Deutschland setzt sich mit Forderungen zu Euro 7 nicht durch

Seit längerem wird darüber gestritten, wie viele Schadstoffe Autos
und andere Fahrzeuge künftig ausstoßen dürfen. Kern des Konflikts:
Welche Anforderungen können der Autoindustrie zugemutet werden. Die
EU-Staaten haben darauf nun ihre Antwort gefunden.

Brüssel (dpa) - Deutschland hat sich bei einem EU-Ministertreffen
nicht mit Forderungen zur geplanten Abgasnorm Euro 7 durchsetzen
können. Nach einer Abstimmung am Montag in Brüssel wollen die
EU-Staaten weder strengere Grenzwerte für Schadstoffe noch Ausnahmen
für E-Fuels in die geplanten Regeln aufnehmen, wie aus Angaben der
EU-Staaten und der spanischen EU-Ratspräsidentschaft hervorgeht.

Die Überarbeitung der Grenzwerte geht auf einen Vorschlag der
EU-Kommission zurück, durch den der Schadstoffausstoß von Fahrzeugen
wie Autos, Transporter und Lkw strenger als bislang reguliert werden
soll. Zu solchen Schadstoffen zählen beispielsweise Stickoxide. Die
EU-Staaten blieben Angaben von EU-Diplomaten zufolge hinter den
Ambitionen der Kommission zurück. So teilten die EU-Staaten mit, für
Autos und Transporter von Privatpersonen sollen die gleichen
Grenzwerte wie bei der bestehenden Euro-6-Regulierung gelten.

«Der mehrfach abgeschwächte Entwurf geht bei vielen Vorgaben für
Luftschadstoffe nicht über die bisherigen Regelungen hinaus»,
kritisierte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Deutschland
habe das Vorhaben «aus guten Gründen abgelehnt». Die Bundesrepublik
wurde aber von einer Mehrheit der anderen EU-Staaten überstimmt. Im
Laufe der Verhandlungen sei der ursprünglich ambitionierte Vorschlag
der Kommission erheblich abgeschwächt worden, so Lemke.

Neu ist sowohl im Vorschlag der Kommission als auch dem der
EU-Staaten, dass künftig auch gesundheitsschädliche Stoffe wie
Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entstehen kann,
reguliert werden sollen. Das bedeutet, dass auch Elektroautos und
Wasserstofffahrzeuge von den Regeln betroffen wären.

Laut zwei Studien der Europäischen Umweltagentur und der sogenannten
Gemeinsamen Forschungsstelle war der Straßenverkehr 2018 für 39
Prozent der schädlichen NOx-Emissionen (Stickoxide) - in Städten 47
Prozent - und 11 Prozent der gesamten PM10-Emissionen (Feinstaub)
verantwortlich.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton betonte nach dem Treffen, Ziel
sei eine bessere Luft, eine wettbewerbsfähige Industrie und Fahrzeuge
zu erschwinglichen Preisen. «Wir wissen, dass auch das ein wichtiger
Punkt ist», so der Franzose.

Der europäische Branchenverband Acea begrüßte die Position der
EU-Staaten grundsätzlich. Diese sei eine Verbesserung im Vergleich
zum Vorschlag der Kommission. Die Industrie sei bereit, den
Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, es solle aber
sichergestellt werden, dass Autos bezahlbar und Unternehmen
wettbewerbsfähig blieben.

Vehemente Kritik gibt es hingegen von Umweltverbänden. «Schmutzige
Luft verursacht jedes Jahr Hunderttausende vorzeitige Todesfälle in
Europa und Straßenverkehr ist eine Hauptursache dafür», sagte Marissa

Reiserer, Greenpeace-Verkehrsexpertin. Die EU-Staaten hätten den
kurzfristigen Interessen der Autoindustrie nachgegeben.

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Di
e
EU-Staaten hätten die Chance verpasst, die Gesundheit der Menschen zu
schützen. Dass es keine Ausnahmeregeln für E-Fuels, also synthetisch
hergestellte Kraftstoffe, gibt, bezeichnete er als Schlappe für
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Jens Gieseke, der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im
EU-Parlament, begrüßte es, dass sich die EU-Staaten auf «einen
realistischen Ansatz geeinigt haben». Die Bundesregierung stehe
wieder einmal blamiert und isoliert da, sagte der CDU-Politiker mit
Blick darauf, dass das Umweltministerium keine strengeren Grenzwerte
und das Verkehrsministerium keine Ausnahmen für E-Fuels hätten
durchsetzen können.

Hintergrund des Drängens auf E-Fuel-Ausnahmen ist der Streit um das
für 2035 festgelegte Aus für Neuwagen, die Benzin oder Diesel tanken.
Auf das Verbot hatte sich die EU vergangenes Jahr geeinigt. In der
Bundesregierung hatte daraufhin vor allem die FDP darauf gedrungen,
ausschließlich mit E-Fuels betankte Autos vom sogenannten
Verbrenner-Aus auszunehmen. Dies soll unter anderem über die
Abgasnormen Euro 6 und Euro 7 ermöglicht werden. Nach FDP-Angaben
hätte bereits bei diesem Ministertreffen mehr Rechtssicherheit für

mögliche Ausnahmen vom Verbrenner-Aus entstehen können.

Ein Sprecher des Verkehrsministeriums teilte mit, im zuständigen
Ausschuss auf EU-Ebene werde nun am 4. Oktober ein Vorschlag für
eine Regelung über die Abgasnorm Euro 6 diskutiert. «Die
Bundesregierung prüft aktuell die Details des Vorschlags und befindet
sich in der Abstimmung», hieß es. Der Weg, dass nach 2035
ausschließlich mit E-Fuels betankte Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor
weiterhin zugelassen werden können, werde von der EU-Kommission
«konsequent weiter beschritten.»

Mit der Positionierung der EU-Staaten ist die neue Abgasnorm Euro 7
noch nicht fertig verhandelt. Das an der Gesetzgebung ebenfalls
beteiligte EU-Parlament muss sich auch noch auf eine Position einigen
und in einem letzten Schritt muss ein Kompromiss zwischen den
Forderungen des Parlaments und der EU-Staaten gefunden werden.

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