Sechsjähriger getötet - Suche nach Täter bisher ohne Erfolg Von Winfried Wagner und Christiane Bosch, dpa
Ein kleiner Junge ist in einem Dorf bei Neubrandenburg getötet
worden. Die Bewohner sind schockiert und müssen zu Vernehmungen. Die
Ermittler suchen nach Hinweisen, mit wem der Erstklässler zum Spielen
war - noch ohne Erfolg.
Pragsdorf/Neubrandenburg (dpa) - Grausames Verbrechen im Osten
Mecklenburgs: In Pragsdorf bei Neubrandenburg ist ein sechs Jahre
alter Junge erstochen worden. Das ergab die rechtsmedizinische
Untersuchung am Freitag, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der
Leichnam wies mehrere Verletzungen auf, die von einem - noch
unbekannten - Stichwerkzeug herrührten.
«Die Polizei ermittelt wegen Totschlags und geht dabei mehreren
Ermittlungsansätzen nach», sagte der Sprecher der Neubrandenburger
Staatsanwaltschaft, Tim Wischmann, der Deutschen Presse-Agentur.
Zuvor hatte «Ostseewelle Hit-Radio Mecklenburg-Vorpommern» darüber
berichtet. Ein Tatverdächtiger wurde noch nicht ermittelt. Bis zum
Freitagabend gab es keinen neuen Sachstand. «Die Ermittlungen
laufen», sagte eine Polizeisprecherin auf Anfrage.
Der Junge war am Donnerstagabend in einem Gebüsch in der Nähe eines
Bolzplatzes an einem See von Feuerwehrleuten mit «massiven
Verletzungen am Oberkörper» gefunden worden. Sofort eingeleitete
Wiederbelebungsversuche von Medizinern und ein schneller Transport in
eine Klinik blieben erfolglos. Die Ärzte konnten das Leben des Kindes
nicht retten.
Die Eltern hatten den Sechsjährigen am Donnerstag wie häufig zum
Spielen ins Dorf gelassen. Das Kind wurde dann als vermisst gemeldet,
weil es nicht wie vereinbart wieder nach Hause gekommen war. Erste
Suchaktionen waren erfolglos geblieben. Die Vermisstenmeldung war
laut Polizei kurz vor 20.00 Uhr eingegangen. Beamte umliegender
Reviere und Bereitschaftspolizisten hätten den Bereich in Pragsdorf
sofort durchsucht, sagte eine Polizeisprecherin. Etwa gegen 21.00 Uhr
am Donnerstag wurde der leblose Junge von Feuerwehrleuten gefunden.
In Pragsdorf an der Bundesstraße 104 leben nur 580 Menschen und laut
dem Bürgermeister Ralf Opitz vergleichsweise viele Kinder. «Ich hatte
mich auch an der Suche beteiligt - bis die Kameraden den
schrecklichen Fund gemacht haben», sagte der 54-Jährige.
Ob der Fundort auch der Tatort ist, da wollte sich Staatsanwalt
Wischmann noch nicht festlegen. Anwohner berichteten aber, dass sie
am Donnerstag laute Stimmen am Bolzplatz gehört hätten, die
möglicherweise von einem Streit herrühren könnten. Am Fundort konnte
die Polizei laut Wischmann viele Spuren sichern.
Das Gelände war noch am Freitag weiträumig mit rot-weißem Flatterband
abgesperrt. Polizisten und Helfer suchten nach einer Tatwaffe und
anderen Beweisstücken. In der Nähe des Sees kam dabei auch ein
Metalldetektor zum Einsatz. Auch Taucher rückten an - bisher aber
ohne Erfolg, hieß es. Am Nachmittag wurden Suchketten mit je 25
Beamten gebildet. Sie streiften mit langen Eisenstangen systematisch
die Fläche ab, sich langsam vom See entfernend.
Im Dorf waren am Freitag überhaupt viel Bewegung. Etliche Reporter
versuchten, die Einwohner zu befragen. Aber auch die Bewohner selbst
waren unterwegs: Sie wurden von der Polizei in ein Feuerwehr- und
Gemeindehaus gebeten, wo sie zu den Ereignissen befragt wurden. Wenn
sich Bewohner danach begegneten, tauschten sie sich auch aus.
«Die Anteilnahme und die Aussagebereitschaft sind sehr hoch - das
muss nun erst mal aufgeschrieben und verglichen werden», sagte eine
Polizeisprecherin. Sollte man keinen Verdächtigen finden, würden die
Ermittlungen am Wochenende fortgesetzt. Auch zum Motiv könne man noch
nichts sagen.
Die Gemeinde Pragsdorf hat auf der Internetplattform Facebook ihre
Trauer nach dem Tod des Kindes bekundet. «Mit Trauer und Bestürzung
haben wir heute früh vom schrecklichen Gewaltverbrechen und dem Tod
von J. erfahren. Die Gedanken sind derzeit natürlich vor allem bei
der Familie und den Angehörigen», hieß es. Gleichzeitig bat man
darum, brauchbare Hinweise umgehend der Polizei zu melden.
Auf der Facebook-Seite der Gemeinde wurde auch auf eine Spendenaktion
für die Familie des toten Kindes hingewiesen. Innerhalb weniger
Stunden waren bereits rund 20 000 Euro gesammelt worden.
Am Freitagabend erinnerten die Bewohner Pragsdorfs mit einem stillen
Gedenken an den Jungen. Etwa 200 Menschen kamen in die Kirche, um den
betroffenen Eltern ihre Anteilnahme zu zeigen, wie Pastor Heye
Osterwald sagte. Das Gotteshaus sei - im Beisein der Eltern des
getöteten Jungen - bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen.
«Die Menschen haben gezeigt, dass sie die Eltern mit ihrer Trauer
nicht allein lassen», sagte Bürgermeister Opitz. Zu dem Gedenken
hatte die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Alt Käbelich-Warlin
eingeladen, zu der Pragsdorf gehört.
Der Junge ist laut Opitz erst im August eingeschult worden. Das
Schweriner Bildungsministerium teilte mit, dass Psychologen die
Mitschülerinnen und Mitschüler der Grundschule sowie das Lehrpersonal
unterstützen sollen. Zudem sei ein Trauerort in der Schule
eingerichtet worden.
«Während uns der Todesfall höchst betroffen und sprachlos
zurücklässt, ist es unsere Aufgabe und Pflicht, nun die Familien und
Freunde, Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrkräfte dabei zu
unterstützen, mit der unfassbaren Situation umzugehen», wurde
Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke)
zitiert. «Ihnen gilt mein tief empfundenes Mitgefühl.»
Ab Montag werde an der betroffenen Schule für eine gesamte Woche auf
Leistungskontrollen verzichtet. Schulpsychologinnen seien vor Ort. An
Eltern sei ein Brief mit Unterstützungsangeboten verschickt worden.
Betroffene sollen auf Wunsch ebenfalls psychologisch begleitet
werden.
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