Kassenärzte-Chef findet Lauterbachs Corona-Warnungen übertrieben

Berlin (dpa) - Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV),
Andreas Gassen, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
unverhältnismäßige Appelle angesichts der aktuellen Corona-Lage
vorgeworfen. «Karl Lauterbach kann nicht aus seiner Haut. Ich halte
seine Warnungen und Appelle in der Dringlichkeit für überzogen. Wir
haben schließlich keine pandemische Lage mehr», sagte Gassen der
«Rheinischen Post» (Mittwoch). Er wolle nicht bestreiten, dass die
Zahlen aktuell stark steigen. «Aber wir haben früher auch nicht wegen
Erkältungen oder der Grippe überall zum Maskentragen und zum Verzicht
auf Weihnachtsfeiern in Innenräumen geraten. Was Sinn macht, ist die
Impfung gegen Corona und Grippe für alle Älteren und Risikogruppen»,

meinte Gassen.

Zugleich äußerte er Bedauern darüber, dass mittlerweile eine
gewachsene Skepsis gegenüber Impfstoffen herrsche. «Die
Grippe-Impfquoten waren noch nie zufriedenstellend. Aktuell sind sie
aber gefühlt noch einmal besonders niedrig. Gleichwohl verwundert es
mich nicht, dass heute mehr Menschen zögern», sagte Gassen der
Zeitung. «Denn als die Corona-Impfstoffe kamen, wurden Sorgen über
deren Sicherheit und Verträglichkeit von Medizinern und Politikern
weggewischt. Dabei gab und gibt es natürlich Impfschäden bei
einzelnen Personen, die genau wie Long-Covid-Fälle zum Gesamtbild
gehören», betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende.

Lauterbach hatte angesichts der aktuellen Corona-Welle erneut zu
Vorsicht und mehr Impfungen in der Vorweihnachtszeit aufgerufen.
«Corona bleibt gefährlich. Es ist keine Erkältung, die man sich
bedenkenlos jede Saison einfangen kann», sagte der SPD-Politiker der
«Bild am Sonntag». Vielmehr befalle Corona oft auch die Blutgefäße

oder schwäche das Immunsystem und lasse sich daher viel zu häufig
nicht komplett auskurieren. Der Minister riet zudem, «lieber noch mal
Maske in Bus und Bahn» zu tragen. Wenn es gehe, sollte man «lieber im
Homeoffice bleiben, als die Bürogesellschaft zu genießen».