So steht es um die Cannabis-Legalisierung in Schleswig-Holstein Von André Klohn, Jörg Ratzsch und Sascha Meyer, dpa
Der Besitz und der Anbau von Cannabis sind künftig unter bestimmten
Voraussetzungen erlaubt. Vieles ist in Schleswig-Holstein aber noch
unklar.
Kiel (dpa/lno) - Für die einen ist die Teil-Legalisierung von
Cannabis am Ostermontag ein Tag der Freude, andere stehen der
Liberalisierung ablehnend gegenüber - auch in Schleswig-Holstein. Der
Bundesrat ließ das Cannabisgesetz der Ampel-Koalition passieren.
Besitz und Konsum von Cannabis in Deutschland sind somit ab Montag
(1. April) legal - unter bestimmten Voraussetzungen. Im Norden
stellen sich aber noch viele Fragen.
Was genau gilt ab Ostermontag?
Cannabis verschwindet von der Liste der verbotenen Substanzen im
Betäubungsmittelgesetz. Wer 18 und älter ist, darf zu Hause bis zu 50
Gramm aufbewahren und draußen maximal 25 Gramm mit sich führen. Es
geht explizit um den Eigengebrauch. Weitergabe und Verkauf bleiben
verboten. Zu Hause - nicht im Kleingarten - dürfen außerdem drei
Pflanzen angebaut werden. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis
müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt
werden, beispielsweise mit abschließbaren Schränken und Räumen.
Wie viele Joints sind mit 50 Gramm möglich?
Aus einem Gramm Cannabis können nach gängiger Einschätzung ungefähr
drei Joints gedreht werden - je nach persönlicher Dosierung auch mehr
oder weniger. 50 Gramm wären also 150 Joints. Aus Sicht der Gegner
der Legalisierung ist das viel zu viel. 50 Gramm pro Monat ist die
Menge, die die künftigen Anbauvereine an ihre Mitglieder abgegeben
dürfen. Die Bundesärztekammer nennt das «eine relevante Menge», «
die
einem Hoch-Risiko-Konsum entspricht und zu cannabisbezogenen
Störungen führt».
Was ist mit Konsum in der Öffentlichkeit?
Wo es nicht explizit verboten ist, darf gekifft werden. Verboten ist
es auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, also auch
Fußballstadien, Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in
Sichtweite davon - in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.
Fußgängerzonen sind zwischen 7.00 und 20.00 Uhr ebenfalls kifffreie
Zonen. Außerdem ist der Konsum verboten «in unmittelbarer Gegenwart
von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben».
Tabu ist es also, sich einen Joint an einer Bushaltestelle voller
Schulkinder anzustecken oder im Garten vor den eigenen minderjährigen
Kindern, genauso wie vor einem Kino, wo auch Jugendliche warten.
Ist kiffen in Raucherkneipen erlaubt?
Die Betreiber müssen selbst entscheiden, ob sie das Marihuana-Rauchen
in ihren Kneipen im Norden tolerieren, sagte ein Sprecher des
Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. In Schleswig-Holstein gibt
es nach Schätzung des Verbandes aber nur eine geringe Zahl an
Raucherkneipen, ihre Zahl liegt etwa im zweistelligen Bereich.
Sind in Schleswig-Holstein verstärkte Kontrollen geplant?
Schleswig-Holsteins Polizei sieht die Teil-Legalisierung kritisch.
Nach Angaben von Polizeidirektor Thomas Weißenberg sind - zumindest
zum Start - erst einmal keine verstärkten Verkehrskontrollen geplant.
Sukzessive will die Polizei über das Jahr aber vermehrt Kontrollen
durchführen. Als Begründung sagte der Polizeidirektor am Donnerstag
bei der Vorstellung des Verkehrssicherheitsberichts, Fahrten unter
THC-Einfluss hätten schwerere Folgen bei Unfällen, wie Studien aus
den USA und Kanada belegten.
Wie gehen Landesregierung und Kommunen mit damit um?
Die zuständigen Ministerien und Kommunen suchen noch nach Antworten.
«Die Befassung mit der Umsetzung des Cannabisgesetzes ist angelaufen
und wird derzeit innerhalb der Beteiligten weiter abgestimmt», sagt
ein Sprecher des Gesundheitsministeriums stellvertretend. «Unüblich
ist die kurze Frist seitens der Bundesregierung zwischen
Beschlussfassung und Inkrafttreten.» Auch ein Sprecher der Stadt
Flensburg konnte noch nichts Konkretes berichten. «Für die
Erarbeitung von notwendigen Regelungen auf kommunaler Ebene fehlt es
derzeit ebenfalls noch an grundlegenden Informationen, so dass wir
auch hierzu zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskünfte geben können.»
Gibt es Anbauvereine in Schleswig-Holstein?
Der Verband Mariana Cannabis Social Clubs Deutschland weist auf
seiner Karte auch fünf Clubs in Schleswig-Holstein aus. Sie sind in
den vier kreisfreien Städten Kiel, Lübeck, Neumünster und Flensburg
sowie in Norderstedt. Die Clubs dürfen am 1. Juli mit dem Anbau von
Cannabis beginnen. Es gelten strenge Regeln: Die Clubs müssen
mindestens 200 Meter von Schulen, Kitas, Spielplätzen und anderen
Kinder- und Jugendeinrichtungen entfernt sein, dürfen nicht in
Wohngebäuden untergebracht sein und nicht durch auffällige Schilder
oder anders für sich werben. Der Konsum in den Anbauvereinigungen,
wie sie im Gesetz heißen, ist ebenfalls tabu. Anbauflächen und Lager
müssen gesichert werden.
Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Empfindliche Geldbußen und auch Gefängnis sind möglich. Wer etwa die
Gramm-Vorgaben zum Besitz leicht überschreitet, riskiert ein Bußgeld.
Dass kann laut Gesetz allerdings mit bis zu 30 000 Euro saftig
ausfallen. Werden sogar mehr als 30 Gramm im Rucksack, mehr als 60
Gramm zu Hause oder mehr als drei Pflanzen in der Wohnung gefunden,
greift das Strafrecht: Es droht im schlimmsten Fall Gefängnis. Das
gilt besonders für die Weitergabe der Droge an Kinder und
Jugendliche. Wer kifft, wo kiffen nicht erlaubt ist - also auf oder
in der Nähe von Spielplätzen, tagsüber in der Fußgängerzone oder
in
der Nähe von Kindern und Jugendlichen - begeht zwar nur eine
Ordnungswidrigkeit, riskiert aber ebenfalls empfindliche Bußgelder
bis zu 30 000 Euro.
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