Hotspot der Optik - teures Museumsprojekt in Jena Von Simone Rothe, dpa
Sie gehört zu den heimlichen Champions der deutschen Industrie und
zum Alltag vieler Menschen: die Optik. Eines ihrer Zentren weltweit
ist Jena. Dort entsteht jetzt ein ambitioniertes Museumsprojekt.
Jena (dpa) - Die Glasfassade eine Inszenierung aus Farbe und Licht,
im Innenraum der Hauptspiegel des ehemals weltweit größten fliegenden
Observatoriums, eine der Decken als brodelnde Sonnenoberfläche: Das
Deutsche Optische Museum (D.O.M.), das im thüringischen Jena
entsteht, ist ein ambitioniertes und auch teures Projekt. «Ein
Vorbild haben wir nicht», sagt Gründungsdirektor Timo Mappes. «Es
gibt bisher kein Museum dieser Art, das sich ausschließlich der Optik
widmet.» Und der Professor verspricht: «Das wird etwas Schickes».
Das Konzept sei eine Kombination aus klassischem Museum und Science
Center - mit vielen Möglichkeiten für Besucher, optische Effekte zu
erleben oder selbst zu experimentieren. 56,7 Millionen Euro sollen in
das Museumsprojekt fließen, Geld vom Land Thüringen, von Bund und EU,
dem Optik- und Elektronikkonzern Carl Zeiss, Stiftungen und weiteren
Unterstützern. Träger ist eine dafür gegründete Stiftung.
Der offizielle Baubeginn ist für diesen Mittwoch (7. August) geplant,
die Eröffnung 2027. Mappes: «Das ist sportlich.» Immerhin sei es
aktuell das größte Museumsprojekt in Thüringen neben der Sanierung
von Goethes Wohnhaus in Weimar.
Warum ausgerechnet Jena?
Jena ist einer der Hotspots der optischen Industrie und gleichzeitig
der Optik-Forschung in Europa - und das seit mehr als 200 Jahren,
sagen Fachleute. 1801 wurde in der Thüringer Universitätsstadt die
UV-Strahlung entdeckt und im 20. Jahrhundert die Entspiegelung von
Optik entwickelt - Millionen von Brillenträgern erleichtert das bis
heute das Leben.
Der Unternehmer Carl Zeiss (1816-1888) eröffnete Mitte des 19.
Jahrhunderts in Jena eine feinmechanisch-optische Werkstatt und baute
die ersten Mikroskope. Er gehörte zusammen mit dem Physiker Ernst
Abbe (1840-1905) und dem Chemiker und Glastechniker Otto Schott
(1851-1935) zu Deutschlands Industriepionieren. Heute hat die
optische Industrie laut Branchenverband einen Jahresumsatz von 54
Milliarden Euro bei einer Exportquote von 73 Prozent. Hinzu kommt die
Augenoptik mit nochmals etwa 6,7 Milliarden Euro.
Jena sei aber kein «historischer Ausgrabungsort, sondern ein
lebendiges Innovationszentrum», sagt Mappes. Heute geht es in
Industrieunternehmen wie Carl Zeiss oder Jenoptik um Laser, Sensoren,
Ausrüstungen für die Chipindustrie oder Medizintechnik. Als Beleg für
die Innovationskraft der zweitgrößten Thüringer Stadt verweist Mappes
auf den Deutschen Zukunftspreis, der bereits vier Mal für Ergebnisse
der Optik-Forschung in Jena vergeben wurde.
Wie wird das Museum aussehen?
Das Museumsprojekt will Alt und Neu kombinieren. Genutzt wird die
alte Optikerschule in Jena, die aufwendig saniert und für ihren neuen
Zweck hergerichtet wird, unter anderem mit Carbonbeton zur
Verstärkung der Decken. Restauriert werde unter anderem der
historische Hörsaal. Er soll laut Mappes für Vorlesungen und
besondere Veranstaltungen genutzt werden. Zudem sei ein Lichtlabor
geplant - in der Zukunft könnten dort angehende Physiklehrer
Experimente durchführen. Geld dafür käme auch aus einer Spende von
Jenaer Zukunftspreisträgern.
Ergänzt werde das große historische Schulgebäude durch einen Neubau,
dessen Fassade ein Kreis aus Licht und Farbe prägen wird. An einer
Wand im Inneren solle der Hauptspiegel des fliegenden
SOFIA-Teleskops, einem Gemeinschaftsprojekt von NASA und Deutschem
Zentrum für Luft und Raumfahrt, in Szene gesetzt werden.
Erdkundeflüge in die Stratosphäre mit dem Teleskop an Bord einer
Boeing 747 waren 2022 vor allem aus Kostengründen eingestellt worden.
Der Hauptspiegel wurde inzwischen aus den USA nach Thüringen
gebracht.
Was bietet der historische Fundus?
Aber auch aus einem reichen Fundus kann das Deutsche Optische Museum
schöpfen: Goethes Prisma gebe es als Leihgabe, auch Roberts Kochs
Brille sei zu sehen, so Mappes. Das Museum verfügt nach seinen
Angaben über einen weltweit einzigartigen Sammlungsbestand an
optischen Instrumenten, darunter rund 1.200 Mikroskope, 1.400
Guckkastenbilder und frühe Gemälde zur Optik. Auch eine umfangreiche
Fachbibliothek sowie eine mehr als 10.000 Brillen umfassende Sammlung
gehörten zum Bestand ebenso wie das wahrscheinlich größte Glasarchiv
der Welt.
Zehntausende Glasproben seien vom Glashersteller Schott (Mainz)
übernommen worden. Das Unternehmen hat ebenfalls seine Wurzeln in
Jena und produziert dort weiterhin. Teile des Bestands stammen aus
dem ehemaligen, eher regional ausgelegten optischen Museum der
Stadt.
Was wünscht sich der Gründungsdirektor?
Viele Menschen würden Optik vor allem mit Augenoptik und Brillen
verbinden, sagt Professor Mappes. Das wolle das neue Museum ändern,
indem es die Vielfalt von Optik und Photonik - der Nutzung des Lichts
- zeige, Erlebnisse anbiete und da, wo es sinnvoll sei, digitale
Möglichkeiten nutze. Er hofft auf viele Besucher: Mehr als 100.000
sollen es künftig pro Jahr werden, «die sich unterhalten fühlen, aber
auch etwas lernen können», so der Anspruch.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.