Experte zu Psyche und Krisen: Corona stärker zu spüren als Kriege

Auch wenn Gaza und Ukraine die Nachrichten bestimmen: Laut einem
Experten für psychische Gesundheit schlägt uns weiterhin die Pandemie
am stärksten auf die Psyche.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Corona, Ukraine, Gaza - in den 2020er-Jahren
folgt bislang Krise auf Krise auf Krise. Aus Sicht eines Experten für
psychische Gesundheit schlagen sich aber zumindest die kriegerischen
Auseinandersetzung wohl nicht kollektiv auf die Psyche hierzulande
nieder.

Vielmehr sind weiterhin di Folgen von Pandemie und Lockdowns spürbar:
Der Bedarf an psychotherapeutischen Hilfen sei angestiegen, was aber
in erster Linie auf die Coronamaßnahmen zurückzuführen sei: «Der
soziale Entzug hat besonders bei Kindern entsprechende Spuren
hinterlassen», sagte Gerd Höhner, Psychologe, Psychotherapeut und
Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW. Ein direkter Zusammenhang
zwischen der Gaza-Krise und einem Anstieg der Nachfrage sei dagegen
nicht bekannt - «würde ich auch bezweifeln», sagte der Psychologe.

Im Gegensatz zu Corona seien Kriege in Gaza oder der Ukraine in
gewisser Weise «nachvollziehbar», erklärte Höhner. «Wir sehen Din
ge,
die zwar fürchterlich sind, die uns aber nicht fremd sind», sagte er.

Bei Corona sei der «Feind» den Menschen aber völlig fremd gewesen:
«Er war uns nicht bekannt. Er war vor allen Dingen unsichtbar.» Dazu
komme ein weiterer Unterschied zwischen Pandemie und Kriegen: Corona
sei überall gewesen, niemand habe sich distanzieren können.

Die Kriege seien dagegen zwar nicht weit weg, aber doch entfernt.
Deshalb sei bei den Kriegen allgemein die psychische Belastung
geringer - abgesehen von denjenigen Menschen, die in ihrem Umfeld
direkt davon betroffen seien.

«Wir haben alle die Tendenz, die Probleme eher zu relativieren und in
gewisser Weise uns auch selber ein Stück weit von den Dingen zu
distanzieren», sagte Höhner. Es erschrecke einen manchmal, dass man
bei manchen Ereignissen kein richtiges Mitgefühl habe. «Aber das ist
eine gesunde Reaktion. Man kann nicht auf alle Dinge, die schwierig
sind, mit höchster Betroffenheit reagieren», sagte er.

Neben der «Unangreifbarkeit des Feindes» habe bei der Corona-Pandemie
vor allem Kinder der Entzug sozialer Interaktion belastet. «Der
Mensch ist ein Wesen, das ohne soziale Interaktion nicht leben kann»,
sagte Höhner. «Es gibt eine Menge Kinder, die einen Knacks
davongetragen haben und dieser Knacks geht nicht einfach weg, bloß
weil die jetzt wieder zum Kindergeburtstag können oder ins Kino.»

Es gebe bei Kindern nach wie vor eine erhöhte Rate von Angststörungen
oder behandlungsbedürftigen depressiven Verstimmungen. Auch bei
Erwachsenen sei die Rate der Menschen, die erschöpft, hilflos und
traurig seien, gestiegen.

Das psychotherapeutische Behandlungsangebot hinke aber schon
seit Einführung des Berufs des Psychotherapeuten Ende der
1990er-Jahre weit der Nachfrage hinterher. In NRW sei man «über den
Daumen gepeilt» mit einem Minus von 40 Prozent beim Angebot
gestartet. Dieses Minus schleppe man seit mehr als 20 Jahren mit sich
herum - «und dann kam Corona drauf», sagte Höhner.

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