Richterbund bekräftigt Kritik an Cannabis-Plänen

Während bei der Berliner «Hanfparade» Hunderte Unterstützer einer
Legalisierung von Cannabis auf die Straße gehen, warnen Kritiker vor
den Ampel-Plänen. Die Regierung dürfte die drogenpolitische
Kehrtwende wohl in der neuen Woche auf den Weg bringen.

Berlin (dpa) - Kurz vor der Beratung der Cannabis-Legalisierung im
Bundeskabinett haben Kritiker erneut vor den Ampel-Plänen gewarnt.
Der Deutsche Richterbund kritisierte, das Vorhaben werde die Justiz
nicht entlasten - und rechnet auch nicht mit einem Zurückdrängen des
Schwarzmarkts. Der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) sagte:
«Das Vorhaben ist ein fauler Kompromiss, der nur Verlierer
produziert.» Für die Justiz und die Sicherheitsbehörden sei mit einem

erheblichen Zusatzaufwand zu rechnen.

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will Besitz und Anbau von
Cannabis in Grenzen straffrei stellen. Geplant ist, dass
grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für über
18-Jährige und der Anbau von maximal drei Pflanzen zum Eigenbedarf
erlaubt werden sollen. Einen freien Verkauf der Droge in
spezialisierten Geschäften soll es nicht geben. Cannabis soll
stattdessen in sogenannten Cannabis-Clubs gemeinschaftlich angebaut
und abgegeben werden dürfen. Die Vereine und Vereinsmitglieder müssen
sich dabei auf strenge Regeln einstellen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zuletzt damit
gerechnet, dass sich das Kabinett am Mittwoch mit dem Gesetzentwurf
befassen wird. Es werde «noch kleine Änderungen» geben, sagte der
SPD-Politiker vor wenigen Tagen in einem Interview. Details nannte er
nicht. In der Bundespressekonferenz ist für Mittwoch nach dem
Kabinettstreffen ein Auftritt Lauterbachs zu dem Thema angekündigt.

Der Entwurf sei nicht geeignet, um die von Lauterbach ausgerufenen
Ziele zu erreichen, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen

Richterbunds, Sven Rebehn, am Samstag. «Insbesondere wird die Justiz
durch die Gesetzespläne nicht entlastet, sondern eher zusätzlich
belastet. Das sehr kleinteilige Gesetz würde zu einem hohen
behördlichen Kontrollaufwand, zu zahlreichen neuen Streitfragen und
zu vielen Verfahren vor den Gerichten führen.»

Das Bundesgesundheitsministerium rechnet durch die geplante
Cannabis-Legalisierung dagegen mit einer Kostenentlastung bei
Strafverfolgungsbehörden, Gerichten und Gefängnissen von mehr als
einer Milliarde Euro pro Jahr.

Die Regierung argumentiert, dass die bisherige
Cannabis-Kontrollpolitik gescheitert sei. Mit ihrem Vorhaben solle
der Jugendschutz erhöht, der Schwarzmarkt zurückgedrängt und der
Kriminalität der Boden entzogen werden. Lauterbach hat angekündigt,
die Legalisierung mit einer Präventionskampagne zu flankieren, um
über Risiken des Cannabis-Konsums aufzuklären.

Richterbunds-Geschäftsführer Rebehn sagte, es sei kaum zu erwarten,
dass der Schwarzmarkt durch die Ampel-Pläne zurückgedrängt wird. «S
o
sollen der Erwerb und der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis künftig
unabhängig von der Bezugsquelle straflos bleiben. Weil der Eigenanbau
oder ein Bezug über Anbauvereinigungen aber einige Hürden hat, dürfte

auch die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt im Sog des Cannabisgesetzes
wachsen.»

Hessens Justizminister Poseck sieht zudem gravierende rechtliche
Risiken im Zusammenhang mit dem Projekt der Ampel-Koalition. «Es ist
mehr als fraglich, dass der Gesetzentwurf europarechtskonform ist»,
sagte er.

In Berlin gingen unterdessen am Samstag bei der traditionellen
«Hanfparade» Hunderte Unterstützer einer Legalisierung auf die
Straße. Laut Polizei zogen etwa 500 bis 600 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer durch die Stadt. Die Veranstalter fordern schon seit
vielen Jahren eine gesetzliche Erlaubnis für Drogen wie Marihuana und
Haschisch, die aus der Cannabis-Pflanze gewonnen werden. Die
«Hanfparade» findet seit 1997 statt, im vergangenen Jahr nahmen etwa
1500 Menschen daran teil.