Nasenhaare gezählt und Langeweile erforscht: Ig-Nobelpreise vergeben Von Christina Horsten, dpa

Kuriose Forschung und viel Klamauk: Die Ig-Nobelpreise sind Kult.
Auch bei der 33. Verleihung der Spaßtrophäen war wieder allerlei
Skurriles dabei - von methodisch untersuchter Langeweile bis hin zu
den Gehirnaktivitäten rückwärts sprechender Menschen.

Boston (dpa) - Steine ableckende Wissenschaftler, gezählte Nasenhaare
und methodisch untersuchte Langeweile: Wissenschaftliche Studien, die
«erst zum Lachen und dann zum Denken anregen» sollen, sind in den USA
mit «Ig-Nobelpreisen» ausgezeichnet worden (gesprochen «ignoble», w
as
übersetzt etwa unehrenhaft heißt). Die traditionell skurrile Gala
wurde in der Nacht zum Freitag bereits zum vierten Mal im Folge im
Rahmen einer Online-Veranstaltung abgehalten. Die zum 33. Mal
verliehenen undotierten Spaßpreise sollen nach Angaben der
Veranstalter «das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren».


So erhielten beispielsweise Forscher aus Polen und den USA den Preis
in der Kategorie «Chemie und Geologie» für ihre Erforschung der
Frage, warum viele Wissenschaftler gerne Steine ablecken. Es bereite
ihm große Freude, den Preis für so eine «fundamentale Sache» zu
bekommen, sagte Forscher Jan Zalasiewicz. «Geologen machen das die
ganze Zeit, weil etwas, das nicht ganz klar ist, deutlich klarer
wird, wenn die Oberfläche nass ist.»

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den USA, Kanada, dem
Iran und Vietnam erhielten eine der zehn Auszeichnungen für die
Nutzung von Leichen zur Erforschung der Frage, ob ein Mensch die
gleiche Anzahl von Haaren in beiden Nasenlöchern hat. Sie hätten an
rund 20 Leichen geforscht und pro Nasenloch etwa 110 bis 120 Haare
gefunden, teilten die Forscher in ihrer Dankesrede mit.

Forscher und Forscherinnen aus China, Kanada, Großbritannien, den
Niederlanden, Irland, den USA und Japan erhielten einen Preis in der
Kategorie «Bildung» für ihre methodische Untersuchung der Langeweile

bei Lehrern und Schülern. Unter anderem sei es wahrscheinlicher, dass
Schüler im Unterricht gelangweilt seien, wenn sie das schon im
Vorfeld erwarteten, sagte das Forscherteam in seiner Dankesrede.
Außerdem seien Schüler mit einer höheren Wahrscheinlichkeit im
Unterricht gelangweilt, wenn sie den Eindruck hätten, dass der Lehrer
oder die Lehrerin gelangweilt sei.

Kollegen und Kolleginnen aus Frankreich, Großbritannien, Malaysia und
Finnland bekamen eine Auszeichnung für ihre Untersuchung der
Empfindungen von Menschen, wenn sie ein Wort viele Male wiederholen.
Forscher aus den USA erhielten einen Preis für Experimente auf den
Straßen einer Stadt, bei denen sie herausfinden wollten, wie viele
Passanten anhalten und nach oben schauen, wenn sie fremde Menschen
nach oben schauen sehen.

Ein südkoreanisch-amerikanischer Forscher erfand die sogenannte
Stanford-Toilette - ein Klo, das mittels verschiedener Hilfsmittel
die von Menschen ausgeschiedenen Substanzen analysiert. «Verschwendet
eure Ausscheidungen nicht», sagte Forscher Seung Min Park bei seiner
kurzen Dankesrede zur Preisvergabe. Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen aus Indien, China, Malaysia und den USA belebten
tote Spinnen wieder, um sie als mechanische Greifwerkzeuge zu
benutzen - und wurden dafür ebenfalls ausgezeichnet.

Ein Team von Forschern und Forscherinnen aus Argentinien, Spanien,
Kolumbien, Chile, China und den USA wurde geehrt für die Erforschung
der Gehirnaktivität von Menschen, die Experten im Rückwärtssprechen
sind. «Danke für diesen spaßigen Preis, wir freuen uns, ihn
anzunehmen», sagten die Wissenschaftlerin María José Torres-Prioris
und ihr Kollege Adolfo García - vorwärts und rückwärts.

Geehrt wurden zudem ein Forscher und eine Forscherin aus Japan für
ihre Experimente zu der Frage, ob elektrische Essstäbchen und
Strohhalme den Geschmack von Nahrungsmitteln verändern können.
Außerdem ging ein Preis an Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen
aus Spanien, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien für die
Erforschung der Frage, inwiefern sich die sexuelle Aktivität von
Sardellen im Meereswasser niederschlägt.

Vor der Corona-Pandemie war die Gala - an der auch echte
Nobelpreisträger teilnehmen, darunter in diesem Jahr der deutsche
Physiker Wolfgang Ketterle - alljährlich von mehr als 1000 Zuschauern
in einem Theater der Elite-Universität Harvard verfolgt worden. Aber
auch bei der rund anderthalbstündigen Online-Preisverleihung, die
diesmal unter dem Oberthema «Wasser» stand, flogen Papierflieger, gab
es Sketche, bizarre Kurz-Musikstücke und noch viel mehr skurrilen
Klamauk - beendet von den traditionellen Abschlussworten des
Moderators Marc Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen
Zeitschrift zu kurioser Forschung: «Wenn Sie dieses Jahr keinen
Ig-Nobelpreis gewonnen haben, und besonders dann, wenn Sie einen
gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!»

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