Southport und die Folgen: Einzelgänger oder Terrorist? Jan Mies und Christoph Meyer, dpa
Den Angeklagten im Southport-Prozess erwartet lebenslange Haft. Im
Sommer waren drei Mädchen getötet worden. Die Hintergründe
beschäftigen die britische Politik und Gesellschaft.
London (dpa) - Großbritannien ringt nach dem Geständnis im
Mordprozess gegen den Southport-Angreifer um Einordnung und
Konsequenzen. Der 18 Jahre Angeklagte, der im Sommer drei Mädchen
während eines Taylor-Swift-Tanzkurses getötet haben soll, stünde fü
r
eine neue Art der Bedrohung, die terroristisch sein könnte, sagte
Premierminister Keir Starmer. Es seien «Einzelgänger, Außenseiter,
junge Männer», die verzweifelt nach Ruhm strebten.
In Liverpool wird heute (12.00 Uhr/MEZ) das Strafmaß verkündet. Der
18-Jährige hatte sich am Montag überraschend in allen 16
Anklagepunkten schuldig bekannt, darunter auch des versuchten Mordes
an acht weiteren Kindern sowie an zwei Erwachsenen. Ihn erwartet eine
lebenslange Haftstrafe. Seit dem Prozessauftakt beschäftigt die
britische Öffentlichkeit aber vor allem auch die Frage: Hätte die Tat
verhindert werden können?
Ähnlichkeiten zum Magdeburg-Anschlag
In Grundzügen ist die Debatte vergleichbar mit der in Deutschland
nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit sechs
Toten und fast 300 Verletzten. Der Southport-Angeklagte, zum
Tatzeitpunkt 17 Jahre alt, war in der Vergangenheit mehrfach
auffällig geworden. Die Behörden kannten ihn, unternommen wurde aber
nichts. Ein eindeutiger Terrorverdacht lag nicht vor. Der Täter in
Magdeburg, ein aus Saudi-Arabien stammender Arzt aus Bernburg, war in
den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen aufgefallen.
«Ich glaube, die Fälle könnten tatsächlich sehr ähnlich liegen. N
ach
allem, was wir bisher wissen, war der Täter von Southport zwar
Behörden bekannt, aber kein eingefleischter Dschihadist, sondern
jemand, dessen Motivation bestenfalls gemischt und instabil war»,
sagte Terrorismusexperte Peter Neumann vom King's College in London
der Deutschen Presse-Agentur. «Auch wenn dieser Tätertypus in
Großbritannien bereits seit Längerem bekannt ist, tun sich die
Behörden mit solchen Fällen nach wie vor schwer.»
Der Angeklagte hatte sich auch schuldig bekannt, ein biologisches
Gift und ein Handbuch einer Terrororganisation besessen zu haben. Der
Angreifer hatte bei der Tat am 29. Juli 2024 mit einem Messer
bewaffnet den Tanzkurs gestürmt. Die Mädchen im Alter von sechs,
sieben und neun Jahren starben.
Es seien nicht mehr nur Gruppen mit klaren politischen Zielen, von
denen die Bedrohung ausgehe, sagte Starmer. Auch begünstigt durch die
Verfügbarkeit im Internet würden die Einzeltäter zwar von
traditionellen terroristischen Gruppen inspiriert. «Aber sie sind auf
diese extreme Gewalt fixiert, anscheinend um ihrer selbst willen.»
Regierung lasst mögliches Behördenversagen untersuchen
Die Ankündigung des Premiers, die Terrorgesetze überprüfen lassen zu
wollen, wurde nach Starmers Rede umgehend kritisiert. Die Art und
Weise der Tat sei nicht neu für das Land, hieß es. Als erste Reaktion
auf das Schuldeingeständnis und die vielen offenen Fragen zur
Vorgeschichte des Angeklagten hatte Innenministerin Yvette Cooper
bereits am Montagabend eine öffentliche Untersuchung angekündigt.
Diese teils langwierigen und teuren Untersuchungen werden in
Großbritannien von der Regierung veranlasst und von unabhängigen
Stellen durchgeführt. Er werde nicht zulassen, dass von einem
Behördenversagen abgelenkt werde, «einem Versagen, das in diesem Fall
offenkundig auf der Hand liegt», sagte Starmer.
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