Deutlich überbelegt - Kritik am Berliner Maßregelvollzug
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter übt Kritik an den
Rahmenbedingungen des Berliner Maßregelvollzugs. Die Senatsverwaltung
stellt Besserung noch in diesem Jahr in Aussicht.
Berlin (dpa/bb) - Die Nationale Stelle zur Verhütung für Folter
kritisiert die Rahmenbedingungen des Berliner Maßregelvollzugs
deutlich. Insbesondere die Überbelegung des Krankenhauses für den
Maßregelvollzug (KMV) beanstandete die Nationale Stelle mit Bezug auf
ihren Besuch im April vergangenen Jahres, zu dem nun der Bericht
vorgelegt wurde. Je nach Belegungsdruck müssten untergebrachte
Personen auf am Fußboden liegenden Matratzen schlafen, heißt es im
Bericht, das erachte die Nationale Stelle als untragbar.
Zum Besuchszeitpunkt war das KMV mit 613 untergebrachten Personen bei
einer Kapazität von 549 Plätzen deutlich überbelegt. Seitdem hat sich
die Zahl der untergebrachten Patientinnen und Patienten auf 621
erhöht, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit auf Anfrage der dpa
mitteilte. Dem Besuchsbericht zufolge sei auch die Mehrfachbelegung
mit teils bis zu fünf Personen in einem Zimmer ein Problem, der
Mangel an Privatsphäre könne Aggressionen auslösen und Zwischenfäll
e
provozieren.
Problematisch sei außerdem die Personalsituation. Zum
Besuchszeitpunkt sei etwa ein Viertel der Stellen unbesetzt gewesen,
darunter über 100 Stellen im Bereich Pflege. Deswegen würden
Therapieangebote und Arztvisiten ausfallen.
Steigende Zahl an unterzubringenden Personen
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Wissenschaft und Pflege verwies
in einer Stellungnahme auf von Staatsanwaltschaften und Gerichten
zugewiesene steigende Zahl an Personen, die untergebracht werden
müssen, teils sogar am gleichen Tag.
Um die Kapazitäten zu erweitern, sollen Teile der ehemaligen
Jugendarrestanstalt in Lichtenrade im Bezirk Tempelhof-Schöneberg
voraussichtlich ab September oder Oktober genutzt werden, so die
Senatsverwaltung. Dort solle es 49 weitere Betten geben. Auch werde
das Haus 8 auf dem Gelände der ehemaligen
Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik weiterhin saniert, dort sollen etwa 60
weitere Plätze geschaffen werden.
Man befinde sich auch weiterhin in Verhandlungen mit anderen
Bundesländern, um Straftäter in anderen Anstalten unterzubringen.
Auch würden 25 Patienten zeitweise im Krankenhaus des Justizvollzugs
untergebracht, und es werde die temporäre Aufnahme in Krankenhäusern
der psychiatrischen Regelversorgung geprüft.
Akute Personalengpässe deutschlandweit
Bei der Personalsituation sei zu berücksichtigen, dass sämtliche
forensisch-psychiatrische Einrichtungen in Deutschland mit akuten
Personalengpässen konfrontiert seien. Die Arbeitsmarktlage sei
äußerst angespannt und die Bewerbersituation sehr schwierig. Derzeit
seien rund 79 Prozent aller Planstellen besetzt.
In den Maßregelvollzug kommen Straftäter, wenn ein Gericht sie als
psychiatrisch auffällig oder suchtkrank einstuft. Sie verbringen dort
teils mehrere Jahre. Ist kein Behandlungsplatz im Maßregelvollzug
frei, kommen Straftäter zunächst in die sogenannte Organisationshaft
im regulären Gefängnis. Dabei darf eine bestimmte Zeitspanne jedoch
nicht überschritten werden, sodass eine Entlassung droht.
Neue ärztliche Leitung
Zum Jahresbeginn hat Julia Krebs die ärztliche Leitung des Berliner
Maßregelvollzugs übernommen. Sie war seit 2016 in der Abteilung für
Psychiatrie und Psychotherapie des Justizvollzugskrankenhauses als
Oberärztin tätig. Der vorherige ärztliche Leiter des Krankenhauses,
Sven Reiners, hatte im April 2024 «aus Gewissensgründen» gekündigt.
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