Zugang zu tödlichem Medikament - Bundesverwaltungsgericht verhandelt
Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht, frei über seinen Tod zu
entscheiden. Aber wie sollen Sterbewillige das umsetzen? Das
Bundesverwaltungsgericht verhandelt über den Zugang zu einem
tödlichen Medikament.
Leipzig (dpa) - Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt am
Donnerstag über den Zugang zu einer tödlichen Dosis Betäubungsmittel
für Sterbewillige. Zwei schwerkranke Menschen klagen gegen das
Bundesinstitut Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das ihren
Antrag für den Kauf des Medikaments abgelehnt hat. In den
Vorinstanzen hatten die Kläger keinen Erfolg. Das Bundesgericht will
eine Entscheidung am 7. November verkünden.
Die Klage
Die beiden Patienten verlangen vom BfArM die Erlaubnis, eine tödliche
Dosis Natrium-Pentobarbital erwerben zu dürfen. Damit wollen sie sich
selbst töten. Das Bundesinstitut hat die Anträge abgelehnt. Es beruft
sich dabei auf das Betäubungsmittelgesetz, das den Zugang zu einem
Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung nicht zulässt.
Die vorherige Entscheidung
Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die
Klagen abgewiesen. Die Erteilung einer Erlaubnis sei unmöglich. Das
Betäubungsmittelgesetz habe den Zweck, die medizinische Versorgung
der Bevölkerung zu sichern und dem Schutz der menschlichen Gesundheit
zu dienen. Das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben werde dadurch
nicht verletzt. Es gebe dafür andere Möglichkeiten - etwa mit Hilfe
eines Arztes oder einer Organisation, die zur Suizidhilfe bereit
sind. Gegen dieses OVG-Urteil haben die Kläger Revision eingelegt.
Die Argumente der Kläger
Eine Sterbehilfe-Organisation oder die Hilfe eines Arztes wollen die
Kläger nicht in Anspruch nehmen, erklärte Rechtsanwalt Robert
Roßbruch. Demnach möchten beide Männer das Betäubungsmittel in der
Apotheke erwerben und «es im Kreise der Familie einnehmen», so
Roßbruch, der Präsident der «Deutschen Gesellschaft für humanes
Sterben» ist, in der die Kläger Mitglied sind. Die Kläger führen au
ch
an, dass es äußerst schwierig sei, einen Arzt zu finden, der Mittel
zur Selbsttötung verschreibt.
Anträge auf tödliche Medikamente
Seit 2017 sind beim BfArM 244 Anträge auf die Erteilung einer
Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital gestellt worden. In
keinem Fall sei ein Antrag bewilligt worden, teilte das
Bundesinstitut mit. Ein Großteil sei abgelehnt worden, acht Anträge
seien zurückgezogen worden, etliche Verfahren seien noch offen. In 36
Fällen seien die Antragsteller gestorben.
Sterbehilfe in Deutschland
Grundlegend ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr
2020. Es postuliert das Recht des Einzelnen auf ein selbstbestimmtes
Sterben. Mit der Entscheidung wurde damals das Verbot der
organisierten Sterbehilfe in Deutschland gekippt. Seither wird
allerdings um konkrete Regelungen für die Sterbehilfe gestritten -
bisher ohne Ergebnis. Im Sommer bekamen zwei Gesetzentwürfe nicht die
nötige Mehrheit im Bundestag.
Sicht von Patientenschützern
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz lehnt den Zugang zu
Natrium-Pentobarbital für Sterbewillige ab. Bereits jetzt werde
mehreren Hundert Menschen jährlich mit anderen Mitteln zur
Selbsttötung verholfen, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Zudem sei der
Bundestag gefordert, die Sterbehilfe gegen Gebühr zu verbieten. Denn
wo Geld fließe, sei die Autonomie in Gefahr.
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