Hamburger Polizei bereitet sich auf Cannabis-Freigabe vor Von Bernhard Sprengel und Christiane Bosch, dpa

Von Montag an sind Besitz und Anbau von Cannabis für über 18-Jährige

zu bestimmten Regeln erlaubt. Auch Kiffen ist dann fast überall
möglich. Was bedeutet das für Hamburg?

Hamburg (dpa/lno) - Wer am Montag in aller Öffentlichkeit einen Joint
rauchen möchte, wird dafür in aller Regel keinen Ärger bekommen. Vom

1. April an gilt das neue Cannabis-Gesetz - und das Besitzen und
Anbauen von Cannabis ist dann in einem festgesteckten Rahmen für
Erwachsene erlaubt. Das bedeutet vor allem für Polizei und Behörden
viel Vorbereitung und Arbeit. 

Gelten in Hamburg die gleichen Regeln rund um das Rauchen, den Besitz
und den Anbau von Cannabis? 

Die Hamburger Innenbehörde geht davon aus, dass es keinen Hamburger
Sonderweg geben wird. «Davon ist mir nichts bekannt», sagte ein
Behördensprecher dazu. Damit gelten in der Hansestadt die gleichen
Regeln wie bundesweit. Noch offen sei indes, wer die Cannabis Social
Clubs - also die künftigen Anbauvereine - genehmigen soll, die vom
ersten Juli an erlaubt sein werden. «Das ist noch in der Prüfung.»

Was ist nun eigentlich erlaubt?

Wer 18 und älter ist, darf zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren und
draußen maximal 25 Gramm Marihuana oder Haschisch mit sich führen. Es
geht explizit um den Eigengebrauch. Ein Gramm Cannabis reicht in etwa
für drei Joints. Weitergabe und Verkauf bleiben verboten. Zu Hause -
nicht im Kleingarten - dürfen außerdem drei Pflanzen angebaut werden.
Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und
vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden, beispielsweise mit
abschließbaren Schränken und Räumen. 

Darf man jetzt überall Joints rauchen?

Wo es nicht explizit verboten ist, darf gekifft werden. Verboten ist
es auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, also auch
Fußballstadien, Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in
Sichtweite davon - in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.
Fußgängerzonen sind zwischen 7.00 und 20.00 Uhr ebenfalls kifffreie
Zonen. In Gegenwart von Kindern und Jugendlichen ist das Kiffen auch
verboten. In Raucherkneipen entscheiden die Inhaber, wie sie damit
umgehen. Im Bahnhof ist Rauchen generell nur in gekennzeichneten
Bereichen erlaubt. Wie das mit dem Cannabis-Konsum dort aussehen
wird, werde derzeit geprüft, sagte eine Bahnsprecherin. «Die
Entscheidung dazu steht noch aus.»

In Hamburg gibt es viele Schulen, Kindergärten, Einkaufszonen,
Sporthallen und Co. Bleibt da überhaupt noch Platz zum Kiffen im
öffentlichen Raum?

Wenn man um diese Orte einen roten Kreis mit einem 100-Meter-Radius
zieht, sieht die Hamburg-Karte tatsächlich recht rot aus. Helle
Flecken gibt es dennoch, und sie werden mehr, je weiter man in die
Außenbezirke schaut, wie aus einer Karte des Computer-Portals chip.de
hervorgeht.

Wie geht die Hamburger Polizei ab Ostermontag vor?

Im Umgang mit den Bürgern setzt die Polizei zunächst auf Information
und Kommunikation. Man werde bei Kontrollen mit dem gewohnten
Augenmaß vorgehen. Der Sprecher betonte jedoch, dass Straftaten
konsequent verfolgt würden. In den vergangenen Tagen wurden viele
Beamtinnen und Beamten intensiv zu dem Thema geschult. Sie sollen die
Infos nun als sogenannte Multiplikatoren in ihre Teams, Wachen und
Schichten tragen. 

Zudem ist eine Handreichung für Polizisten auf der Straße erstellt
worden, damit sie die Änderungen auf einen Blick sehen können, ohne
erst lange Gesetzestexte durchforsten zu müssen. Gleichzeitig wird
derzeit ein Info-Flyer erarbeitet, der die neuen Regeln kurz
zusammenfasst, den die Streifen in der Öffentlichkeit verteilen
können.

Beim Kampf gegen illegale Machenschaften im Drogen-Millieu lässt die
Polizei trotz der Cannabis-Lockerungen nicht nach: «Die illegale
Drogenkriminalität und die dahinterstehenden Strukturen der
organisierten Kriminalität sind und bleiben ganz klar in unserem
Fokus.» In der Vergangenheit hat die Hamburger Polizei den
Drogenhandel auf der Straße, vor allem in den Stadtteilen St. Pauli
und St. Georg, mit einer speziellen Task-Force bekämpft. 

Wie viele Menschen in Hamburg konsumieren eigentlich Cannabis?

Nach Angaben des Präventionsnetzwerks Sucht.Hamburg für das Jahr 2021
konsumierten 10,5 Prozent der Hamburger im Alter zwischen 18 und 64
Jahren wenigstens einmal in den zwölf Monaten vor der Befragung
Cannabis. Die erwachsenen Männer waren den Angaben zufolge mit 11,7
Prozent der Droge etwas mehr zugetan als Frauen, von denen sich 9,2
Prozent wenigstens einmal an Haschisch oder Marihuana berauschten. 

Welchen Einfluss hatte die Droge bisher auf die Unfallbilanz in
Hamburg?

Der Unfallbilanz 2023 zufolge gab es im vergangenen Jahr mindestens
199 Unfälle unter Drogeneinfluss. Im Vorjahr waren es 207 gewesen.
Die beteiligten Autofahrer seien meist männlich und zeigten ein
gesteigertes Konsumverhalten, sagte der Leiter der Verkehrsdirektion
bei der Hamburger Polizei, Enno Treumann, kürzlich bei der
Vorstellung der Unfallbilanz. Eins sei aber auch nach der
Legalisierung klar: «Cannabis ist und bleibt im Zusammenhang mit dem
Führen von Kraftfahrzeugen ein Tabu!»

Gibt es einen Grenzwert für Cannabis im Verkehr?

Innensenator Andy Grote (SPD) kritisierte auf der Pressekonferenz am
20. Februar, dass im neuen Gesetz ein Grenzwert für den
Cannabis-Wirkstoff THC fehlt. Nur in der Rechtsprechung gebe es eine
Festlegung von 0,1 Nanogramm auf einen Milliliter Blut. «Insofern
werden wir da schon ein bisschen gefordert sein», sagte der Senator
mit Blick auf die Kontrolltätigkeit. Die Hamburger Polizei habe aber
mehr als 600 sogenannte Drogenerkenner, also speziell geschulte
Beamte. Bei Kontrollen werde die Polizei standardisierte
Fahrtüchtigkeitstests nutzen.

Was kommt auf die Justiz in Hamburg zu?

Wegen der rückwirkenden Straffreiheit für jetzt nicht strafbaren
Drogenbesitz und Konsum müssen in Hamburg mehrere Tausend
Strafverfahren überprüft werden. Die Staatsanwaltschaft hat bereits
rund 3500 Strafverfahren gesichtet. Dabei geht es um die Frage, ob
das Gesetz Einfluss auf die weitere Vollstreckung bereits
rechtskräftig verhängter Geld-, Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafen
haben könnte. Besonders schnell muss die Staatsanwaltschaft bei
Fahndungen und Haftbefehlen reagieren. Möglich ist auch, dass
Menschen aus dem Gefängnis freikommen. 

Gegen die legale Droge Alkohol unternimmt Hamburg nichts?

Doch. Von Dienstag an soll das Trinken von Alkohol auf dem
Heidi-Kabel- und dem Hachmannplatz vor dem Hauptbahnhof verboten
werden. Damit will der Senat Ordnungsstörungen und Straftaten unter
Alkoholeinfluss an dem Brennpunkt reduzieren. 

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