Tandler in Masken-Prozess: «Ging mir niemals darum, zu betrügen» Von Christoph Trost, dpa
Politikertochter Andrea Tandler verdiente mit Masken-Geschäften in
der Corona-Pandemie spektakuläre Summen. Dreieinhalb Jahre danach
steht sie vor Gericht - aber nicht wegen der Provisionen selbst.
München (dpa) - Im Steuerprozess gegen zwei Schlüsselfiguren der
Corona-Maskenaffäre in Bayern hat die Angeklagte Andrea Tandler den
Vorwurf zurückgewiesen, gezielt Steuern in Millionenhöhe hinterzogen
zu haben. «Es ging mir niemals darum zu betrügen», sagte die Tochter
des früheren CSU-Generalsekretärs und ehemaligen bayerischen Finanz-,
Wirtschafts- und Innenministers, Gerold Tandler, am Mittwoch vor dem
Landgericht München I. Sie habe Geschäfte machen wollen, «bei denen
alles korrekt gehandhabt wird», und habe immer «nach bestem Wissen
und Gewissen» gehandelt. Sie sprach allerdings von «Fehlern», die in
der damaligen sehr hektischen Zeit passiert sein könnten.
Tandler und ihr Geschäftspartner N. müssen sich in dem Verfahren
wegen steuerrechtlicher Vorwürfe verantworten. Tandler wird
Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie ein Subventionsbetrug
vorgeworfen, dem Angeklagten N. Beihilfe zur Steuerhinterziehung und
Steuerhinterziehung in Mittäterschaft. Auch N. wies über seine
Rechtsanwälte zurück, gezielt Steuern hinterzogen zu haben. Beide
verwiesen darauf, dass sie sich an Steuerrechtsexperten gewandt und
eine Steuerberatungsgesellschaft in München mandatiert hätten.
Ausgangspunkt waren immense Provisionszahlungen, die Tandler zu
Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 erhielt - wogegen jedenfalls
rechtlich nichts einzuwenden ist. Die Unternehmerin hatte
Lieferverträge über persönliche Schutzausrüstung, insbesondere
Masken, zwischen einem Schweizer Unternehmen und verschiedenen
Behörden des Bundes und der Länder vermittelt. Insgesamt flossen
dafür laut Anklage Provisionen von mehr als 48 Millionen Euro. Die
Affäre hatte nach Bekanntwerden bundesweit für Schlagzeilen gesorgt.
Insgesamt soll Tandler dann aber 23,5 Millionen Euro Steuern
hinterzogen haben, wie Staatsanwältin Susanne Gehrke-Haibl bei der
Anklageverlesung ausführte. Konkret geht es demnach um nicht gezahlte
Einkommensteuern von 8,7 Millionen Euro, gemeinschaftlich
hinterzogene Schenkungssteuern von 6,6 Millionen Euro und
Gewerbesteuerhinterziehung von 8,2 Millionen Euro. Den entstandenen
wirtschaftlichen Schaden beziffert die Staatsanwaltschaft München I
letztlich mit 15,2 Millionen Euro. Tandler soll die Provisionen etwa
rechtswidrig nicht als Einzelperson, sondern über eine Firma
versteuert haben, und zwar in Grünwald bei München. Dort ist im
Vergleich zur Landeshauptstadt nur rund die Hälfte an Gewerbesteuern
fällig.
Tandler sagte, die Steuerkanzlei habe sie nie darauf hingewiesen,
dass sie etwas privat versteuern müsse. In den Akten findet es sich
aber beispielsweise ein Hinweis in einer Präsentation, dass Einkünfte
aus früheren Vermittlungsleistungen privat zu versteuern seien.
Die Wirtschaftsstrafkammer hat bislang acht Verhandlungstage bis zum
17. November geplant. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, drohen
Tandler und ihrem Partner angesichts des hohen Steuerschadens
langjährige Haftstrafen. Das Verfahren gegen einen dritten
Beschuldigten wurde abgetrennt. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Es war das erste Mal, das sich Tandler und N. äußerten. Tandler
berichtete dabei vor allem ausführlich von der Anbahnung und
Abwicklung der Geschäfte. Mit einem derart großen Volumen habe man
nie gerechnet. Vor dem ersten Abschluss sei man lediglich von einer
niedrigen sechsstelligen Provision für jeden ausgegangen, «auch wenn
das aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar sein mag». Mit der
Gründung einer GmbH habe man seriöser wirken wollen, erklärte sie.
Von ihrem Nachnamen will Tandler damals nicht profitiert und ihn
jedenfalls nicht bewusst eingesetzt haben. Sie habe ihren Vater auch
nicht um Hilfe gebeten. «Es war uns überhaupt nicht klar, dass der
Name Tandler wertvoll sein könnte.» Allerdings hätten anfangs
mindestens zwei Ministerien darauf hingewiesen, dass man sich wegen
ihres Namens auf sie verlasse, räumte sie ein. Bestellt worden sei am
Ende aber, weil man tatsächlich geliefert habe, «und nicht, weil ich
Tandler heiße». Zur Kontaktanbahnung hatte sich Tandler damals unter
anderem an die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier gewandt. In den
Akten findet sich allerdings ein Whatsapp-Chat, in dem Tandler einmal
schrieb: «Mein Vater war früher Finanzminister in Bayern.»
Am Ende bestellte auch der Bund. Tandler berichtete ausführlich, wie
sich auch der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
persönlich mit Anforderungslisten bei ihr gemeldet habe. «Es ging
tatsächlich um gigantische Mengen», sagte sie rückblickend. Einmal
habe ihr Spahn geschrieben: «Wir nehmen immer noch von allem alles.»
Auch vom bayerischen Gesundheitsministerium, das als erstes Masken
bestellte, seien sie und N. unter riesigen Druck gesetzt worden.
Sämtliche Arbeiten und Geschäfte wickelten nach Angaben Tandlers sie
selbst und N. gemeinsam ab. «Wir waren Geschäftspartner fürs Leben»
,
sagte sie - N. sei aber nicht ihr Lebenspartner, wie die
Staatsanwaltschaft behaupte, auch wenn sie ihn manchmal so bezeichnet
habe. Die Gewinne habe man auch für die Vision einer gemeinsamen
geschäftlichen Zukunft einsetzen wollen. Als Beispiel nannte sie
Idee, hochwertige bayerische Knödel in den USA anzubieten. Zum
Vorwurf, N. 13 Millionen Euro geschenkt zu haben, quasi aus Liebe,
sagte sie, da wäre sie ja «durchgeknallt». Auch N. wies über seine
Anwälte zurück, eine Lebenspartnerschaft mit Tandler zu führen.
Das Gericht stellte aber - mit Blick auf viele Whatsapp-Nachrichten,
in denen von N. keine Rede ist - zahlreiche kritische Nachfragen
dahingehend, ob dieser wirklich gleichberechtigter Partner war.
Zum Vorwurf der Gewerbesteuerhinterziehung sagte Tandler: «Wir sahen
unsere berufliche Zukunft in Grünwald.» Sie und N. hätten sich dort
«auf ein richtiges Büro» gefreut und deshalb einen Büroraum dort
angemietet. Zuvor hatte sie geschildert, wie N. und sie in N.'s
Lokalen in München gearbeitet hätten. Die Anklage wirft beiden vor,
alle Entscheidungen seien damals von München aus getroffen worden.
Zum Vorwurf des Subventionsbetrugs sagte Tandler, sie habe den Antrag
damals für ihre Werbeagentur gestellt - sie bedauere dies aber im
Nachhinein, und auch dass es viel zu lange gebraucht habe, den Antrag
zurückzunehmen und das Geld zurückzubezahlen. Dies tue ihr sehr leid.
N. argumentierte in seiner Erklärung, die seine Anwälte verlasen, man
sei stets der Überzeugung gewesen, einen Beitrag zur Gesundheit der
Menschen zu leisten. Man habe quasi hoheitliche Aufgaben übernommen
«und dadurch Menschenleben gerettet». Man habe einwandfreie, geprüfte
und behördlich zugelassene Masken und andere Ausrüstung besorgt.
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