Untersuchung zu Verschickungskindern im Viktoriastift

Kinder sind früher für einige Wochen in Heime geschickt worden, um
gesünder zu werden. Doch stattdessen haben manche Traumata erlitten.
Eine Klinik in Bad Kreuznach bemüht sich um Aufklärung.

Bad Kreuznach/Koblenz (dpa/lrs) - Zehntausende sogenannte
Verschickungskinder sind laut einer Vor-Studie der Universität
Koblenz im damaligen Viktoriastift in Bad Kreuznach untergebracht
worden. Zu Hochzeiten habe es Platz für etwa 350 bis 360 Kinder
gegeben, sagt Frank Müller, Kaufmännischer Direktor der Klinik
Viktoriastift. «Wir haben jetzt erfahren: Das damalige Viktoriastift
hatte in Bad Kreuznach, wahrscheinlich sogar in der Bundesrepublik,
durchaus eine Flaggschiff-Größenordnung.»

In den 50er bis 80er Jahren wurden in Deutschland Kinder für mehrere
Wochen in Heime geschickt, um sich zu erholen und die Gesundheit zu
fördern. Doch einige Betroffenen berichten von strengen Methoden,
Zwang und Schikane - auch im damaligen Viktoriastift. Belastbare
Zahlen dazu liegen aber nicht vor.

Das Landeskrankenhaus hat die Klinik Viktoriastift 2016 übernommen
und sich nach ersten Hinweisen mit der Bitte um eine Untersuchung an
die Universität Koblenz gewandt. Beim Bundeskongress des Vereins
«Initiative Verschickungskinder» an diesem Wochenende stand auch die
Vorstellung der Ergebnisse dieser Vor-Studie auf dem Plan.

Nicole Hoffmann, Professorin für Pädagogik an der Uni Koblenz, und
ihre Kolleginnen sprachen für die Untersuchung auch mit Betroffenen.
Sie berichteten demnach von überfordertem Personal, das medizinisch
nicht qualifiziert war. «Etwa ein Schlafsaal mit 30 Jungs und zwei
Pflegerinnen», sagt Hoffmann. «Es war ein sehr, sehr strenges
Regime.» Es sei zu Schikanen und Drangsalierungen gekommen.