Klage gegen Kündigungsrecht bei Parship hat geringe Erfolgsaussicht Von Bernhard Sprengel, dpa

«Alle elf Minuten verliebt sich ein Single» - Parship-Kunden hoffen,
dass es auch bei ihnen so schnell funkt. Manche von ihnen hatten wohl
nur die Liebe im Blick, nicht die Kündigungsfrist und mussten viel
Geld bezahlen. Ein Gericht in Hamburg macht ihnen etwas Hoffnung.

Hamburg (dpa) - Nach einem Werbespruch von Parship verliebt sich alle
elf Minuten über die Online-Plattform eines ihrer Mitglieder. Das
sagt jedoch nichts darüber aus, wann man bei vielen Tausend
Mitgliedern selbst an der Reihe ist. Die Trennung von der
Vermittlungsagentur dauerte für zahlende Kunden bis 2022 jedenfalls
ziemlich lange. Wer eine sechs- oder zwölfmonatige
Premiummitgliedschaft nicht zwölf Wochen vor Ende der Laufzeit
kündigte, blieb ein weiteres volles Jahr Mitglied - und zahlte weiter
zwischen 60 und 80 Euro pro Monat.

Das hält das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg für nicht
angemessen, wie die Vorsitzende des Zivilsenats, Stephanie Zöllner,
am Donnerstag in der mündlichen Verhandlung über eine
Musterfeststellungsklage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen
andeutete. Nur bei einer 24-monatigen Vertragszeit sei die
automatische Verlängerung um ein Jahr zumutbar.

Bei der Abwägung der Verlängerungszeit spiele auch eine gewisse
Erfolgskomponente eine Rolle, erklärte der Berichterstatter des
Senats, Stefan Schilling. «Das ist sehr individuell, wann sich jemand
erfolgreich verliebt fühlt.» Es sei schwer vorstellbar, dass ein
Nutzer dann noch auf der Plattform bleiben wolle. Er riet Parship,
die Kunden lieber in der kostenlosen Basismitgliedschaft zu halten.

Im Februar 2022 hat Parship seine Geschäftsbedingungen geändert. Nach
der automatischen Verlängerung bei nicht fristgerechter Kündigung
kann die Mitgliedschaft monatlich beendet werden. Darum geht es in
dem Verfahren nur um Premium-Mitgliedschaften zwischen 2017 und 2022.
In den weiteren Punkten hat die Musterfeststellungsklage wenig
Aussicht auf Erfolg, wie Zöllner andeutete.

Die Verbraucherzentrale will nämlich auch erreichen, dass die
Partnervermittlung von Parship als sogenannter Dienst höherer Art
eingestuft wird. Eine solche Dienstleistung setzt nach dem
Bürgerlichen Gesetzbuch ($ 627) ein besonderes Vertrauensverhältnis
voraus. Der Kunde gebe höchstpersönliche Dinge in einem Fragenkatalog
preis, so die Klägerseite. Daher sei es wie bei einem Verhältnis zu
einem Arzt, Rechtsanwalt oder Steuerberater unzumutbar, wenn ein
Parship-Mitglied bei einem Vertrauensverlust nicht sofort kündigen
könne.

Allerdings entschied der Bundesgerichtshof bereits im Juni 2021, dass
es sich bei Parship nicht um eine klassische Heiratsvermittlung mit
Karteikarten handele. Die Partnervorschläge basierten auf
Algorithmen, erklärte Schilling. Die Antworten auf den Fragenkatalog
für Mitglieder würden in Punkte umgerechnet. Der Algorithmus werte
das Ergebnis aus und erstelle ein Persönlichkeitsprofil. Die 80
Fragen erlaubten laut Parship mathematisch eine Zahl von Varianten
mit 39 Stellen. Dann bekomme der Kunde Vorschläge für Partnerschaften
und könne entscheiden, ob er sie annehmen wolle oder nicht.

Bei einem persönlichen Kontakt könne man einen Arzt, Anwalt oder
Steuerberater manchmal «nicht mehr riechen», sagte Zöllner. Dann sei

eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Bei Parship
arbeiteten jedoch Maschinen und Algorithmen. «Wir warten, bis mal
zwei Avatare beraten werden», meinte die Richterin humorvoll. Der
Datenschutz sei ein anderer Aspekt. «Wenn ich aber sehe, was die
jungen Leute alles preisgeben», fügte Zöllner hinzu.

Nach der Sitzung des Gerichts sagte Parship-Sprecher Christian
Steinhof: «Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der heutigen
Verhandlung. Das Gericht ist in den wesentlichen Punkten unserer
Rechtsauffassung gefolgt.»

Der Referent der Verbraucherzentrale, Henning Fischer, sagte, der
wahrscheinliche Erfolg der Klage beim Kündigungsrecht sei für viele
Kunden bedeutsam. Oftmals seien Verbraucher über Sonderangebote in
Höhe von vielleicht 199 Euro für ein halbes Jahr gelockt worden und
sollten dann bei nicht fristgemäßer Kündigung 800 Euro für ein
weiteres Jahr zahlen. «Das sind die Dinge, die Verbraucher sehr
stören.» Insofern sei die angedeutete Entscheidung des Gerichts in
diesem Punkt sehr bedeutsam.

Beide Klageparteien kündigten an, im Fall einer Niederlage Revision
einzulegen. Die Verbraucherzentrale vertritt im Verfahren 29
Parship-Kunden, rund 1200 weitere haben sich der Klage nach Angaben
des Bundesverbandes angeschlossen. Das Oberlandesgericht will sein
Urteil am 26. Oktober verkünden.

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