. Bei einer Fehlgeburt ab
der 13. Woche sind zwei Wochen Mutterschutz vorgesehen, ab der 17.
Schwangerschaftswoche dann sechs Wochen. Kommt es erst ab der 20.
Schwangerschaftswoche, also in einem bereits recht fortgeschrittenen
Schwangerschaftsstadium, zur Fehlgeburt, dann dürfen Frauen künftig
acht Wochen lang beruflich pausieren. Auch der Anspruch auf
Mutterschaftsleistungen soll auf Fehlgeburten ab der 13. Woche
ausgeweitet werden. Die Bezugsdauer richtet sich nach den genannten
Staffelungszeiträumen.

Was gilt künftig für Selbstständige?

Die Neuregelung gilt auch für Frauen, die selbstständig tätig und
gesetzlich krankenversichert sind. Nach Angaben aus der
Unionsfraktion, die den Entwurf federführend ins Parlament einbringt,
betrifft dies 75 bis 80 Prozent aller selbstständigen Frauen. Auch
Soldatinnen und Beamtinnen werden sich künftig im Falle einer
Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche auf eine
Mutterschutzfrist berufen können. Selbstständige, die privat
versichert sind, sind jedoch ausgenommen. In einem
Entschließungsantrag von Union, SPD und Grünen, der der dpa vorliegt,
wird die kommende Bundesregierung aufgefordert, eine Änderung auch
für diese Gruppe auf den Weg zu bringen. Dort heißt es: «Auch
selbstständig erwerbstätige Frauen, die privat krankenversichert
sind, sollen nach einer Fehlgeburt ausreichend Zeit zur Genesung
bekommen. Für diese Frauen muss zeitnah in einem umfassenderen
parlamentarischen Beratungsverfahren eine tragfähige und
praxistaugliche Lösung gefunden werden.»

Müssen betroffene Frauen künftig immer beruflich pausieren?

Nein. Wenn sich eine Frau ausdrücklich bereit erklärt, trotz
Fehlgeburt ab der 13. Woche arbeiten und die neue Mutterschutzfrist
nicht in Anspruch nehmen zu wollen, dann ist dies laut Gesetzentwurf
möglich. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) betonte, dass die
Neuregelung die Selbstbestimmung von Frauen stärke.

Ab wann gelten die Neuregelungen?

Nach der abendlichen Zustimmung des Bundestags treten die Regelungen
am 1. Juni dieses Jahres in Kraft. Einer Zustimmung des Bundesrats
bedarf das Gesetz nicht.

Wie viele Frauen können sich künftig darauf berufen?

Wie viele Frauen die Neuregelung jährlich betrifft, ist unklar. Nach
Angaben des Familienministeriums liegen weder zur Zahl der Frauen,
die in den vergangenen Jahren Mutterschutz in Anspruch genommen
haben, noch zur Zahl der Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden,
amtliche Statistiken vor. Die Grünen-Familienpolitikerin Franziska
Krumwiede-Steiner geht wie andere Expertinnen auf dem Gebiet davon
aus, dass in Deutschland jede dritte Frau von einer Fehlgeburt
betroffen ist. 

Unter Berufung auf Recherchen des Fraunhofer-Instituts für Angewandte
Informationstechnik (FIT) schätzt das Familienministerium, dass
jährlich etwa 90.000 Fehlgeburten stattfinden. Etwa 6.000
Fehlgeburten ereigneten sich demnach zwischen der 13. und 24.
Schwangerschaftswoche. Den Großteil der Fehlgeburten, 84.000,
erleiden Frauen bis zur 12. Schwangerschaftswoche. Für diese Fälle
ist kein Mutterschutzanspruch vorgesehen.

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