Von wegen «Fest der Liebe» - Warum es an Weihnachten oft Streit gibt Von Isabell Scheuplein, dpa
Konflikte unterm Weihnachtsbaum gibt es in vielen Familien. Für
fröhlichere Feiertage raten Psychologinnen, schon vorher das Gespräch
mit allen Beteiligten zu suchen und offen über die eigenen Wünsche zu
sprechen.
Frankfurt/Hamburg (dpa) - Die Familie schart sich einträchtig um den
festlich geschmückten Baum und singt Weihnachtslieder, bevor sich
alle an der reich gedeckten Tafel zum gemeinsamen Mahl niederlassen -
Filme und Lieder, die in diesen Tagen rauf und runter gespielt
werden, sind voll von solchen Klischees zum «Fest der Liebe». Das
schürt Erwartungen und ist aus Sicht von Psychologinnen mit Schuld
daran, dass die Realität oft anders aussieht.
«Weihnachten verbinden wir immer noch mit der stillen, heiligen
Nacht, mit roten Bäckchen und Pfefferkuchen, und alle haben sich
lieb», sagt die Psychologin Christine Backhaus aus Frankfurt am Main.
Dabei wisse man eigentlich genau, welche Probleme auftauchen könnten,
wenn man gemeinsam mit der Familie feiere. Oft habe sich Vieles
aufgestaut, Weihnachten wirke dann wie ein Brennglas.
Viele kennen das: Man besucht als Erwachsener seine Eltern und schon
nach einem Tag liegen die Nerven blank. Oder die Eltern kommen zu
Besuch und der Streit lässt nicht lange auf sich warten. Grund ist,
dass in der Kindheit erworbene Muster wieder anspringen, wie die
Hamburger Psychologin Susanne Schmal erläutert.
«Diese Muster sind tief in uns verankert, das ist wie ein Autopilot.
Wenn wir dann Weihnachten feiern und die Eltern kommen, dann läuft
das vielleicht am ersten Tag noch ganz harmonisch ab. Aber am zweiten
oder dritten Tag, dann kracht es manchmal», sagt Schmal. Plötzlich
sei man nicht mehr die erwachsene Frau, sondern wieder die junge
Tochter. Auch die Eltern fielen wieder in ihre Schemata hinein. «Dann
gibt es Streit, weil ich denke, mein Vater will ja doch nur immer,
dass ich Leistung bringe oder die Mama will immer, dass das Haus
sauber ist und jetzt geht sie schon wieder herum und kontrolliert
alles.»
Um dies zu vermeiden und ein entspannteres Fest zu haben, rät Schmal,
schon vorher innerhalb der Familie über die jeweiligen Vorstellungen
zu sprechen. Wann soll der Baum geschmückt sein, wie soll die
Bescherung ablaufen und braucht es wirklich ein aufwendiges Menü, das
die Nerven der Köchin oder des Kochs strapaziert? Es gehe darum, ein
eigenes Ideal zu schaffen jenseits der gängigen Klischees.
Die Frankfurter Psychologin Backhaus sagt, es lohne sich, auch mit
Eltern in fortgeschrittenem Alter offen zu sprechen: «Das kommt in
der Regel gut an, wenn man es nicht als Vorwurf formuliert, sondern
sagt, was man schön fände.» Eine Möglichkeit, bei aufflammendem
Streit einzuschreiten, sei, sich in der Familie auf eine Art «Joker»
oder «Time-Out-Symbol» zu einigen, dass dann auf den Tisch gestellt
werde, bevor das Drama seinen Lauf nehme. Wenn sich die Situation
abgekühlt habe, könne man das Gespräch wieder aufnehmen. Hierzu gebe
es sehr gute Erfahrungen aus der Paar-Therapie, sagt Backhaus.
Die Psychologinnen raten, zu reflektieren, welche eigenen Bedürfnisse
an einem solchen Abend bisher auf der Strecke bleiben. «Brauche ich
mehr Ruhe, muss ich mir die Beine vertreten, brauche ich mehr
Freiraum?», nennt Backhaus Beispiele. Dann müsse man den Mut fassen,
dies anzusprechen - und auch nach den Bedürfnissen der anderen
fragen. So könne ein Austausch darüber entstehen, welche Rituale alle
gut finden und wo Änderungen sinnvoll seien.
Es lohne sich, vorher Reiz-Themen zu identifizieren und sich zu
fragen, was in dem Moment zur Entspannung beitragen könnte - fünf Mal
tief zu atmen beispielsweise, sagt die Hamburger Psychologin Schmal.
Oder man lege von vornherein Regeln fest und sagt beispielsweise:
«Mama, über dieses Thema möchte ich an Weihnachten nicht sprechen.»
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