Legales Kiffen in Sicht - mit welchen Regeln? Von Sascha Meyer, dpa

Es ist eines der viel diskutierten Vorhaben von SPD, Grünen und FDP -
und eine politische Zäsur: Marihuana und Haschisch sollen für
Volljährige in Grenzen erlaubt werden. Wie genau?

Berlin (dpa) - Die Befürworter können es kaum erwarten, Kritiker
warnen vor einem völlig falschen Schritt: Nach jahrzehntelangen
Debatten kommt eine Legalisierung von Cannabis in Deutschland in
Sicht. Der Bundestag soll die Gesetzespläne der Ampel-Koalition an
diesem Freitag beschließen - es geht um keine komplette, sondern eine
kontrollierte Freigabe mit zahlreichen Regeln. Voraussichtlich ab 1.
April sollen Erwachsene so die ersten «erlaubten» Joints rauchen
können. Doch unumstritten ist das ganze Vorhaben damit bei Weitem
nicht.

Warum kommt überhaupt eine Legalisierung?

«Wir müssen die Cannabis-Drogenpolitik an die gesellschaftliche
Realität anpassen, um den Schwarzmarkt zu bekämpfen und insbesondere
Kinder- und Jugendliche zu schützen», sagt Grünen-Gesundheitsexperte

Janosch Dahmen. «Jenseits mancher empörter rhetorischer Rauchwolken
zeigen die nüchternen Zahlen leider, dass ein reines Verbot nicht
dazu führt, dass weniger Menschen Cannabis konsumieren - im
Gegenteil, der Konsum gerade junger Menschen steigt.» Minister Karl
Lauterbach (SPD) hebt zugleich die Botschaft hervor: «Es wird zwar
legal, aber es gibt Probleme.» Bisher wüssten viele Eltern nicht, wie
schädlich der Konsum sei. Vor allem junge Erwachsene sollten auf
erhöhte Gefahren hingewiesen werden. 

Wie wird die Legalisierung umgesetzt?

Cannabis wird im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen
Stoffe gestrichen. Der Umgang damit soll dann künftig zwar per Gesetz
grundsätzlich verboten sein - aber mit drei festgelegten Ausnahmen
für Personen ab 18 Jahren. Diese betreffen den Besitz bestimmter
Mengen, den privaten Eigenanbau sowie Anbau und Weitergabe in
speziellen Vereinen. Generell nicht zu den verbotenen Tätigkeiten
zählt gemäß den völkerrechtlichen Rahmenbedingungen der Eigenkonsum
,
wie es im Gesetzentwurf heißt. Tabu bleiben sollen der Umgang mit
Cannabis und der Konsum in den militärischen Bereichen der
Bundeswehr.

Was genau soll für Volljährige künftig möglich sein?

Erlaubt werden soll der Besitz von bis zu 25 Gramm getrockneten
Pflanzenmaterials zum Eigenkonsum, die man auch im öffentlichen Raum
mit sich führen darf. In der privaten Wohnung soll der Besitz von bis
zu 50 Gramm erlaubt werden. Angebaut werden dürfen dort auch
gleichzeitig drei Pflanzen. Was darüber hinausgeht, muss sofort
vernichtet werden. Geerntet werden darf nur zum Eigenkonsum, nicht
zur Weitergabe an andere. Samen, Pflanzen und geerntetes Haschisch
und Marihuana müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern
geschützt werden - etwa mit abschließbaren Schränken und Räumen. 


Wie sollen die Cannabis-Anbauvereine aussehen? 

Erlaubt werden sollen auch «Anbauvereinigungen». Also so etwas wie
Clubs für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im
Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum
Eigenkonsum abgeben - pro Tag höchstens 25 Gramm Cannabis je Mitglied
und im Monat höchstens 50 Gramm. Für 18- bis 21-Jährige sollen
monatlich 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol
(THC) zulässig sein, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Die
Clubs sind als nicht kommerzielle Vereine zu organisieren und
brauchen eine Erlaubnis, die befristet gilt. Das Anbaugebäude darf
keine Wohnung sein und keine auffälligen Schilder haben. Werbung ist
tabu, auch Cannabis-Konsum direkt vor Ort. Anbauflächen und Lager
müssen gesichert werden, für Transporte sind Regeln vorgesehen.

Welche Vorgaben gelten noch?

Um gemeinschaftlich angebautes Cannabis zu bekommen, muss man es
persönlich vor Ort entgegennehmen - und dafür den Mitgliedsausweis
und einen amtlichen Ausweis mit Foto vorlegen. Erlaubt ist nur
Cannabis in Reinform, also als getrocknete Blüten und blütennahe
Blätter (Marihuana) oder abgesondertes Harz (Haschisch). Verboten
sind Mischungen oder Verbindungen mit Tabak, Nikotin oder
Lebensmitteln. Die Verpackung muss neutral sein. Auf einem Infozettel
müssen unter anderem das Gewicht in Gramm, die Sorte, der
durchschnittliche THC-Gehalt in Prozent und Hinweise zu Risiken des
Konsums aufgeführt werden. Ein Kaufpreis darf nicht verlangt werden,
finanzieren sollen sich die Vereinigungen durch ihre
Mitgliedsbeiträge. Geregelt sind auch Dokumentationspflichten und
amtliche Kontrollen.

Was ist mit Kindern und Jugendlichen?

Für Minderjährige bleiben Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis
komplett verboten, wie das Gesundheitsministerium betont. Weitergaben
an Kinder und Jugendliche sind strafbar. Der Konsum «in unmittelbarer
Gegenwart» von unter 18-Jährigen soll verboten sein, ebenso in
Fußgängerzonen von 7.00 bis 20.00 Uhr. Kiffen wird auch auf
Spielplätzen, in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen,
Sportstätten und jeweils in Sichtweite davon - also in 100 Metern
Luftlinie um den Eingangsbereich - untersagt. Zunächst waren 200
Meter angedacht.

Wie verbreitet ist Cannabis-Konsum eigentlich?

Dazu, wie viel Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken konsumiert
wird, liegen laut Gesundheitsministerium noch keine validen Daten
vor. Studien zufolge haben 4,5 Millionen Erwachsene nach eigenen
Angaben in den zurückliegenden zwölf Monaten wenigstens einmal
Cannabis konsumiert - bei Männern 10,7 Prozent und bei Frauen 6,8
Prozent. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen war der Konsum
demnach am stärksten verbreitet. Dabei bestehen Experten zufolge bis
zum Alter von 25 Jahren wegen des noch anhaltenden Reifeprozesses des
Gehirns besondere Risiken für psychische, physische und soziale
Beeinträchtigungen.

Wie geht es weiter?

Nach dem angepeilten Bundestagsbeschluss kommt das Gesetz
abschließend noch in den Bundesrat. Zustimmungsbedürftig ist es
nicht. Prinzipiell könnte die Länderkammer aber den gemeinsamen
Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und die Pläne so noch
abbremsen. Begleitend zur Legalisierung prüft das
Bundesverkehrsministerium gerade auch, wie ein THC-Grenzwert für
Cannabis am Steuer gefasst werden könnte - ähnlich wie die
0,5-Promille-Grenze für Alkohol. Nach Inkrafttreten des Gesetzes soll
es auch eine Amnestie von Verurteilungen für Fälle geben, die künftig

erlaubt sind. Eine geplante zweite Säule der Legalisierung hängt
vorerst in der Warteschleife: Modellprojekte mit lizenzierten
Geschäften.

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