SPD will Steuersenkungen für fast alle und Milliardenfonds Von Theresa Münch und Michael Fischer, dpa

Steuern runter, Investitionen rauf, Renten stabil und Nein zu Taurus:
Mit diesen Themen und dem Slogan «Wir kämpfen für dich» bläst die
SPD
zur Aufholjagd. Bis zur Wahl bleiben noch 70 Tage.

Berlin (dpa) - Die SPD will nach einem Sieg bei der Bundestagswahl
fast alle Bürger entlasten, massiv Investitionen anschieben und dafür
sorgen, dass das Leben bezahlbar bleibt. «Als SPD sind wir fest davon
überzeugt: Soll es Deutschland besser gehen, dann muss es jedem
Einzelnen im Land besser gehen», heißt es im Entwurf für das
Wahlprogramm, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Am Dienstag
soll er im Willy-Brandt-Haus vom Parteivorstand beschlossen werden.

«Wir kämpfen für dich», verspricht die SPD darin. Diese kämpferis
che
Haltung dürfte angesichts der aktuellen Umfragen auch nötig sein -
denn die Sozialdemokraten liegen weiter deutlich hinter der Union.
Zuletzt allerdings holte die SPD in mehreren Umfragen leicht auf.
Demnach kommt die Partei von Kanzler Olaf Scholz auf 15 bis 17
Prozent, die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz auf 31 bis 34
Prozent. Mit diesen Themen blasen die Sozialdemokraten zur
Aufholjagd:

Steuern: Mehr Netto vom Brutto - aber nicht für alle

95 Prozent der Steuerzahler sollen entlastet werden. Wie das genau
passieren soll, bleibt aber vage. Unter anderem soll die
Mehrwertsteuer auf die meisten Lebensmittel von sieben auf fünf
Prozent gesenkt werden. Zugleich will die SPD bei denen stärker
zulangen, die viel Geld haben: Superreiche mit Vermögen über 100
Millionen Euro sollen eine Vermögensteuer zahlen.

Auch die Besteuerung von Erbschaften, Immobiliengewinnen und
Finanztransaktionen soll neu geregelt werden. Der
Solidaritätszuschlag für Bürger mit höheren Einkommen soll bleiben.


Konjunktur: Investitionsoffensive an der Schuldenbremse vorbei

Für mehr Investitionen in Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und
Wohnungsbau will die SPD einen sogenannten Deutschlandfonds
einrichten, aus dem Beteiligungen und Darlehen finanziert werden. Der
Staat soll 100 Milliarden Euro einzahlen, die kreditfinanziert sind,
aber als finanzielle Transaktion außerhalb der Schuldenbremse laufen.
Zugleich soll der Fonds auch privates Kapital zum Beispiel von
Versicherungen und Pensionskassen aufnehmen können.

Außerdem plant die SPD eine Investitionsprämie: Investitionen in
Maschinen und Geräte sollen mit zehn Prozent der Anschaffungssumme
über eine Steuererstattung gefördert werden.

Industrie: Weniger Stromkosten und Förderung für E-Autos

Die SPD verspricht bezahlbare Energie für Unternehmen. Dafür will sie
die wegen des Stromnetzausbaus steigenden Netzentgelte zuerst
stabilisieren, dann «schnellstmöglich» auf drei Cent pro
Kilowattstunde deckeln.

Zur Unterstützung der Autoindustrie soll der Kauf eines in
Deutschland produzierten E-Autos zeitlich befristet mit einem
Steuerabzug gefördert werden, nicht nur für Neuwagen, sondern auch
für junge Gebrauchte und Leasingmodelle.

Arbeit: Mindestlohn 15 Euro ab 2026

Die SPD will spätestens ab dem Jahr 2026 einen Mindestlohn von 15
Euro. Die Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachliche Gründe soll
untersagt werden - und die Sachgründe kritisch überprüft.

Bei Arbeitslosen sollen Zeiten für Qualifizierung nicht mehr auf die
Bezugsdauer des Arbeitslosengelds angerechnet werden. Außerdem will
die SPD ein Recht auf Weiterbildung und beruflichen Neustart in allen
Lebensphasen durchsetzen.

Finanzen: Schuldenbremse mit Ausnahme für Investitionen

Die SPD findet es richtig, für langfristige Investitionen Kredite
aufzunehmen. In der Schuldenbremse sollen dafür Ausnahmen geschaffen
werden. Außerdem sollen die Länder auch Kredite aufnehmen dürfen.
Regelungen für Notlagen und Wirtschaftsflauten sowie Vorgaben zur
Tilgung sollen angepasst werden.

Wohnen: Mieten begrenzen und günstiges Bauland

Die im nächsten Jahr auslaufende Mietpreisbremse soll entfristet
werden. Indexmieten sollen statt an die Inflationsrate an die
Entwicklung der Kaltmieten gekoppelt werden. In angespannten
Wohnlagen sollen die Mieten innerhalb von drei Jahren nur noch um
sechs Prozent steigen dürfen. Der Vermieter soll nicht mehr die
gesamte Grundsteuer auf seine Mieter umlegen dürfen. Außerdem sollen
Einheimische, vor allem junge Familien, von ihren Kommunen
vergünstigtes Bauland bekommen.

Rente: Stabile Absicherung

Die SPD will das Rentenniveau bei 48 Prozent festschreiben - dazu gab
es in der zerbrochenen Ampel-Koalition bereits einen Vorstoß, der
aber aktuell auf Eis liegt. Staatliche Förderung für private
Altersvorsorge sollen vor allem die bekommen, die sich das sonst
nicht leisten könnten. Eine Anhebung des Rentenalters lehnen die
Sozialdemokraten ab.

Familien: Neue Regeln fürs Elterngeld

Die SPD will eine Familienstartzeit: Für die ersten zwei Wochen nach
der Geburt sollen sich Partner und Partnerinnen bei voller
Lohnfortzahlung freistellen lassen können. Bei Fehlgeburten soll es
einen gestaffelten Mutterschutz geben.

Beim Elterngeld soll es stärkere Anreize für Väter geben: Jeder
Elternteil soll Anspruch auf sechs nicht übertragbare Monate
Elterngeld haben - und zusätzlich sollen sechs Monate frei auf beide
Elternteile verteilt werden können.

Gesundheit: Termingarantie beim Arzt und gedeckelte Pflegekosten

Es soll für privat und gesetzlich Versicherte keine Unterschiede bei
Wartezeiten und Behandlungsmöglichkeiten mehr geben. Die SPD
verspricht eine «Termingarantie der Krankenkassen und
Kassenärztlichen Vereinigungen». Der Eigenanteil für die stationäre

Langzeitpflege soll auf 1.000 Euro im Monat gedeckelt werden.

Verkehr: Fernzug-Halte, Tempolimit, Hilfe beim Führerschein

In allen Großstädte sollen Fernzüge halten, es soll mehr
ICE-Sprinter, Nachtzüge und europaweite Schnellzugverbindungen geben.
Das Deutschlandticket soll dauerhaft angeboten werden.

An jedem Supermarktparkplatz und an jeder Tankstelle soll es
Schnellladesäulen für E-Autos geben. Auf Autobahnen soll ein
Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde gelten. Der Führerschein
soll billiger werden - durch einen staatlichen Zuschuss von 500 Euro
für alle jungen Leute im 17. Lebensjahr. Das Geld sollen sie aber
auch für Bahntickets nutzen dürfen.

Klima: Paradigmenwechsel bei der Förderpolitik

Die SPD will beim Klimaschutz mehr auf gemeinschaftliche Lösungen wie
stadtteilübergreifende Wärmenetze setzen und weniger auf den
einzelnen Bürger. Staatliche Förderung sollen vor allem diejenigen
bekommen, die sich den Umstieg auf klimafreundliche Technologien wie
eine Wärmepumpe oder ein E-Auto sonst nicht leisten können. «Dann
aber auch so viel, wie gebraucht wird», verspricht die SPD.

Sicherheit: Mehr Schutz vor sexueller Gewalt

Die Personalstärke bei den Sicherheitsbehörden soll weiter ausgebaut
und der Schutz vor sexueller Gewalt und vor Hasskriminalität durch
Gesetzesverschärfungen verbessert werden. Der Schutz vor
Diskriminierung im Grundgesetz soll auf sexuelle Orientierung und
geschlechtliche Identität erweitert werden.

Migration: Schnellere Abschiebungen, keine externen Asylverfahren

Die SPD setzt sich zwar für «rasche wie konsequente Abschiebungen»
insbesondere von Straftätern ein, bevorzugt aber weiterhin die
freiwillige Rückkehr von Migranten ohne Bleiberecht in ihre
Herkunftsländer. Der Verlagerung von Asylverfahren in Länder
außerhalb der Europäischen Union erteilt sie dagegen eine klare
Absage.

Verteidigung: Mindestens zwei Prozent des BIP

In die Verteidigung sollen auch künftig «mindestens zwei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts» fließen. Das entspricht dem derzeitigen
Nato-Ziel mit Luft nach oben. Außerdem enthält das Programm ein
klares Bekenntnis zu der auch innerhalb der SPD umstrittenen
Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland, die Kanzler
Olaf Scholz (SPD) im Sommer beim Nato-Gipfel überraschend mit dem
scheidenden US-Präsidenten Joe Biden ausgehandelt hat.

Wehrdienst: Neues Modell, aber keine Pflicht

Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnt die SPD ab. Sie will aber
einen «neuen, flexiblen Wehrdienst» einführen, der freiwillig ist und

sich «am Bedarf der Bundeswehr» orientieren soll. Details werden
allerdings nicht genannt. Junge Leute haben bereits jetzt die
Möglichkeit, freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr zu leisten.

Ukraine: Nein zu Taurus, nichts zu Sicherheitsgarantien

Die Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Land sollen
«mit Besonnenheit und Augenmaß» fortgesetzt werden. Dabei soll aber
die Maxime gelten, dass Deutschland und die Nato nicht zur
Kriegspartei werden. Dazu gehört auch: Die von der Ukraine schon im
vergangenen Jahr erbetenen Taurus-Marschflugkörper werden nicht
geliefert.

Zur aktuellen Diskussion über einen Nato-Beitritt der Ukraine, eine
Friedenstruppe im Fall eines Waffenstillstands oder andere
Sicherheitsgarantien für die Ukraine enthält das Wahlprogramm nichts.

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