So steht es um die Cannabis-Legalisierung in Mecklenburg-Vorpommern Von Iris Leithold, Jörg Ratzsch und Sascha Meyer, dpa

Der Besitz und der Anbau von Cannabis sind künftig unter bestimmten
Voraussetzungen erlaubt. Noch sind viele Fragen offen.

Schwerin/Murchin (dpa/mv) - Für die einen ist die Teil-Legalisierung
von Cannabis am Ostermontag ein Tag der Freude, andere stehen der
Liberalisierung ablehnend gegenüber - auch in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Bundesrat ließ das Cannabisgesetz der Ampel-Koalition passieren.
Besitz und Konsum von Cannabis in Deutschland sind somit ab 1. April
legal - unter bestimmten Voraussetzungen. MV könnte ein Zentrum des
Anbaus werden.

Was genau gilt ab Ostermontag?

Cannabis verschwindet von der Liste der verbotenen Substanzen im
Betäubungsmittelgesetz. Wer 18 und älter ist, darf zu Hause bis zu 50
Gramm aufbewahren und draußen maximal 25 Gramm mit sich führen. Es
geht explizit um den Eigengebrauch. Weitergabe und Verkauf bleiben
verboten. Zu Hause - nicht im Kleingarten - dürfen außerdem drei
Pflanzen angebaut werden. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis
müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt
werden, beispielsweise mit abschließbaren Schränken und Räumen.

Wie viele Joints sind mit 50 Gramm möglich?

Aus einem Gramm Cannabis können nach gängiger Einschätzung ungefähr

drei Joints gedreht werden - je nach persönlicher Dosierung auch mehr
oder weniger. 50 Gramm wären also 150 Joints. Aus Sicht der Gegner
der Legalisierung ist das viel zu viel. 50 Gramm pro Monat dürfen die
künftigen Anbauvereine künftig an ihre Mitglieder abgegeben. Die
Bundesärztekammer nennt das «eine relevante Menge», «die einem
Hoch-Risiko-Konsum entspricht und zu cannabisbezogenen Störungen
führt».

Was ist mit Konsum in der Öffentlichkeit?

Wo es nicht explizit verboten ist, darf gekifft werden. Verboten ist
es auf Spielplätzen, in Schulen, Sportstätten, also auch
Fußballstadien, Kinder- und Jugendeinrichtungen und jeweils in
Sichtweite davon - in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.
Fußgängerzonen sind zwischen 7.00 und 20.00 Uhr ebenfalls kifffreie
Zonen. Außerdem ist der Konsum verboten «in unmittelbarer Gegenwart
von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben».
Tabu ist es also, sich einen Joint an einer Bushaltestelle voller
Schulkinder anzustecken oder im Garten vor den eigenen minderjährigen
Kindern, genauso wie vor einem Kino, wo auch Jugendliche warten.

Ist Kiffen in Raucherkneipen erlaubt?

Nach dem Gesetz erlaubt ist das Kiffen in Raucherkneipen und in
Raucherbereichen von Gastronomie-Betrieben. Jeder Wirt könne sich
aber, wenn der Marihuana-Geruch zu Ärger führt oder er das Kiffen
nicht will, auf sein Hausrecht berufen, sagt Lars Schwarz vom
Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Mecklenburg-Vorpommern.

Wie gehen Landesregierung und Kommunen mit der Legalisierung um?

Die Ordnungsbehörden der Kommunen stellen sich - wie bei neuen
Gesetzen üblich - auf die veränderte Lage ein, sagt ein Sprecher des
Landkreistages MV. Dazu werde es einen Austausch für ein möglichst
einheitliches Vorgehen geben.

Für Suchtprävention kommt die Freigabe zu schnell. Das hat auch
MV-Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) kritisiert. Auf der
Internetseite der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen MV ist
zum Thema Cannabis-Legalisierung noch nichts zu finden.

Die Justiz in Mecklenburg-Vorpommern muss rund 6500 Verfahren
überprüfen, da es eine Amnestie für Cannabis-Delikte gibt, die ab 1.

April nicht mehr strafbar sind. Mit der Prüfung der Verfahren ist
laut Ministerium bereits begonnen worden. 

Gibt es Anbauvereine in Mecklenburg-Vorpommern?

Der Verband Mariana Cannabis Social Clubs Deutschland weist auf
seiner Karte fünf Clubs im Nordosten auf - In Rostock, Schwerin,
Neubrandenburg, Greifswald und Stralsund. Auch andere Vereine werben
im Netz um Mitglieder, etwa der «Highmatverein».  Die Clubs dürfen
ab
1. Juli mit dem Anbau von Cannabis beginnen. Es gelten strenge
Regeln: Die Clubs müssen mindestens 200 Meter von Schulen, Kitas,
Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen entfernt
sein, dürfen nicht in Wohngebäuden untergebracht sein und nicht durch
auffällige Schilder oder anders für sich werben. Der Konsum in den
Anbauvereinigungen, wie sie im Gesetz heißen, ist ebenfalls tabu.
Anbauflächen und Lager müssen gesichert werden.

In Murchin bei Anklam plant die Deutsche Anbaugesellschaft DAG GmbH
(Hamburg) ein Cannabis-Anbauzentrum: In ehemaligen Panzerhallen der
NVA stehen nach Firmenangaben 120 000 Quadratmeter Hallenfläche zur
Verfügung. «In der ersten Phase haben wir davon 40 000 Quadratmeter
angemietet, hier können wir Anbauflächen für circa 100 Cannabis Clubs

schaffen», sagt General Manager Christian Tonn. Derzeit würden die
Hallen für den Umbau vorbereitet. Darin sollen einzelne, voneinander
getrennte Module eingesetzt werden, eins für jeden Cannabis Club.
«Ein Anbaumodul hat eine Grundfläche von circa 250 Quadratmeter und
besteht aus vier Räumen - einem Anbauraum, einem Trocknungsraum,
einem Raum für Verarbeitung und Verpackung und einem Lager», erklärt

Tonn. Die Clubs bekommen demnach von der DAG die gesamte
Infrastruktur gestellt und sollen dann selbst anbauen. Tonn: «Wir
bekommen täglich Anfragen von Cannabis Clubs aus ganz Deutschland,
die meisten jedoch aus dem Norden.» 

Ob das auch so klappt, ist offen. In einer Protokollnotiz zum
Cannabis-Gesetz hat die Bundesregierung den Ländern zugesagt, dass
nicht eine Vielzahl von Anbauvereinigungen Anbauflächen am selben Ort
oder im selben Objekt betreiben dürfen. So sollen kommerziellen
Plantagen vergleichbare Großanbauflächen ausgeschlossen werden, «die

dem erklärten Zweck eines kleinräumigen, nichtgewerblichen
Eigenanbaus zum Eigenkonsum durch die aktive Mitarbeit der Mitglieder
der jeweiligen Anbauvereinigungen entgegenstehen würden». Die DAG
betont, man sei kein kommerziell anbauendes Unternehmen und auch
keine Plantage.

Welche Strafen drohen bei Verstößen?

Empfindliche Geldbußen und auch Gefängnis sind möglich. Wer etwa die

Gramm-Vorgaben zum Besitz leicht überschreitet, riskiert ein Bußgeld.
Dass kann laut Gesetz allerdings mit bis zu 30 000 Euro saftig
ausfallen. Werden sogar mehr als 30 Gramm im Rucksack, mehr als 60
Gramm zu Hause oder mehr als drei Pflanzen in der Wohnung gefunden,
greift das Strafrecht: Es droht im schlimmsten Fall Gefängnis. Das
gilt besonders für die Weitergabe der Droge an Kinder und
Jugendliche. Wer kifft, wo kiffen nicht erlaubt ist - also auf oder
in der Nähe von Spielplätzen, tagsüber in der Fußgängerzone oder
in
der Nähe von Kindern und Jugendlichen - begeht zwar nur eine
Ordnungswidrigkeit, riskiert aber ebenfalls empfindliche Bußgelder
bis zu 30 000 Euro.

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