«Vater» von Klonschaf Dolly: Ian Wilmut ist tot Von Silvia Kusidlo und Benedikt von Imhoff, dpa

Klonschaf Dolly brachte ihm Ruhm und Ärger ein. Später engagierte
sich der Forscher Ian Wilmut auch in anderen Bereichen, zum Beispiel
als Berater für ein Kunstprojekt zu van Goghs abgeschnittenem Ohr.
Jetzt ist er gestorben.

Edinburgh (dpa) - Sein geklontes walisisches Bergschaf war eine
Sensation, aber auch ein Tabubruch. Ian Wilmut galt als einer der
«geistigen Väter» des Schafs Dolly - der ersten exakten Kopie eines
erwachsenen Säugetiers. Einen biologischen Vater hatte es nicht. Mit
Entwicklung der Methode legten Wilmut und sein Team den Grundstein
für einen ganzen Klontier-Zoo - mit Pferden, Rindern, Schweinen,
Hunden oder Katzen. Doch der Erfolg brachte dem Briten auch jede
Menge Ärger ein. Zuletzt widmete er sich der unheilbaren
Parkinson-Erkrankung, an der er selbst erkrankt war. Nun starb Wilmut
im Alter von 79 Jahren, wie die schottische Universität Edinburgh am
Montag mitteilte.

«Er war ein Titan der wissenschaftlichen Welt», sagte der Vizekanzler
der Hochschule, Peter Mathieson. Wilmuts Experimente hätten «das
damalige wissenschaftliche Denken verändert».

Als die Existenz von Dolly, die am 5. Juli 1996 geboren und nach der
Country-Sängerin Dolly Parton benannt wurde, im Februar 1997 bekannt
wurde, gab es viel Kritik an Wilmut und seinem Team sowie eine
erhitzte Debatte über die Ethik des Klonens. Schnell wurden Ängste
laut, die Technik könne auch zum Klonen von Menschen genutzt werden -
eine Aussicht, die Wilmut als «abscheulich» bezeichnete. Der «New
York Times» sagte er damals, seine Arbeit habe «nichts mit der
Erstellung von Kopien von Menschen zu tun». Vielmehr werde der
Durchbruch es Wissenschaftlern ermöglichen, genetische Krankheiten zu
untersuchen, für die es keine bekannte Heilung gebe.

Später musste Wilmut zugeben, dass sein damaliger Mitarbeiter Keith
Campbell die meisten Experimente gemacht hatte. Er selbst sei aber
der Laborleiter gewesen. Wilmut bekam viele Auszeichnungen, etwa den
renommierten Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis.

Dolly entstand mit Hilfe des sogenannten somatischen
Zellkerntransfers. Um den Klon zu schaffen, entfernten die Forscher
vom Roslin-Institut nahe Edinburgh bei einer Eizelle eines weiblichen
Schafs den Zellkern, in dem die Erbinformation steckt. An seiner
Stelle platzierten sie den Zellkern einer ausgereiften Zelle, die sie
einem anderen weiblichen Schaf aus dem Euter entnommen hatten. Die
veränderte Eizelle wurde dann in einer Nährlösung zur Teilung
angeregt und einer Ersatzmutter eingepflanzt.

Inzwischen wird die Methode bei zahlreichen Tieren angewandt. So
werden etwa in Deutschland für die medizinische Forschung Schweine
geklont, die an Diabetes oder Mukoviszidose erkrankt sind. In anderen
Ländern entstehen mit der Methode vor allem Pferde und Rinder für die
Zucht. Das Klonen von Tieren ist allerdings bis heute umstritten,
auch weil die Erfolgsrate der Methode noch immer gering ist.

Wilmut, der eigentlich Landwirt werden wollte, war über die
Agrarwissenschaft zur Biologie gekommen. 1971 promovierte er in
Cambridge über die «Tiefkühlkonservierung von Ebersperma». In den
späten 1980er Jahren kam der Wissenschaftler schließlich zum Klonen.

Als Wilmut schließlich seine Forschung aufgab, war er noch lange als
Experte gefragt - sogar in der Kunst. So beriet er die in Hildesheim
geborene Künstlerin Diemut Strebe, die eine Reproduktion des Ohrs vom
Maler Vincent van Gogh anfertigte, das der sich selbst abgeschnitten
hatte. Zum Einsatz kamen ein 3D-Bioprinter und die DNA eines
Nachfahrens des niederländischen Künstlers.

Zuletzt unterstützte der emeritierte Professor eine
Parkinson-Forschungsinitiative. Die «Schüttellähmung» trifft Männ
er
etwas häufiger als Frauen, das Erkrankungsrisiko steigt mit dem
Alter. Ursache für Parkinson ist das Absterben von Nervenzellen im
Gehirn. Die Folgen sind neben Zittern unter anderem
Bewegungsstörungen, etwa beim Gehen.

Zu Dollys 20. Geburtstag 2016 räumte Wilmut aber ein, der breite
Einsatz von Stammzelltherapien zur Behandlung neurodegenerativer
Erkrankungen wie Parkinson sei wahrscheinlich noch «Jahrzehnte
entfernt».

Und was geschah mit Dolly? Sie bekam sechs Lämmer, Vater war ein Bock
namens David. Ein Leben im Grünen war ihr aber nicht vergönnt. Das
vielleicht berühmteste Schaf der Welt lebte - zum Schutz vor
Klongegnern und Hagelkörnern - in einem streng bewachten Betonblock
und zerkaute Pillen mit Nahrungsmittelkonzentrat. Viel zu jung litt
es an Gelenkbeschwerden, später kam eine Lungenerkrankung hinzu.
Schließlich schläferten die Forscher Dolly im Alter von sechs Jahren
ein. Normalerweise werden Schafe fast doppelt so alt.

Der Nachwelt blieb Dolly erhalten. Sie steht ausgestopft in einer
Vitrine im Nationalmuseum in Edinburgh - und scheint zu lächeln. Für
Wilmut war Dolly ohnehin «das freundlichste Schaf» gewesen; Angst vor
Menschen habe es nie gehabt.

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