«Eugenik»-Aussage von Kassenärztechef sorgt für Kritik
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen hat sich in einem
Vorwort zur Humangenetik geäußert und von «Eugenik» gesprochen. Das
stößt auf Kritik. Der Ruf nach Konsequenzen wird laut.
Dresden (dpa/sn) - Mit einem Leitartikel zum Thema Humangenetik hat
der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, Klaus Heckemann, eine
Welle der Kritik ausgelöst. Er schreibt darin unter anderem von
genetischer Diagnostik und «Eugenik in ihrem besten und humansten
Sinn». Der Hauptausschuss der Kassenärztliche Vereinigung Sachsen
(KVS) distanzierte sich in einer Mitteilung von diesen Aussagen
«hinsichtlich Stil, Wortwahl als auch inhaltlicher Positionierung»
nachdrücklich.
«Eugenik» steht für die Lehre der vermeintlich guten Erbanlagen. Die
Nationalsozialisten verübten unter dem Deckmantel dieses Begriffs
Massenmorde an behinderten Menschen zum Zweck der vermeintlichen
«Erb- und Rassenhygiene».
In seinem Leitartikel, der in der Juni-Ausgabe der «KVS-Mitteilungen»
erschien, beschreibt Heckemann eine «Zukunftsvision» zu Gentests.
Allen Frauen mit Kinderwunsch soll demnach eine komplette
Mutationssuche nach erblichen Erkrankungen angeboten werden.
Der Hauptausschuss der Kassenärztliche Vereinigung Sachsen schrieb,
Heckemanns Äußerungen rückten ein gesellschaftlich wie medizinisch
relevantes und sehr bedeutendes Thema in ein falsches Licht. Er habe
damit eine Grenze überschritten. Der Hauptausschuss werde mit der
Vertreterversammlung notwendige Konsequenzen diskutieren. Heckemann
äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht zu den Vorwürfen.
Auch das Sozialministerium distanzierte sich von den Aussagen
Heckemanns, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. «Das
Sozialministerium und ich schließen uns ausdrücklich der Kritik der
Verbände und Fachgesellschaften an», sagte Sozialministerin Petra
Köpping (SPD) demnach. Die Vielzahl entsetzter Reaktionen zeigten,
dass diese Aussagen der KVS und den dort organisierten Ärztinnen und
Ärzten schaden. «Wir haben heute das persönliche Gespräch mit Dr.
Klaus Heckemann gesucht und unsere Position zum Ausdruck gebracht.»
Offener Brief von Vertretern der Dresdner Hochschulmedizin
Zuvor hatten Vertreter der Dresdner Hochschulmedizin Heckemann in
einem offenen Brief an Köpping als «nicht mehr tragbar» bezeichnet.
«Mit großer Bestürzung und Sorge, Irritation und Unverständnis habe
n
wir das Editorial zur Kenntnis genommen», schrieben die Dekanin der
medizinischen Fakultät der TU Dresden, Esther Troost, die Vorstände
des Universitätsklinikums Dresden, Michael Albrecht und Frank Ohi,
sowie zahlreiche weitere Ärzte des Klinikums am Dienstag.
In der Zeit des Nationalsozialismus sei der Begriff «Eugenik» für
Maßnahmen zur Rassenhygiene verwendet worden, um «lebensunwertes
Leben» zu reduzieren oder zu eliminieren, schreiben die
Unterzeichner. Es sei «schockierend und unverständlich, dass ein
prominenter Vertreter der sächsischen Ärzteschaft und Therapeuten ein
solches Gedankengut» öffentlich verbreiten dürfe.
Der gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, Markus
Scholz, kritisierte in einer Mitteilung ebenfalls die Bezüge zu
nationalsozialistischem Gedankengut. «Gerade mit Blick auf die
NS-Verbrechen an Menschen mit Behinderungen sind die in seinem
Editorial getroffenen Aussagen verstörend.» Heckemann schade damit
einmal mehr dem Ansehen des Landes und der sächsischen Ärzteschaft.
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