Hamburg geht mit Übergangscoaches in U-Haft neue Wege
Nach der tödlichen Messerattacke von Brokstedt wird schnell klar,
dass der mutmaßliche Täter schon kurz zuvor in U-Haft unter
psychischen Problemen litt. Die Hamburger Justiz will Konsequenzen
aus der Bluttat ziehen und beschreitet damit Neuland.
Hamburg (dpa/lno) - Der Justizvollzug in Hamburg geht mit
Übergangscoaches für Gefangene in Untersuchungshaft neue Wege. Diese
als Reaktion auf die tödliche Messerattacke in einer Regionalbahn bei
Brokstedt geplante Maßnahme gebe es sonst nirgendwo in Deutschland,
sagte Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) der Deutschen
Presse-Agentur. «Weil Untersuchungshäftlinge nicht rechtskräftig
verurteilt sind, hat der Gesetzgeber für diese Gefangenen bislang
auch keine klassischen Resozialisierungsmaßnahmen vorgesehen.»
Trotz Unschuldsvermutung sei die U-Haft eine ziemlich harte Haftform.
«In der Regel fällt mit Beginn der U-Haft das, was vorher war, in
sich zusammen. Das ist ein krasser Einschnitt und insofern auch eine
sehr vulnerable Zeit für die Menschen», sagte Gallina. «Deshalb
wollen wir sie - völlig egal, wie es für sie ausgeht - besser an die
Hand nehmen.» Ziel sei es, in möglichst vielen Fällen
Unterstützungsangebote zu unterbreiten.
Gerade Untersuchungshäftlinge würden sich jedoch im Gefängnis ungern
öffnen. «Und vielleicht rät auch ein Strafverteidiger dazu, lieber
nicht so viel zu erzählen», sagte Gallina. «Insofern ist es für
unsere Bediensteten schwer, an die Gefangenen heranzukommen. Deshalb
werden wir mit freien Trägern zusammenarbeiten.»
Wie viele Übergangscoaches am Ende eingesetzt würden, orientiere sich
am tatsächlichen Bedarf, der jetzt noch anstaltsbezogen ermittelt
werde. Anfang kommenden Jahres soll es dann losgehen. «Die Idee ist,
dass jeder, der in die Untersuchungshaft kommt, einen Ansprechpartner
hat, der für ihn da ist und bei all den Themen, die da kommen, an die
Hand nimmt», sagte Gallina.
Der Senat hatte Mitte August beschlossen, die Mittel dafür zur
Verfügung zu stellen, um Risiken präventiv zu reduzieren und Hilfen
für psychisch kranke Gefangene zu verbessern.
Der mutmaßliche Täter von Brokstedt, der 34 Jahre alte staatenlose
Palästinenser Ibrahim A., soll Ende Januar im Regionalzug von Kiel
nach Hamburg zwei Menschen mit einem Messer getötet und vier weitere
schwer verletzt haben. Er war erst wenige Tage vor der Bluttat aus
der Untersuchungshaft entlassen worden, die er in Hamburg wegen einer
anderen Straftat abgesessen hatte. Während dieser Zeit hatte er sich
wegen psychischer Auffälligkeiten 16 Mal mit einem Psychiater
getroffen. Derzeit steht er in Itzehoe vor Gericht.
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