Bundesrat billigt Bezahlkarte für Asylbewerber und weitere Gesetze Von Ulrich Steinkohl, dpa

Dass in einer Sitzung des Bundesrats kein Ministerpräsident und keine
Ministerpräsidentin spricht, passiert selten. Am Freitag war es so.
Untätig war die Länderkammer dennoch nicht.

Berlin (dpa) - Der Bundesrat hat am Freitag wichtige Gesetze der
Bundesregierung abgesegnet. Nachdem sich die Länderkammer zuletzt bei
mehreren Vorhaben der Ampel-Koalition als sperrig erwiesen hatte,
bekam der Vermittlungsausschuss diesmal keine zusätzliche Arbeit.
Besonders schnell ging es beim Solarpaket: Das Gesetz hierzu wurde am
Vormittag erst vom Bundestag beschlossen. Unmittelbar darauf
passierte es schon den Bundesrat. Weitere Beschlüsse:

Bezahlkarte für Asylbewerber gebilligt

Die in der Ampel-Koalition lange umstrittene Bezahlkarte für
Asylbewerber wurde ohne große Debatte verabschiedet. Dabei ging es um
einen bundesgesetzlichen Rahmen für solche Karten, die einige Länder
bereits eingeführt haben. Asylbewerber sollen künftig einen Teil der
staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben über die
Karte erhalten. Dafür soll es weniger Bargeldzahlungen geben. So soll
unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper
oder Familie und Freunde im Ausland überweisen.

Ob die Länder die Karte tatsächlich einführen und wie sie die Nutzung

ausgestalten, können sie selbst entscheiden. Vor allem Politikerinnen
und Politiker der Grünen hatten in den vergangenen Monaten gefordert,
der Gesetzentwurf müsse so formuliert werden, dass eine erhebliche
Einschränkung der Rechte von Geflüchteten in einzelnen Regionen
ausgeschlossen werde.

Wasserstoff-Kernnetz kann aufgebaut werden

Der Bundesrat machte den Weg für den Aufbau eines
Wasserstoff-Kernnetzes in Deutschland frei, indem er eine Änderung
des Energiewirtschaftsgesetzes passieren ließ. Das
Wasserstoff-Kernnetz soll privatwirtschaftlich finanziert werden -
mit einer staatlichen Absicherung. Es soll die wichtigsten Leitungen
der Wasserstofftransport- und -importinfrastruktur umfassen.
Vorgesehen sind insgesamt 9700 Kilometer an Leitungen. Zum großen
Teil handelt es sich um eine Umwidmung des derzeitigen Gasnetzes.

Mit dem Wasserstoff-Kernnetz sollen große Verbrauchs- und
Erzeugungsregionen für Wasserstoff angebunden werden, in denen es
große Industriezentren, Speicher und Kraftwerke gibt. Im Wesentlichen
sollen die Leitungen laut Wirtschaftsministerium zwischen 2025 und
2032 schrittweise in Betrieb genommen werden. Erwartet werden
Investitionen von rund 20 Milliarden Euro.

Weniger Elektroschrott durch einheitliche Ladekabel

Einheitliche Ladekabel für alle Handys, Tablets und Spielkonsolen
werden zum Jahresende auch in Deutschland zur Pflicht. Der Bundesrat
billigte dazu Änderungen am Funkanlagengesetz. Beim Aufladen von
Smartphones, Digitalkameras, Kopfhörern, E-Readern oder
Navigationsgeräten wird USB-C Ende des Jahres zum Standard. Ab 2026
gilt dies auch für Laptops. Diese technische Vereinheitlichung soll
die Menschen finanziell entlasten und gleichzeitig überflüssigen
Elektroschrott vermeiden. Geräte können nun auch ohne neues Netzteil
verkauft werden.

Digitale-Dienste-Gesetz gebilligt

Ohne Probleme passierte auch das Digitale-Dienste-Gesetz die
Länderkammer. Es schafft eine Koordinierungsstelle innerhalb der
Bundesnetzagentur, die für Transparenz und Fairness sorgen und
Anbieter digitaler Vermittlungsdienste zentral beaufsichtigen soll.
Die Stelle soll auch über die Durchsetzung des Digital Services Act
der EU wachen. Nutzerinnen und Nutzer können sich mit Beschwerden
direkt an die Koordinierungsstelle wenden. Das Gesetz sieht zudem
Regelungen zum Schutz von Minderjährigen im digitalen Raum vor. Dass
sie eingehalten werden, soll die Bundeszentrale für Kinder- und
Jugendmedienschutz überwachen.

Strategie für bessere Arzneimittelversorgung

Die Länder forderten die Bundesregierung auf, eine nationale
Strategie zur besseren Arzneimittelversorgung vorzulegen. Das gilt
nach der angenommenen Entschließung vor allem für Medikamente für
Kinder und Jugendliche. Die Länder wollen, dass Vorschriften für den
Import und die Lagerhaltung dringend notwendiger Medikamente
gelockert werden. Apotheken müssten größere Handlungsspielräume bei
m
Austausch von Arzneimitteln bekommen. Für die Versorgung von Kindern
und Jugendlichen sollen Apotheken wie Arzneimittelhersteller
unbürokratisch über eine Standardzulassung Fiebersäfte und -zäpfche
n
herstellen und in Verkehr bringen können, um einen steigenden Bedarf
zu decken. 

Die Länderkammer reagiert mit dem Vorstoß insbesondere auf die
Knappheit von Arzneimitteln für Kinder im Winter 2022/2023. Damals
gab es einen wochenlangen Mangel unter anderem an Fiebersäften und
-zäpfchen.