Trumps und Harris' erstes TV-Duell im Faktencheck Von Serhat Koçak, dpa
Knapp zwei Monate vor der US-Präsidentenwahl treffen Kamala Harris
und Donald Trump im mit Spannung erwarteten TV-Duell aufeinander. Wer
sagt die Wahrheit, wenn es um die Überzeugung der Wähler geht?
Philadelphia/Berlin (dpa) - Rund zwei Monate vor der US-Wahl haben
sich die beiden US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und
Donald Trump bei ihrem ersten TV-Duell einen hitzigen Schlagabtausch
geliefert. In Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania warfen sie
einander vor, das Land heruntergewirtschaftet zu haben, keinen Plan
für die drängenden Probleme zu haben und Lügen zu verbreiten. Ein
prüfender Blick auf die Aussagen:
Trumps Behauptung
Trump habe während seiner Amtszeit «praktisch keine Inflation»
gehabt. Präsident Biden und Kamala Harris hätten die höchste
Inflation in der Geschichte der USA.
Bewertung
Das ist falsch.
Fakten
Seit Gründung der Vereinigten Staaten im Jahr 1776 wurde die höchste
jährliche Inflationsrate im Jahr 1778 mit 29,78 Prozent verzeichnet.
Im Zeitraum seit der Einführung des Verbraucherpreisindexes lag die
höchste Inflationsrate im Jahr 1917 bei 20,49 Prozent.
Die Inflation war zu Trumps Amtszeit niedriger als heute, aber sie
existierte: Etwa kumulierte 8 Prozent für seine Präsidentschaft
(gegenüber 19 Prozent unter Präsident Biden bisher) und 1,4 Prozent
im Jahresvergleich im letzten Monat seiner Amtszeit gegenüber den
aktuellen 2,9 Prozent (Stand: Juli 2024).
Trumps Behauptung
Die Politik der Demokraten erlaube Abtreibungen im neunten Monat
einer Schwangerschaft oder sogar die Tötung von Neugeborenen nach der
Geburt.
Bewertung
Das ist falsch.
Fakten
Eine vorsätzliche Tötung eines Neugeborenen ist strafrechtlich als
Kindstötung eingestuft und in den gesamten USA illegal. Das gilt auch
für demokratische Staaten. Harris spricht sich dafür aus, zum
landesweiten Recht auf Abtreibung zurückzukehren, das der Oberste
Gerichtshof vor zwei Jahren abgeschafft hatte. Dieses schützte das
Recht auf Abtreibung bis zur Lebensfähigkeit des Fötus, was ab etwa
24 Schwangerschaftswochen der Fall ist.
Seitdem das Oberste Gericht der USA das landesweite Recht auf
Abtreibung gekippt hat, entscheiden die einzelnen Bundesstaaten über
die rechtlichen Vorgaben für Schwangerschaftsabbrüche. Ein
rechtlicher Flickenteppich ist entstanden. In einigen Bundesstaaten
ist Abtreibung fast unter allen Umständen verboten, in anderen
konservativ regierten Bundesstaaten gibt es weitgehende
Restriktionen.
Harris' Behauptung
Trump habe behauptet, dass der Klimawandel erfunden sei.
Bewertung
Das ist richtig.
Fakten
Donald Trump ist seit seiner Kandidatur kein Verfechter des
Klimawandels und hat die Existenz eines von Menschen verursachten
Klimawandels regelmäßig angezweifelt. 2012 behauptete er, das Konzept
der globalen Erwärmung sei von den Chinesen erfunden worden, um der
Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Industrie zu schaden. Im
Wahlkampf versprach er den Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag.
So wurde in seinem Wahlkampf gegen Hilary Clinton auch der ehemalige
US-Präsident oftmals Zielscheibe seiner Behauptungen.
Trumps Behauptung
«Ich hatte mehr Stimmen als jeder Republikaner in der Geschichte.
Sogar bei weitem als jeder amtierende Präsident.»
Bewertung
Das ist wahr.
Fakten
Der Demokrat Joe Biden erhielt bei der Präsidentschaftswahl 2020 laut
den offiziellen Wahlergebnissen etwa 81,2 Millionen Stimmen, die ihn
zum Sieg führten. Sein republikanischer Kontrahent Trump dagegen
bekam rund 74,2 Millionen Stimmen, also deutlich weniger. Dennoch war
Trumps Wahlergebnis die höchste Stimmenzahl für einen
republikanischen Kandidaten oder einen amtierenden Präsidenten.
Allerdings gibt es die Besonderheit im US-Wahlsystem, dass nicht
immer der Kandidat mit den landesweit meisten Wählerstimmen den Sieg
davonträgt. Denn der Präsident und der Vizepräsident der USA werden
formell durch ein sogenanntes Wahlkollegium (Electoral College)
gewählt. Die Mitglieder dieses Kollegiums werden durch die
Volksabstimmung in jedem Staat gewählt.
Aufgrund des in fast allen Staaten geltenden Mehrheitswahlrechts
erhält der Gewinner eines Staates alle Wahlleute - selbst bei knappen
Siegen. Um zum Präsidenten gewählt zu werden, muss ein Kandidat die
Mehrheit der Wahlstimmen erhalten. So gewann Trump die
Präsidentenwahl 2016 gegen Hilary Clinton, obwohl seine demokratische
Rivalin landesweit mehr als 2,8 Millionen Wählerstimmen vor ihm lag.
Harris' Behauptung
Trump habe die schlimmste Arbeitslosigkeit seit der «Großen
Depression» hinterlassen.
Bewertung
Fehlender Kontext.
Fakten
Harris beklagte, Trump habe das Land 2021 in einem desaströsen
Zustand hinterlassen - mit der größten Arbeitslosigkeit seit der
«Großen Depression», der schlimmsten Epidemie im Gesundheitswesen
seit einem Jahrhundert und mit dem schlimmsten Angriff auf die
amerikanische Demokratie seit dem Bürgerkrieg. «Und was wir getan
haben, ist Donald Trumps Chaos aufzuräumen.»
Die sogenannte Große Depression hatte bis 1933 in fast allen
Industrieländern der Welt zu Massenarbeitslosigkeit, sinkenden
Preisen und Löhnen sowie Bankenkrisen geführt. Im April 2020, als
Trump damals noch im Amt war, erreichte die Arbeitslosenquote einen
Höchststand von 14,8 Prozent - nach Angaben des «Bureau of Labor
Statistics» war dies tatsächlich der höchste Stand seit der Großen
Depression.
Als Trump im Januar 2021 aus dem Amt schied, ging die
Arbeitslosigkeit jedoch auf 6,4 Prozent zurück, da die Wirtschaft
begann, sich wieder zu erholen. Diese Arbeitslosenquote von 6,4
Prozent ist entgegen Harris' Behauptung noch immer besser als der
Höchststand von 10 Prozent während der «Großen Rezession» im Okto
ber
2009.
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