Drei wichtige Fragen zum Attentat auf Fico - und die Antworten
Der slowakische Regierungschef Fico wird in der Kleinstadt Handlova
von einem Rentner niedergeschossen. Nach einer langen OP ist sein
Zustand stabil, aber weiter ernst. Welches Motiv hatte der Täter?
Bratislava (dpa) - Der Angriff auf den slowakischen Regierungschef
Robert Fico erschüttert die Slowakei und hat international für
Entsetzen gesorgt. Drei wichtige Fragen und Antworten:
Was ist passiert?
Der Angriff geschah am Mittwoch gegen 14.30 Uhr. Fico befand sich in
der Kleinstadt Handlova, wo eine Kabinettssitzung stattgefunden
hatte. Außerhalb des Sitzungsortes hatten sich Anhänger versammelt.
Als Fico auf die Menschen zuging, um sie zu begrüßen, fielen Schüsse.
Auf einem Video des lokalen Fernsehsenders RTV Prievidza ist zu
sehen, wie sich ein Mann an die Absperrung drängt und aus
unmittelbarer Nähe auf den Ministerpräsidenten schießt. Von fünf
Schüssen trafen vier den Politiker.
Kurz bevor er ihm die Hand habe geben wollen, habe er Schüsse gehört,
sagte ein Augenzeuge dem öffentlich-rechtlichen Sender RTVS. «Robert
fiel auf den Boden», berichtete er weiter. Er stehe unter Schock.
«Das ist etwas Schreckliches, das waren Schüsse von hinten», fügte
er
hinzu. Über den Schützen sagte eine Frau dem Sender: «Der Mann stand
dort von Anfang an. (...) Er hat nur noch gewartet.»
Das Portal der Zeitung «Dennik N» veröffentlichte Videoaufnahmen, auf
denen zu sehen ist, wie Personenschützer den nach den Schüssen zu
Boden gegangenen Fico aufheben und in zusammengekrümmter Haltung zu
seiner Limousine tragen. Dort legen sie ihn auf den Rücksitz. Während
das Auto mit Vollgas davonrast, wird der Angreifer von Polizisten
festgenommen.
Wie geht es Fico?
Der 59-jährige Fico wurde nach dem Attentat nach Banska Bystrica
geflogen, wo er sich im F. D. Roosevelt-Universitätskrankenhaus einer
fünfstündigen Notoperation unterziehen musste. Zuvor sei ein CT-Scan
gemacht worden, berichtete die Krankenhausdirektorin Miriam
Lapunikova am Donnerstag. An der Operation seien zwei Ärzteteams
beteiligt gewesen. «Der Patient wies mehrere Schussverletzungen auf»,
sagte Lapunikova. Die Folgen dieser Verletzungen könnten eine
Genesung erschweren.
Verteidigungsminister Robert Kalinak, der auch stellvertretender
Regierungschef ist, verkündete später: «Den Ärzten ist es gelungen,
den Zustand zu stabilisieren.» Fico sei aber noch nicht außer
Lebensgefahr. Die Verletzungen seien sehr schwerwiegend. Der
Politiker sei von vier Kugeln getroffen worden. «Ich kann noch nicht
konstatieren, dass wir gewonnen haben», meinte der enge Vertraute
Ficos, der als möglicher Kronprinz gilt. Das Krankenhaus verhängte
eine Informationssperre. Medien berichteten, dass das Personal seine
Handys abgeben musste.
In der Nacht zum Donnerstag hatten Medien berichtet, Fico habe nach
der Operation das Bewusstsein wiedererlangt. Der BBC sagte einer der
Vizeregierungschefs, der Umweltminister Tomas Taraba, nach seinem
Kenntnisstand sei die Operation gut verlaufen. Fico hatte sich
während einer früheren Amtszeit als Premier 2016 einem Eingriff am
Herzen unterzogen, war aber seither nicht mit gesundheitlichen
Problemen aufgefallen.
Welche Beweggründe hatte der Täter?
Bei dem Täter handelt es sich nach Angaben des slowakischen
Innenministers Matus Sutaj Estok um einen 71 Jahre alten Rentner aus
der Kleinstadt Levice. Eine erste Vernehmung habe ergeben, dass er
ein «klar politisches Motiv» gehabt habe. Er lehne nämlich die
Regierungspolitik ab. Es handele es sich um einen «einsamen Wolf».
Der Verdächtige sei kein Mitglied einer radikalisierten politischen
Gruppierung gewesen, weder einer rechten noch einer linken, betonte
Sutaj Estok.
Medienberichten zufolge soll Juraj C. in der Vergangenheit für einen
privaten Sicherheitsdienst gearbeitet und deshalb über einen
Waffenschein verfügt haben. Die Tatwaffe habe er legal besessen. In
seiner Heimatregion soll er sich als Schriftsteller versucht haben
und Mitglied eines Literaturzirkels gewesen sein. Levice liegt eine
Autostunde südlich von Handlova, wo Fico sich aufgehalten hatte.
Die Behörden ermitteln wegen versuchten Mordes gegen den mutmaßlichen
Täter. Ein Reporter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTVS
schilderte, dass der Angreifer nach der Festnahme desorientiert
gewirkt habe. Der TV-Nachrichtensender TA3 und andere Medien bekamen
eine Videoaufnahme aus der Polizeistation zugespielt. Darin sagt der
mutmaßliche Attentäter: «Ich stimme der Regierungspolitik nicht zu.
»
Als Beispiel nannte er mit undeutlicher Stimme die von der Regierung
geplante Medienreform, gegen die seit Wochen Tausende demonstrieren.
Beobachter diagnostizieren seit Jahren eine zunehmende Polarisierung
in der slowakischen Gesellschaft. «Lassen Sie uns aus dem
Teufelskreis des Hasses und der gegenseitigen Beschuldigungen
aussteigen», appellierte die scheidende Präsidentin Zuzana Caputova
nun. Der Anschlag sei zwar die Tat eines Einzelnen gewesen. «Aber die
angespannte Atmosphäre des Hasses war unser gemeinsames Werk.»
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