Tod in der Gefängnisklinik: Mafiaboss Messina Denaro gestorben Von Christoph Sator, Manuel Schwarz und Robert Messer, dpa

Matteo Messina Denaro galt als letzter großer Boss der Cosa Nostra,
bis er vor acht Monaten nach Jahrzehnten im Versteck verhaftet wurde.
Auf sein Konto gingen viele Morde und andere brutale Verbrechen der
Mafia. Nun ist er an den Folgen eines Krebsleidens gestorben.

L'Aquila (dpa) - Mehr als drei Jahrzehnte war der italienische
Mafiaboss Matteo Messina Denaro auf der Flucht - nun ist er nur acht
Monate nach seiner Verhaftung gestorben: Der 61-Jährige erlag in
einer Gefängnisklinik der mittelitalienischen Stadt L'Aquila den
Folgen eines Krebsleidens, wie die Nachrichtenagentur Ansa in der
Nacht zum Montag berichtete. Der Boss der sizilianischen Cosa Nostra
war erst Mitte Januar verhaftet worden. Damals wollte er sich in der
Inselhauptstadt Palermo unter falschem Namen in einer Privatklinik
behandeln lassen. Ein Geständnis legte er nie ab. Zu einem Prozess
kam es nicht mehr.

Der Gesundheitszustand des an Darmkrebs leidenden Verbrechers hatte
sich in den vergangenen Tagen drastisch verschlechtert. Am
Freitagabend gaben die behandelnden Ärzte bekannt, dass der vielfache
Mörder in ein Koma gefallen sei, aus dem er nicht mehr aufwachen
werde. Auf seinen eigenen Wunsch seien lebenserhaltende Maßnahmen
eingestellt worden. Angehörige durften von Messina Denaro Abschied
nehmen. In den letzten Stunden war nach Medienberichten seine Tochter
bei ihm, die während seiner Jahre im Versteck geboren wurde.

Als Mitglied der Cosa Nostra beging oder organisierte der gebürtige
Sizilianer den Ermittlungen zufolge Dutzende Morde - auch die
Bombenanschläge auf die beiden Mafiajäger Giovanni Falcone und Paolo
Borsellino 1992, die weltweit Schlagzeilen machten. Damals starben
auch mehrere Leibwächter und andere Begleiter. Auch die Entführung
des kleinen Giuseppe Di Matteo 1993 soll er mitgeplant haben: Der
Junge wurde verschleppt, damit sein Vater nicht vor Gericht aussagt.
Nach 779 Tagen erdrosselten ihn die Mafiosi kurz vor seinem 15.
Geburtstag und lösten den Leichnam in Säure auf.

Zu jener Zeit begann Messina Denaro damit, zum Boss der Cosa Nostra
aufzusteigen. Er galt als Vertrauter und dann Nachfolger der
ehemaligen Paten Salvatore «Totò» Riina und Bernardo Provenzano. Den

brutalen und skrupellosen Riina nannte man den «Boss der Bosse». Er
wurde am 15. Januar 1993 verhaftet, fast genau 30 Jahre vor Messina
Denaro. Riina und Provenzano starben 2017 beziehungsweise 2016 im
Gefängnis.

Kurz nach Messina Denaros Tod gibt es bereits erste Spekulationen
über die Zukunft der Cosa Nostra sowie eine mögliche Nachfolge des
Mafia-Bosses. Es gebe Anzeichen für eine neue Cosa Nostra, die auf
Traditionen beruhe, schrieb etwa der Anti-Mafia-Experte Lirio Abbate
in der Zeitung «La Repubblica». Diese bestehe allerdings aus einer
Mischung aus neuen und alten Elementen sowie alten Familienlinien und
jungen aufstrebenden Mafiosi. Fragwürdig sei außerdem, ob eine
einzelne Führungsfigur angesichts der Neuausrichtung der Clans
überhaupt noch zeitgemäß sei. «Eine neue Cosa Nostra, für unsere

Augen noch unsichtbar, ist bereits startbereit», so Abbate.

Messina Denaro wusste seit längerer Zeit, dass er Krebs hatte. In der
Privatklinik, wo er schließlich verhaftet wurde, ließ er sich damals
schon seit mehreren Monaten behandeln. Er firmierte dort als Patient
namens Andrea Bonafede, wurde operiert und kam auch zu
Nachkontrollen. Bei der Verhaftung hatte er auch einen
Personalausweis unter diesem Namen dabei und sogar eine Steuernummer
für die Finanzbehörden.

Die Öffentlichkeit erfuhr bis heute nie, wie genau es ihm gelang,
sich so lange versteckt zu halten. Vermutet wird, dass er auch auf
Seiten des Staats Unterstützer hatte. Der Anti-Mafia-Schriftsteller
Roberto Saviano, der selbst unter ständigem Polizeischutz lebt,
meinte am Tag der Verhaftung: «Wie alle Bosse blieb er genau an jenem
Ort, von dem alle wissen, dass er dort zu finden ist.» Als er
verhaftet wurde, gab er gleich zu: «Ich bin Matteo Messina Denaro.»
Patienten, die bei der Polizeiaktion dabei waren, spendeten den
Einsatzkräften Applaus.

Nach Angaben der Ermittler war Messina Denaro auch nach seiner
Verhaftung nie bereit, mit den Behörden zu kooperieren. Aus einem
Verhör wurde er mit den Worten zitiert: «Ich will nicht auf Superman
machen oder arrogant klingen. Ihr habt mich erwischt, weil ich krank
bin.» Italienische Medien berichteten, Messina Denaro habe bereits in
den ersten Verhören klar gemacht, dass er nicht kooperieren wolle.
Über seine Besitztümer soll er gesagt haben: «Natürlich habe ich
Vermögen, aber ich erzähle euch nichts, das wäre doch dumm.»

Während seiner Haftzeit musste sich der Mafia-Boss zwei Operationen
unterziehen, zuletzt im August. Er bekam auch Chemotherapie. In
seinen letzten Stunden erhielt er nach Angaben der Ärzte nur noch
schmerzlindernde Mittel. Messina Denaro soll zudem nicht kirchlich
bestattet werden, wie die Zeitung «Corriere della Sera» berichtete.
Die Kirche auf Sizilien lässt religiöse Beerdigungen für Mafiosi
generell nicht zu. Der Mafia-Boss soll in einer privaten Zeremonie
auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt Castelvetrano in der
Familienkapelle bestattet werden.

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