Faktencheck: Rohmilch für Schwangere? Finger weg! Von Marc Fleischmann, dpa
In sozialen Netzwerken verbreitet sich ein gefährlicher Trend:
Schwangere werden dazu aufgefordert, für die Gesundheit ihres Kindes
unbehandelte Milch zu trinken. Was sagen Experten dazu?
Berlin (dpa) - Milch kann ein wertvolles Nahrungsmittel sein: Das
enthaltene hochwertige Eiweiß, leicht verdauliches Fett und
verschiedene Vitamine sind gut für den Körper. Ein Trend in sozialen
Netzwerken greift jene Gesundheitsaspekte für unbehandelte Rohmilch
auf und rät Schwangeren dazu, diese zu konsumieren. In diesem
Faktencheck wird geprüft, ob das sinnvoll ist.
Behauptung
Rohmilch ist gut für die Schwangerschaft und sollte daher von
Schwangeren konsumiert werden.
Bewertung
Falsch. Experten raten Schwangeren explizit von unbehandelter Milch
ab.
Fakten
Weil ihr «ein besonders vollmundiger und aromatischer Geschmack
zugesprochen» wird, gebe es Menschen, die Rohmilch bevorzugen,
schreibt das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit - schickt aber eine Warnung hinterher: Der
Konsum sei «nicht ungefährlich».
Als Rohmilch wird die unbehandelte Milch von Rindern, Schafen und
Ziegen bezeichnet. Sie wurde weder stärker erhitzt noch streng
mikrobiologisch kontrolliert. Durch die fehlende Wärmebehandlung
werden eventuell vorhandene Mikroorganismen nicht abgetötet und
können sich in der Rohmilch vermehren. Um diese vor dem Verzehr zu
entfernen, gibt es seit dem 19. Jahrhundert die Technik der
Pasteurisierung (schonende Wärmebehandlung) von Milch.
Ziel sei es damals gewesen, Menschen unter anderem vor Tuberkulose zu
schützen, die mit der Milch übertragen werden kann, erklärt das
Landesamt für Verbraucherschutz. Dafür wird die Milch 15 Sekunden
lang auf eine Temperatur von 72 Grad Celsius erhitzt.
Wärmebehandlung der Milch schützt vor verschiedenen Krankheiten
Was früher die Ausbreitung von Tuberkulose bekämpfte, könnte heute
zum Beispiel eine Übertragung des Vogelgrippevirus H5N1 verhindern.
Das Virus befällt derzeit weltweit Vögel und auch Säugetiere. In den
USA hat es jüngst Milchkühe erreicht. Obwohl die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Gefahr für Menschen noch für
gering hält, empfiehlt sie, nur Produkte aus pasteurisierter Milch
und keine Rohmilch zu konsumieren.
Außerdem kann unbehandelte Milch weitere Krankheitserreger wie
Salmonellen, Listerien, EHEC und Campylobacter enthalten. Diese
verursachen mitunter schwere Infektionskrankheiten.
Multiresistente Bakterien in jeder zehnten Rohmilch-Probe
Bei einer Untersuchung im Auftrag des Bundesamts für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) fanden sich in bis
zu fünf Prozent der vor einigen Jahren rund 360 untersuchten
Rohmilchproben potenziell gefährliche Keime. In etwa zehn Prozent der
Proben wurden multiresistente Bakterien nachgewiesen.
Wer sie zu sich nimmt, kann Probleme bekommen. Gefahr droht dabei
insbesondere empfindlichen Menschen wie Kleinkindern, älteren und
immungeschwächten Personen sowie Schwangeren. Die schädlichen
Bakterien oder Keime können nach BVL-Angaben akute Darmentzündungen
auslösen oder Nierenprobleme verursachen.
Warum Schwangere so gefährdet sind
Während der Schwangerschaft schwächen hormonelle Veränderungen die
weibliche Immunabwehr. Werdende Mütter sind dadurch empfänglicher für
Infektionen, die auch das Kind gefährden. Besonders schützen sollten
sie sich etwa vor Toxoplasmose-Erregern und Listerien, die
hauptsächlich durch die Nahrung übertragen werden. Deshalb sollen
Schwangere auf rohe tierische Lebensmittel verzichten, rät das
Netzwerk «Gesund ins Leben», das vom Bundesernährungsministerium
gefördert wird. Dazu gehören Produkte aus Rohmilch, rohes Fleisch und
Fisch.
Wer sich unsicher ist, sollte Rohmilch abkochen
Bei Milch aus dem Supermarkt bewegt sich der Verbraucher eigentlich
auf sicherem Terrain. Sie wird in Deutschland vor dem Verkauf
grundsätzlich wärmebehandelt und ist deshalb nach Angaben des BVL
unbedenklich. Wer dagegen Rohmilch von einem Direktvermarkter kauft,
sollte diese zu Hause abkochen. Dazu rät auch die Verbraucherzentrale
Niedersachsen und gibt eine Anleitung: «Es genügt, die Milch 20 bis
30 Sekunden auf mindestens 72 Grad Celsius zu erhitzen. Sobald die
Milch kleine Blasen schlägt und zu schäumen beginnt, nehmen Sie sie
vom Herd.»
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.