Hebammenverband fordert mehr Personal und bessere Bezahlung Von Bernd Glebe, dpa
Es wird genügend Hebammen-Nachwuchs in Rheinland-Pfalz ausgebildet.
Männer sind jedoch Exoten in dem Beruf geblieben.
Mainz/Koblenz (dpa/lrs) - Die rheinland-pfälzischen Hebammen machen
sich für mehr Personal in den Kliniken und eine bessere Bezahlung für
die selbstständigen Geburtshelferinnen stark. Dringend nötig sei auch
eine Registrierung der Hebammen im Land, um eine gute und
zuverlässige Versorgungsplanung zu erstellen, sagte die Vorsitzende
im Hebammen-Landesverband Rheinland-Pfalz, Juliane Müller, in
Koblenz.
In Rheinland-Pfalz müsse man nicht von einem Hebammen-Mangel
sprechen. «Wir bilden im Land auch ausreichend Hebammen-Studentinnen
aus», versicherte die Landeschefin. «Wir brauchen aber sowohl für die
jungen Kolleginnen, die nachkommen, als auch für die alteingesessen
bessere Arbeitsbedingungen und auch eine angemessene Bezahlung. Sonst
verlieren wir weiterhin unsere erfahrenen Kolleginnen und zusätzlich
die neu gewonnenen Kolleginnen auch relativ schnell wieder.»
Personalmangel in Kliniken
Der Personalmangel in den Klinken resultiere daraus, dass aus
wirtschaftlichen Gründen Stellenpläne ungenügend besetzt und zu
wenige Hebammen eingestellt würden, sagte Müller. «Die Stellenpläne
der Kliniken funktionieren, wenn keiner im Urlaub ist und alle gesund
sind.» Sobald die Ferien starteten und die Urlaubs- und
Erkältungszeit komme, gebe es aber Probleme und die Teams seien
unterbesetzt.
Die Dienste seien oft zehn bis elf Tage am Stück im Schichtdienst.
Danach folgten drei bis vier Tage Pause. Da die Erholungszeiten auch
oft kurz seien und man zusätzlich einspringen müsse, erkranke das
Personal immer häufiger und die Ausfallphasen dauerten länger an,
berichtete die Verbandsvorsitzende. «Die Hebammen in den Kliniken
sind oft total ausgepowert.»
Keine Anhebung der Gebührenordnung
Die freiberuflichen Hebammen, die vor allem für Vor- und Nachsorge im
Einsatz seien, kämpften bereits seit mehreren Jahren für eine bessere
Bezahlung. Seit dem Januar 2018 sei die Gebührenordnung nicht
angehoben worden. Das bedeute, dass eine Hebamme in einem Kurs pro
Frau nur 7,96 Euro abrechnen könne, erklärte Müller. «Viele geben
deshalb ihre Selbstständigkeit auf, weil sie das aus finanziellen
Gründen nicht mehr schaffen.»
Seit dem Jahr 2020 ist die Ausbildung zur Hebamme in Rheinland-Pfalz
voll akademisiert. Auch um die jungen und neu gewonnen Kolleginnen
nicht gleich wieder zu verlieren, seien bessere Arbeitsbedingungen
und eine angemessene Bezahlung wichtig, betonte Müller, die seit
Anfang des Jahres den Landesverband mit seinen rund 1.000 Mitgliedern
leitet. Im deutschen Hebammenverband sind etwa 22.000 Mitglieder
registriert. Die Zahl der in Deutschland arbeitenden Hebammen wird
auf etwa 27.000 geschätzt.
Neue Ausbildung
Im Schuljahr 2019 befanden sich an den Hebammenschulen in
Rheinland-Pfalz noch 148 Auszubildende. Im Jahr 2022 waren es 165,
wie das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit auf eine
parlamentarische Anfrage der CDU-Landtagsfraktion mitteilte. An den
Hebammenschulen konnten Ende 2022 letztmalig Auszubildende eine
Ausbildung beginnen. Daher zeichne sich im Jahrgang 2023 ein Rückgang
auf 106 Auszubildende ab.
Dass die Ausbildung von Hebammen mittlerweile akademisch angelegt
ist, geht auf das Anfang 2020 in Kraft getretene Hebammenreformgesetz
zurück. Dort ist geregelt, dass angehende Hebammen künftig in einem
dualen Studium ausgebildet werden. Der Abschluss ist Voraussetzung,
um die Berufsbezeichnung Hebamme führen zu dürfen. Für ein solches
Studium braucht es eine Hochschulzugangsberechtigung, also etwa
Abitur oder die Fachhochschulreife, oder eine abgeschlossene
Berufsausbildung in der Gesundheits- oder Krankenpflege.
Studiengänge in Ludwigshafen und Mainz
An der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen wird
seit dem Wintersemester 2021/2022 der Bachelorstudiengang
Hebammenwissenschaft mit einer jährlichen Aufnahmekapazität von 46
Studienplätzen angeboten. Seit dem Wintersemester 2023/2024 bietet
auch die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fachbereich
Universitätsmedizin, einen entsprechenden Bachelorstudiengang mit
einer jährlichen Aufnahmekapazität von 30 Studienplätzen an.
Die Geburtenanzahl stieg in Rheinland-Pfalz von 2009 bis zum Jahr
2023 um 3.612 Kinder an. Im vergangenen Jahr wurden 34.493 Geburten
im Land gezählt. Durch die steigende Zahl an Geburten wuchs auch der
Bedarf an Hebammen. Deswegen seien auch die Kapazitäten an
Ausbildungsplätzen landesweit ausgebaut worden, berichtete das
Ministerium. Zudem werde die Einrichtung von hebammengeleiteten
Kreißsälen an sieben Geburtskliniken in Rheinland-Pfalz gefördert.
Drei Hebammenzentralen im Land
Gefördert werden den Angaben zufolge auch die drei Hebammenzentralen
im Land in der Vulkaneifel, in Trier und in Mainz/Mainz-Bingen. Die
finanzielle Unterstützung einer Hebammenzentrale in Altenkirchen sei
beantragt. Zudem gebe es eine Initiative zur Gründung einer
Hebammenzentrale im Westerwaldkreis. Der Landesregierung seien auch
erste Überlegungen anderer Landkreise bekannt. Diese seien jedoch
noch nicht konkret geworden, berichtete das Ministerium.
Die Vorsitzende des Landesverbands begrüßte die Einrichtung von
Hebammenzentralen, da diese mit ihren unterschiedlichen Profilen in
Vermittlung, Betreuung und auch Vertretungsregelungen sowohl die
optimale Versorgung der Familien förderten, als auch eine gute
Unterstützung für die Geburtshelferinnen seien. Nach ihren Angaben
sollen neben den drei bereits bestehenden drei weitere Zentralen in
Rheinland-Pfalz in Planung sein.
Der Anteil von Männern unter den Hebammen sei derweil verschwindend
gering, berichtete Müller. In Rheinland-Pfalz sei kein Mann im
Landesverband registriert. Bundesweit liege die Zahl nach Schätzungen
im zweistelligen Bereich. Da sich die Gesellschaft immer mehr wandele
und von alten Traditionen löse, wäre auch ein Wandel in diesem Beruf
möglich, sagte Müller. Die Geburt sei zwar ein sehr intimer Prozess,
den aber auch männliche Hebammen einfühlsam begleiten könnten.
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