Zupke: SED-Opfern besser helfen - Kritik an Plänen des Justizministers
Wer zu DDR-Zeiten politisch verfolgt wurde, leidet oft bis heute -
gesundheitlich und finanziell. Jetzt sind zwar Verbesserungen
geplant. Aber die SED-Opferbeauftragte ist nicht zufrieden.
Berlin (dpa) - Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Ende der DDR leiden
nach Darstellung der SED-Opferbeauftragten Evelyn Zupke immer noch
Zehntausende Menschen gesundheitlich und finanziell unter den Folgen
ihrer Unterdrückung. Ihnen müsse besser geholfen werden, erklärte
Zupke am Donnerstag zu ihrem Jahresbericht. Die Pläne von
Justizminister Marco Buschmann (FDP) zur Reform der Unterstützung
findet sie unzureichend.
«Die Erfahrung von Unrecht und politischer Gewalt in der DDR ist
keine Episode im Leben eines Menschen, nach der er auf seinen
normalen Lebensweg zurückkehrt», erklärte die Opferbeauftragte. «Da
s
SED-Unrecht wirkt nach, teils bis heute. Dies betrifft die soziale
Lage der Opfer und die bei vielen Betroffenen häufig weitreichend
geschädigte Gesundheit.»
Zu den Verfolgten aus DDR-Zeiten gehören nach Zupkes Angaben etwa 250
000 politische Häftlinge sowie 138 000 Heimkinder und 100 000
Menschen, die berufliche Nachteile erlitten. Viele Verfolgte sind
schon gestorben. Derzeit beziehen etwa 38 000 Menschen eine
SED-Opferrente und weitere 20 000 andere Arten von Unterstützung. Der
Bund gab nach Zupkes Angaben zuletzt 160 Millionen Euro für die
SED-Opferrenten aus.
Angststörungen nach Jahrzehnten
Im Koalitionsvertrag der Ampel sind Verbesserungen angekündigt, die
Buschmann jetzt angehen will. Vorgesehen sind zusätzliche Mittel von
jährlich etwa vier Millionen Euro und einmalig 720 000 Euro für
Einmalzahlungen an etwa 400 Menschen, die zu DDR-Zeiten aus dem
Grenzgebiet vertrieben wurden.
«Unter dem Strich aber wirkt der Vorschlag mutlos auf mich», sagte
Zupke. Unter anderem will sie, dass Krankheiten einfacher als
Konsequenz der Verfolgung anerkannt werden, ähnlich wie bei
Bundeswehrsoldaten nach Kampfeinsätzen.
Zupke erzählte das Beispiel einer Frau aus Norddeutschland, die nach
einem Ausreiseantrag in DDR-Haft saß und von der Bundesrepublik
freigekauft wurde. Jahrzehnte später entwickelte sie Angst- und
Schlafstörungen und beantragte Hilfe. «Das Amt sah keinen
Zusammenhang», berichtete Zupke. Die Opferbeauftragte fordert eine
«kriterienbasierte Vermutungsregelung»: Wenn Menschen nachweislich
verfolgt waren und später bestimmte Krankheitsbilder entwickeln, soll
ein Zusammenhang angenommen werden.
Justizministerium weist Kritik zurück
Zudem moniert sie, dass die sogenannte Dynamisierung der Opferrente -
also die jährliche Anpassung entsprechend den Altersrenten - erst
2025 greifen soll. Erwartet werde dann eine Erhöhung um neun Euro im
Monat, und das fünfeinhalb Jahre nach der letzten Anpassung, sagte
die Opferbeauftragte. «Die Renten der Stasi-Offiziere sind im
gleichen Zeitraum über 25 Prozent gestiegen, die Opferrente nur um
drei bis vier Prozent.» Die Opferrenten von derzeit 330 Euro sollten
vor der Dynamisierung zunächst angehoben werden.
Das Bundesjustizministerium wies die Forderungen zurück. Die
Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden von politischer Verfolgung
sei bereits verbessert worden, und zwar mit der Reform des sozialen
Entschädigungsrechts vom Januar 2024. Zur Kritik an der Dynamisierung
ab 2025 erklärte eine Sprecherin, auch der Koalitionsvertrag sehe
keine rückwirkende Einführung vor. Die Haushaltslage lasse zudem
wenig finanziellen Spielraum.
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