High-Protein-Produkte - wie viel Eiweiß ist gesund? Von Oliwia Nowakowska, dpa
Brot, Pudding oder Aufschnitt: Im Supermarkt gibt es Lebensmittel mit
der Aufschrift «High Protein». Durch zusätzliches Eiweiß sollen sie
sie gesünder sein. Nur ein Marketing-Trick oder bringt das etwas?
Berlin (dpa) - Der Schlüssel zu einer gesunden Ernährung und
schlanken Figur soll eine kohlenhydratarme und eiweißreiche Ernährung
sein. Kein Wunder also, dass Lebensmittel mit «High Protein»-Label
beliebter werden. Sie bieten extra viel Eiweiß und gelten deshalb als
gesünder, sind dafür aber teilweise auch dreimal so teuer. Bringt
dieser Aufpreis einen entsprechenden Mehrwert? Ein Faktencheck:
Behauptung: Eine erhöhte Eiweißzufuhr ist zu empfehlen.
Bewertung: Expertinnen und Experten sind skeptisch.
Fakten: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät
Erwachsenen, etwa 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu
sich zu nehmen - geschlechtsunabhängig. Für einen 70 Kilogramm
schweren Menschen wären das etwa 56 Gramm Eiweiß pro Tag. Bei
Menschen über 65 Jahren seien es geschätzt 1,0 Gramm pro Kilo.
Es ist auch sinnvoll, ungefähr diese Mengen mit der Nahrung zu essen,
weil Eiweiß lebenswichtig ist. Es wird im Körper zersetzt, der dann
damit wieder etwa Muskeln, Enzyme und Antikörper produziert.
Die empfohlenen Mengen erreichen Deutsche meist ohnehin durch eine
ausgewogene Ernährung. Die mit zusätzlichem Eiweiß versetzten
Lebensmittel brauche es für eine optimale Zufuhr nicht, erklärt
Susanne Klaus, Professorin am Deutschen Institut für
Ernährungsforschung (Dife) Potsdam-Rehbrücke. Denn nach ihren Worten
essen Menschen in Deutschland fast doppelt so viel Proteine wie die
DGE empfiehlt.
DGE: Zusätzliches Eiweiß selten sinnvoll und manchmal auch schädlich
Erwachsene Breitensportler, die vier bis fünf Mal je Woche 30 Minuten
bei mittlerer Intensität trainieren, benötigen laut DGE keine
zusätzliche Proteinmenge. Menschen, die aufgrund ihres Alters oder
durch Leistungssport einen höheren Proteinbedarf hätten, könnten ihn
über herkömmliche proteinreiche Lebensmittel decken. Eine Proteingabe
durch spezielle Nahrungsergänzungsmittel (Supplements) sei lediglich
bei Sportlern in Phasen mit besonders intensiven oder neuen
Trainingsinhalten sinnvoll sowie bei gewissen
Lebensmittelunverträglichkeiten.
Die Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm weist außerdem darauf hin,
dass besonders die falschen Menschen zu viel Eiweiß essen - nämlich
junge Männer, die es gar nicht unbedingt benötigten. Bei älteren
Menschen könne eine erhöhte Eiweißzufuhr hingegen gegen
altersbedingten Muskelabbau helfen.
Unklar, wie eine Überdosierung langfristig wirkt
Ob eine erhöhte Zufuhr für gesunde Erwachsene generell schädlich
werden kann, ist der DGE zufolge unklar. Demnach gibt es
Beobachtungen, die zeigen, dass sogar drei- bis viermal so viel
Protein, wie eigentlich empfohlen, unschädlich sein kann. Allerdings
könne nicht abschließend gesagt werden, ob so eine hohe Zufuhr über
eine längere Zeit komplett ohne negative Auswirkungen bleibt.
Weiter schreibt die DGE, dass Menschen, die deutlich mehr Proteine
essen, auch ausreichend trinken sollten. Denn beim Proteinabbau
entstehe unter anderem Harnstoff, der mit dem Urin ausgeschieden
wird. Deshalb könne zu viel Eiweiß bei Menschen mit eingeschränkter
Nierenfunktion auch zu weiteren Nierenschäden führen.
Proteine von pflanzlichen Lebensmitteln gesünder
Dass die Deutschen so viel Eiweiß essen, liegt der DGE zufolge vor
allem am hohen Fleischkonsum sowie der Neigung zu anderen tierischen
Produkten. Gesünder wäre es, Proteine mithilfe von pflanzlichen
Lebensmitteln einzunehmen, wie Professorin Klaus sagt. Als besonders
eiweißreich gelten beispielsweise Linsen, Bohnen und Soja.
Denn viele tierische Lebensmittel enthalten Zutaten, die nicht
unbedingt gesund sind: «Gerade, wenn ich zum Beispiel Wurst esse, ist
da sehr viel tierisches Fett drin und das hat wenig oder gar keine
Omega-3-Fettsäure - also diese essenziellen gesunden Fettsäuren»,
erklärt Klaus.
Ähnlich verhält es sich bei einigen Protein-Produkten.
Ernährungsexpertin von Cramm sagt, dass auch die «High
Protein»-Produkte täuschen können, wenn sie versteckte Kalorien,
Zucker oder Fett enthalten. Dazu komme, dass die meisten dieser
Lebensmittel um ein Vielfache teurer seien.
Proteinporridge kostet im Vergleich viel mehr
Cramm rechnet vor: 100 Gramm Proteinporridge mit 28 Gramm Eiweiß
kosteten 1,40 Euro, 100 Gramm Haferflocken mit 13 Gramm Eiweiß aber
nur 0,20 Euro.
Die Ernährungsexpertin weist darauf hin, dass man locker auch ohne
spezielle Protein-Produkte und sogar ohne Fleisch auf den jeweiligen
Proteinbedarf kommen könne: «Ofenkartoffeln mit Quark enthalten circa
25 Gramm Protein. Zwei Scheiben Vollkornbrot mit Erdnussmus 15 Gramm,
150 Gramm gegarte Linsen 14 Gramm. Ein Mensch, der 68 kg wiegt, hätte
hiermit seine 54 Gramm Eiweiß am Tag erreicht.»
Dife-Professorin Klaus hält die High-Protein-Produkte nach eigenen
Aussagen meist für einen Marketing-Trick: «Das Wort «Hoch-Protein»
ist ja auch nicht in irgendeiner Weise geschützt oder genau
definiert.»
Höhere Preise bei High-Protein-Produkten
Aus marktwirtschaftlicher Sicht könne man ganz allgemein sagen, dass
die Entwicklung neuer Produkte mit (hohen) Kosten verbunden sei, sagt
Marlen Haß vom Thünen-Institut für Marktanalyse. «Gleichzeitig habe
n
die Konsumenten offenbar eine höhere Zahlungsbereitschaft für diese
Produkte, da sie den Produkten einen höheren Nutzen zuschreiben.»
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