Eigentümerversammlung wegen Corona schriftlich? BGH: «Zwickmühle»
Abstandhalten war in der Corona-Pandemie angesagt. Doch das Gesetz
sieht vor, dass sich Wohnungseigentümer regelmäßig versammeln? Ob
eine rein schriftliche Variante eine Lösung ist, prüft nun der BGH.
Karlsruhe (dpa) - Durften Versammlungen von Wohnungseigentümern
während der Corona-Pandemie nur schriftlich stattfinden oder sind die
so getroffenen Beschlüsse nichtig? Der Bundesgerichtshof (BGH) muss
diese Frage anhand eines Falls aus Hessen klären, der nach Angaben
der Vorsitzenden Richterin Bettina Brückner stellvertretend für viele
ist.
Es gehe um ein grundsätzliches Problem in der Pandemie, erklärte sie
am Freitag in Karlsruhe: «Die Verwalter saßen in einer rechtlichen
Zwickmühle.» Nach dem Wohnungseigentumsgesetz hätten sie eine
Versammlung abhalten lassen müssen, nach dem Infektionsschutzgesetz
sei genau das nicht erlaubt gewesen. «Konnten Wohnungseigentümer
business as usual einfordern, obwohl man sich nicht versammeln
durfte?» Eine Entscheidung will der BGH am 8. März verkünden. (Az. V
ZR 80/23)
Verwalterin war alleine anwesend - «Hat mit Versammlung nichts zu
tun»
Im konkreten Fall haben Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft aus
Südhessen geklagt. Deren Verwalterin hatte den Angaben nach zu einer
schriftlichen Eigentümerversammlung am 24. November 2020 eingeladen
und dazu aufgefordert, ihr eine Vollmacht und Weisungen für die
Stimmabgabe zu erteilen. Formulare dafür habe sie beigelegt. 5 von 24
Eigentümern seien dem nachgekommen. Die Kläger hingegen hätten keine
Vollmacht erteilt.
In der Versammlung war dann laut BGH nur die Verwalterin anwesend und
übersandte anschließend ein Protokoll mit den von ihr gefassten
Beschlüssen. Dabei ging es laut dem Anwalt der Eigentümergemeinschaft
unter anderem um Abrechnungen und den Wirtschaftsplan 2021. Das
Landgericht Frankfurt am Main erklärte die Beschlüsse für nichtig,
weil das individuelle Recht eines jeden Eigentümers auf persönliche
Teilnahme an einer Versammlung verletzt worden sei. Dagegen ging die
Eigentümergemeinschaft in Revision.
Deren Anwalt betonte vor dem Senat, alle Eigentümer hätten per
Weisung die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Abstimmung zu
nehmen. Der Vertreter der Gegenseite sagte hingegen, das Ganze habe
«im stillen Kämmerlein» stattgefunden. «Das hat mit einer Versammlu
ng
nichts zu tun.» Nur wenn alle Eigentümer der Ansicht seien, sie
bräuchten keine Diskussion und keine Informationen, sei ein Beschluss
ohne Versammlung gültig.
Gesetzesreform soll virtuelle Versammlungen ermöglichen
Eine Eigentümerversammlung solle gerade ermöglichen, sich persönlich
auszutauschen und zu diskutieren, erklärte Lothar Blaschke vom Verein
Deutscher Wohnungseigentümer. Manche Gemeinschaften hätten
Möglichkeiten gesucht, um etwa Abstandsgebote einzuhalten, oder die
Versammlung auch mal ausfallen lassen, sagte Julia Wagner vom Verband
Haus & Grund. Beide bestätigten, dass die Pandemie mit ihren
Einschränkungen wie Abstandsregeln Eigentümergemeinschaften vor
Herausforderungen gestellt habe.
Richterin Brückner betonte, dass Eigentümerversammlungen seinerzeit
weder hybrid noch rein virtuell - sprich über eine Videoschalte -
erlaubt waren. Inzwischen befasst sich der Bundestag mit einer
Gesetzesänderung, nach der solche Versammlungen rein virtuell
stattfinden dürfen - vorausgesetzt mindestens 75 Prozent der
Eigentümer stimmen dem zu. Die Zustimmung soll dem Entwurf zufolge
auf drei Jahre befristet sein.
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