Barmer: 2060 eine Million Pflegebedürftige in Bayern
Immer mehr Menschen in Bayern werden pflegebedürftig. Das kostet. Die
Pflegeversicherung müsse dringend reformiert werden, fordert die
Barmer. Schon jetzt sei ein Heimplatz für viele zu teuer.
München (dpa/lby) - Die Zahl der Pflegebedürftigen in Bayern wird
nach Berechnungen der Krankenkasse Barmer enorm steigen. Zudem werden
die Betroffenen im Schnitt jeweils länger Hilfe benötigen. Um die
dadurch steigenden Kosten aufzufangen, müsse die Pflegeversicherung
reformiert werden, forderte Barmer-Landeschef Alfred Kindshofer in
München. Schon jetzt überfordere der Eigenanteil viele Betroffene
finanziell.
Denn der Eigenanteil für einen vollstationären Heimplatz im Freistaat
ist im vergangenen Jahr laut Barmer auf durchschnittlich 2.699 Euro
gestiegen. Das ist ein Anstieg um 53 Prozent seit dem Jahr 2018, als
ein solcher Platz im Schnitt noch 1.766 Euro kostete. «Eigenanteile
in diesem Umfang drohen die Legitimation der Pflegeversicherung zu
zerstören, die im Jahr 1995 an den Start ging, um pflegebedingte
Verarmung zu verhindern», urteilte Kindshofer.
Eine Million pflegebedürftige Bayern im Jahr 2060
Nach Berechnungen der Barmer wird es im Jahr 2060 eine Million
Pflegebedürftige in Bayern geben. 2040 dürften es bereits knapp
870.000 sein - während es im Jahr 2023 noch gut 590.000 waren. Die
Dauer der Pflegebedürftigkeit steigt demnach ebenfalls: Während sie
bei kürzlich Verstorbenen im Schnitt bei 3,9 Jahren lag, werde sie
sich bei aktuell Pflegebedürftigen mit durchschnittlich 7,5 Jahren
nahezu verdoppeln, heißt es im aktuellen Barmer-Pflegereport.
Zu dieser Entwicklung trägt zum einen die Alterung der Gesellschaft
bei, zum anderen aber auch der 2017 eingeführte neue
Pflegebedürftigkeitsbegriff. Seither liegt der Fokus nicht mehr nur
vorrangig auf körperlichen Einschränkungen, sondern auch psychische
und kognitive Beeinträchtigungen etwa bei Demenz kommen bei der
Bewertung zum Tragen.
Mehr als vier Fünftel werden von Familienmitgliedern gepflegt
Die Ausweitung der Anspruchsberechtigten hat natürlich Auswirkungen
auf die Kosten, die zudem durch die Lohnsteigerungen in der
Altenpflege in die Höhe getrieben wurden. Deshalb müsse nach der
Bundestagswahl eine effektive Begrenzung der Eigenanteile angegangen
werden, forderte Kindshofer. Dazu müssten die Leistungsbeträge
regelmäßig angehoben werden.
Auch in anderen Bereichen sehe er dringenden Reformbedarf. «Die
Beitragssatzerhöhung um 0,2 Beitragssatzpunkte reicht allenfalls für
das Jahr 2025», betonte der Barmer-Landeschef. Die Pflegeversicherung
müsse dringend, wie von der zerbrochenen Ampel-Regierung geplant, von
versicherungsfremden Leistungen befreit werden - dazu gehöre etwa die
Ausbildung von Pflegekräften.
Pflegezeit analog zur Elternzeit?
Nur so könne eine gute und menschenwürdige Pflege angesichts des
Zuwachses der Pflegebedürftigen um 70 Prozent in den nächsten 35
Jahren gewährleistet werden. Der Barmer-Landeschef regte zudem eine
steuerfinanzierte Pflegezeit für Angehörige analog zur Elternzeit an.
Mehr als vier Fünftel aller Pflegebedürftigen würden nämlich von
Familienmitgliedern gepflegt.
Auch müsse grundsätzlich darüber nachgedacht werden, ob das
derzeitige System mit der Fokussierung auf ambulante und
(teil-)stationäre Pflege zukunftsfähig sei. «Wir sagen nein», beton
te
Kindshofer. Es brauche quartiersnahe Wohnformen wie betreutes Wohnen,
Pflege-WG's oder Mehrgenerationenhäuser mit dem Ziel, mehr
Pflegebedürftige an einem Ort mit weniger Personal zu versorgen. «Es
geht am Ende des Tages um die Effizienz in dem System.»
Der Barmer-Pflegereport, der den statistischen Angaben zugrunde
liegt, greift auf die anonymisierten Versichertendaten der Kasse aus
den Jahren 2017 bis 2023 zurück. In Bayern hat die Barmer 1,1
Millionen Versicherte, was 8,5 Prozent der Bevölkerung entspreche.
Wegen der großen Datenbasis gelten die Ergebnisse als repräsentativ
für den Freistaat.
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